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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Harze wirst. Jede Art von Tabak zerfällt wieder in drei Gattungen: eine
starke, mittlere und schwache. Die erste gebraucht man im Winter, die
dritte. Orta genannt, weil die Blätter aus der Mitte des Ballens genommen
werden, im Sommer, die zweite, aus jenen gemischte, nach Belieben. Das
Instrument, ans dem mun sie zu sich nimmt, ist der bekannte Tschibbuk,
dessen Rohr in Konstantinopel meist aus Weichsel (aber niemals aus wohl¬
riechendem), bei Reichen auch häufig aus Jasmin besteht. Die Weichselrohrc,
die man im Winter gebraucht, kommen in großen Massen aus Bochara und
Persien, die Iasminrohre, die im Sommer ihre Saison haben, weil sie den
Rauch kühler halten sollen, aus Brussa, Trapezunt und andern Orten Ana-
doli's. In Aegypten macht man die Rohre auch häufig aus Garmascha^ einer
Ahornart, und überzieht die obere Hälfte mit bunter Seide, die bei heißem
Wetter angefeuchtet wird, wodurch die Pfeife kühl bleibt.

A>is der ebenfalls bekannten Wasserpfeife --> Narghile -- wird nur per¬
sischer Tabak geraucht, der nicht wie der türkische und syrische Dunbar (Rauch),
sondern Tumbak oder Tumbeki (das verstümmelte Tabak) genannt wird. Er
ist sehr mild, und sein Rauch wird nicht bloß in den Mund, sondern in tie¬
fe" Zügen in die Lunge eingesogen. Der beste Tnmbeki kommt aus der
Provinz Schiras, ebenfalls vorzüglich ist das Product der Bezirke Dfchilpaigon
und Jamerki.

In der Bocharei ist der Tabaksgenuß ebenso wie der des Weines gesetzlich
verboten, doch soll auch hier im Geheimen viel gesündigt werden. Die
Sikhs find durchgängig Nichtraucher, da ihre Religion ihnen den Tabak ebenso
wie das Rindfleisch versagt. Das ganze übrige Ostasien vom Himalaya bis
zum Eismeer hinauf, Mohammedaner. Brahmavcrehrer, Buddhisten, raucht so
viel es vermag, und dasselbe gilt von Afrika, wo die meisten Neger lieber
hungern, als das ihnen zur Leidenschaft gewordene Kraut aufgeben, und wo
die Hottentotten ihre Weiber für Tabak feilbieten und wenn er ganz mangelt,
die Pfeife mit dem Surrogat von getrocknetem Elephanten- und Rhinoceros-
mist füllen. Garstige Gewohnheit! Indeß'. "Es brennt ja auch und gibt doch
Rauch, wie. edler Rauchtabak!" Nur in Avyssinien verabscheut man den Tabak
als einen mohammedanischen Greuel, und einem englischen Reisenden wehrte
man hier sogar den Eintritt in eine Kirche, "weil sein Bote die Gewohnheit
hätte, Kaffee zu trinken und Tabak zu rauchen." Australien und die Jnseln
der Südsee wissen die Pfeife schon seit lange zu schätzen, Südamerika ist
ihr und der Cigarre gleichfalls eifrig zugethan, und zwar sind es hier w>e
im Orient beide Geschlechter, die dem Tabak huldigen. Eine Karte, welche
die angegebenen ethnographischen Thatsachen durch Farbendruck bezeichnete,
würde nur einige wenige Inselchen zeigen, von denen kein Tabaksqualm
aufsteigt, und diese Punkte sind sammt und sonders von Menschen bewohnt, die


Harze wirst. Jede Art von Tabak zerfällt wieder in drei Gattungen: eine
starke, mittlere und schwache. Die erste gebraucht man im Winter, die
dritte. Orta genannt, weil die Blätter aus der Mitte des Ballens genommen
werden, im Sommer, die zweite, aus jenen gemischte, nach Belieben. Das
Instrument, ans dem mun sie zu sich nimmt, ist der bekannte Tschibbuk,
dessen Rohr in Konstantinopel meist aus Weichsel (aber niemals aus wohl¬
riechendem), bei Reichen auch häufig aus Jasmin besteht. Die Weichselrohrc,
die man im Winter gebraucht, kommen in großen Massen aus Bochara und
Persien, die Iasminrohre, die im Sommer ihre Saison haben, weil sie den
Rauch kühler halten sollen, aus Brussa, Trapezunt und andern Orten Ana-
doli's. In Aegypten macht man die Rohre auch häufig aus Garmascha^ einer
Ahornart, und überzieht die obere Hälfte mit bunter Seide, die bei heißem
Wetter angefeuchtet wird, wodurch die Pfeife kühl bleibt.

A>is der ebenfalls bekannten Wasserpfeife —> Narghile — wird nur per¬
sischer Tabak geraucht, der nicht wie der türkische und syrische Dunbar (Rauch),
sondern Tumbak oder Tumbeki (das verstümmelte Tabak) genannt wird. Er
ist sehr mild, und sein Rauch wird nicht bloß in den Mund, sondern in tie¬
fe» Zügen in die Lunge eingesogen. Der beste Tnmbeki kommt aus der
Provinz Schiras, ebenfalls vorzüglich ist das Product der Bezirke Dfchilpaigon
und Jamerki.

In der Bocharei ist der Tabaksgenuß ebenso wie der des Weines gesetzlich
verboten, doch soll auch hier im Geheimen viel gesündigt werden. Die
Sikhs find durchgängig Nichtraucher, da ihre Religion ihnen den Tabak ebenso
wie das Rindfleisch versagt. Das ganze übrige Ostasien vom Himalaya bis
zum Eismeer hinauf, Mohammedaner. Brahmavcrehrer, Buddhisten, raucht so
viel es vermag, und dasselbe gilt von Afrika, wo die meisten Neger lieber
hungern, als das ihnen zur Leidenschaft gewordene Kraut aufgeben, und wo
die Hottentotten ihre Weiber für Tabak feilbieten und wenn er ganz mangelt,
die Pfeife mit dem Surrogat von getrocknetem Elephanten- und Rhinoceros-
mist füllen. Garstige Gewohnheit! Indeß'. „Es brennt ja auch und gibt doch
Rauch, wie. edler Rauchtabak!" Nur in Avyssinien verabscheut man den Tabak
als einen mohammedanischen Greuel, und einem englischen Reisenden wehrte
man hier sogar den Eintritt in eine Kirche, „weil sein Bote die Gewohnheit
hätte, Kaffee zu trinken und Tabak zu rauchen." Australien und die Jnseln
der Südsee wissen die Pfeife schon seit lange zu schätzen, Südamerika ist
ihr und der Cigarre gleichfalls eifrig zugethan, und zwar sind es hier w>e
im Orient beide Geschlechter, die dem Tabak huldigen. Eine Karte, welche
die angegebenen ethnographischen Thatsachen durch Farbendruck bezeichnete,
würde nur einige wenige Inselchen zeigen, von denen kein Tabaksqualm
aufsteigt, und diese Punkte sind sammt und sonders von Menschen bewohnt, die


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[0394] Harze wirst. Jede Art von Tabak zerfällt wieder in drei Gattungen: eine starke, mittlere und schwache. Die erste gebraucht man im Winter, die dritte. Orta genannt, weil die Blätter aus der Mitte des Ballens genommen werden, im Sommer, die zweite, aus jenen gemischte, nach Belieben. Das Instrument, ans dem mun sie zu sich nimmt, ist der bekannte Tschibbuk, dessen Rohr in Konstantinopel meist aus Weichsel (aber niemals aus wohl¬ riechendem), bei Reichen auch häufig aus Jasmin besteht. Die Weichselrohrc, die man im Winter gebraucht, kommen in großen Massen aus Bochara und Persien, die Iasminrohre, die im Sommer ihre Saison haben, weil sie den Rauch kühler halten sollen, aus Brussa, Trapezunt und andern Orten Ana- doli's. In Aegypten macht man die Rohre auch häufig aus Garmascha^ einer Ahornart, und überzieht die obere Hälfte mit bunter Seide, die bei heißem Wetter angefeuchtet wird, wodurch die Pfeife kühl bleibt. A>is der ebenfalls bekannten Wasserpfeife —> Narghile — wird nur per¬ sischer Tabak geraucht, der nicht wie der türkische und syrische Dunbar (Rauch), sondern Tumbak oder Tumbeki (das verstümmelte Tabak) genannt wird. Er ist sehr mild, und sein Rauch wird nicht bloß in den Mund, sondern in tie¬ fe» Zügen in die Lunge eingesogen. Der beste Tnmbeki kommt aus der Provinz Schiras, ebenfalls vorzüglich ist das Product der Bezirke Dfchilpaigon und Jamerki. In der Bocharei ist der Tabaksgenuß ebenso wie der des Weines gesetzlich verboten, doch soll auch hier im Geheimen viel gesündigt werden. Die Sikhs find durchgängig Nichtraucher, da ihre Religion ihnen den Tabak ebenso wie das Rindfleisch versagt. Das ganze übrige Ostasien vom Himalaya bis zum Eismeer hinauf, Mohammedaner. Brahmavcrehrer, Buddhisten, raucht so viel es vermag, und dasselbe gilt von Afrika, wo die meisten Neger lieber hungern, als das ihnen zur Leidenschaft gewordene Kraut aufgeben, und wo die Hottentotten ihre Weiber für Tabak feilbieten und wenn er ganz mangelt, die Pfeife mit dem Surrogat von getrocknetem Elephanten- und Rhinoceros- mist füllen. Garstige Gewohnheit! Indeß'. „Es brennt ja auch und gibt doch Rauch, wie. edler Rauchtabak!" Nur in Avyssinien verabscheut man den Tabak als einen mohammedanischen Greuel, und einem englischen Reisenden wehrte man hier sogar den Eintritt in eine Kirche, „weil sein Bote die Gewohnheit hätte, Kaffee zu trinken und Tabak zu rauchen." Australien und die Jnseln der Südsee wissen die Pfeife schon seit lange zu schätzen, Südamerika ist ihr und der Cigarre gleichfalls eifrig zugethan, und zwar sind es hier w>e im Orient beide Geschlechter, die dem Tabak huldigen. Eine Karte, welche die angegebenen ethnographischen Thatsachen durch Farbendruck bezeichnete, würde nur einige wenige Inselchen zeigen, von denen kein Tabaksqualm aufsteigt, und diese Punkte sind sammt und sonders von Menschen bewohnt, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/394>, abgerufen am 24.08.2024.