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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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ihnen, daß der Tabak die Gesundheit zerstöre, den Verstand schwache und
den feinern Ton der Gesellschaft untergrabe, und daß man damit aus seinem
Innern eine Sudelküche mache, und die edelsten Theile des Leibes mit eine",
fettigen Ruß beschmutze, denn solches solle bei der Oeffnung verstorbner
Tabakraucher gefunden worden sein.

Weit stärker donnerte der "Nauchfeind". Nachdem er den Engländern
den Borwurs zugeschleudert, wie unwürdig es für eine civilisirte Nation sei,
Gebräuche von solchen Barbaren wie die Wilden Amerika's anzunehmen,
feuerte er in die dadurch entstandene Bresche in der öffentlichen Meinung und
Bomben und Granaten theologischer Füllung. Es wurde klärlich bewiesen,
daß das Tabakrauchen das echte Bild der Holle darstelle und unwiderstehlich
zur Hölle führe. Denn -- 1. ist es ein Rauch, und das sind alle Eitelkeiten
der Welt; 2. ergötzt es die, welche ihm huldigen, wie andere Lüste, die den
Menschen außer Stand setzen, ihnen zu entsagen; 3. macht es betrunken und
toll im Kopfe, und das thun auch die Eitelkeiten der Welt; 4. sagt der,
welcher raucht, er könne es nicht lassen, er sei bezaubert, und grade so ist es
mit allen weltlichen Lüsten; 5. ist das Tabakrauchen in seinem Wesen der
Hölle gleich, denn es ist ein stinkendes ekelhaftes Ding. -- Dann schloß die
Schrift mit folgender Philippina: "Wenn also, o Bürger, noch Scham in euch
ist, so gebt jene heillose Sitte auf, die von Irrthum empfangen, in Schande
geboren, durch Thorheit verbreitet ist, durch welche Gottes Zorn geweckt,
die Gesundheit des Körpers zerstört, das Hauswesen zerrüttet, das Volk her¬
untergebracht und im Ausland lächerlich gemacht wird -- einen Gebrauch,
der unangenehm der Nase, nachtheilig dem Hun, verderblich den Lungen und
wenn ich's deutlich sagen soll, mit den schwarzen Rauchwolken dem Hölleuqunlm
vollkommen gleich ist."

Dieser Angriff hatte nicht den mindesten Erfolg. Die Disputation,
welche die Universität Oxford 1605 bei einem Besuch des Königs gegen de"
Tabak veranstaltete, bewirkte trotz ihrer Gründlichkeit ebensowenig. Polmsct^
Jesuiten versuchten eine Widerlegung des "Ratichfeindes", bei welcher der
Verfasser des letztern übel wegkam. England fuhr. über den schlechten Ge¬
schmack seines Souverains lächelnd, fort, sich die Pfeife schmecken zu lasse"-
Jakob griff, da Ermahnungen nichts fruchteten, zur Strafruthe, setzte zuerst
eine Buße vou sechs Schillingen auf jede Übertretung des Rauchverbots
und ließ, als auch das nichts half, Raucher niedern Standes einfach abprügel",
vornehme barfuß und mit geschornem Bart in die Verbannung treiben.

Es war Alles vergebens, und Jakob's Nachfolger sah sich genöthigt, vom
Kampfe abzustehen. Er gestattete den Gebrauch des bis dahin verbotene"
Krautes, machte es sich aber nutzbar, indem er durch Einführung des Tabaks¬
monopols seine Finanzen ausbesserte. Unter Karl dem Zweiten begann man,


ihnen, daß der Tabak die Gesundheit zerstöre, den Verstand schwache und
den feinern Ton der Gesellschaft untergrabe, und daß man damit aus seinem
Innern eine Sudelküche mache, und die edelsten Theile des Leibes mit eine»,
fettigen Ruß beschmutze, denn solches solle bei der Oeffnung verstorbner
Tabakraucher gefunden worden sein.

Weit stärker donnerte der „Nauchfeind". Nachdem er den Engländern
den Borwurs zugeschleudert, wie unwürdig es für eine civilisirte Nation sei,
Gebräuche von solchen Barbaren wie die Wilden Amerika's anzunehmen,
feuerte er in die dadurch entstandene Bresche in der öffentlichen Meinung und
Bomben und Granaten theologischer Füllung. Es wurde klärlich bewiesen,
daß das Tabakrauchen das echte Bild der Holle darstelle und unwiderstehlich
zur Hölle führe. Denn — 1. ist es ein Rauch, und das sind alle Eitelkeiten
der Welt; 2. ergötzt es die, welche ihm huldigen, wie andere Lüste, die den
Menschen außer Stand setzen, ihnen zu entsagen; 3. macht es betrunken und
toll im Kopfe, und das thun auch die Eitelkeiten der Welt; 4. sagt der,
welcher raucht, er könne es nicht lassen, er sei bezaubert, und grade so ist es
mit allen weltlichen Lüsten; 5. ist das Tabakrauchen in seinem Wesen der
Hölle gleich, denn es ist ein stinkendes ekelhaftes Ding. — Dann schloß die
Schrift mit folgender Philippina: „Wenn also, o Bürger, noch Scham in euch
ist, so gebt jene heillose Sitte auf, die von Irrthum empfangen, in Schande
geboren, durch Thorheit verbreitet ist, durch welche Gottes Zorn geweckt,
die Gesundheit des Körpers zerstört, das Hauswesen zerrüttet, das Volk her¬
untergebracht und im Ausland lächerlich gemacht wird — einen Gebrauch,
der unangenehm der Nase, nachtheilig dem Hun, verderblich den Lungen und
wenn ich's deutlich sagen soll, mit den schwarzen Rauchwolken dem Hölleuqunlm
vollkommen gleich ist."

Dieser Angriff hatte nicht den mindesten Erfolg. Die Disputation,
welche die Universität Oxford 1605 bei einem Besuch des Königs gegen de»
Tabak veranstaltete, bewirkte trotz ihrer Gründlichkeit ebensowenig. Polmsct^
Jesuiten versuchten eine Widerlegung des „Ratichfeindes", bei welcher der
Verfasser des letztern übel wegkam. England fuhr. über den schlechten Ge¬
schmack seines Souverains lächelnd, fort, sich die Pfeife schmecken zu lasse»-
Jakob griff, da Ermahnungen nichts fruchteten, zur Strafruthe, setzte zuerst
eine Buße vou sechs Schillingen auf jede Übertretung des Rauchverbots
und ließ, als auch das nichts half, Raucher niedern Standes einfach abprügel»,
vornehme barfuß und mit geschornem Bart in die Verbannung treiben.

Es war Alles vergebens, und Jakob's Nachfolger sah sich genöthigt, vom
Kampfe abzustehen. Er gestattete den Gebrauch des bis dahin verbotene»
Krautes, machte es sich aber nutzbar, indem er durch Einführung des Tabaks¬
monopols seine Finanzen ausbesserte. Unter Karl dem Zweiten begann man,


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[0386] ihnen, daß der Tabak die Gesundheit zerstöre, den Verstand schwache und den feinern Ton der Gesellschaft untergrabe, und daß man damit aus seinem Innern eine Sudelküche mache, und die edelsten Theile des Leibes mit eine», fettigen Ruß beschmutze, denn solches solle bei der Oeffnung verstorbner Tabakraucher gefunden worden sein. Weit stärker donnerte der „Nauchfeind". Nachdem er den Engländern den Borwurs zugeschleudert, wie unwürdig es für eine civilisirte Nation sei, Gebräuche von solchen Barbaren wie die Wilden Amerika's anzunehmen, feuerte er in die dadurch entstandene Bresche in der öffentlichen Meinung und Bomben und Granaten theologischer Füllung. Es wurde klärlich bewiesen, daß das Tabakrauchen das echte Bild der Holle darstelle und unwiderstehlich zur Hölle führe. Denn — 1. ist es ein Rauch, und das sind alle Eitelkeiten der Welt; 2. ergötzt es die, welche ihm huldigen, wie andere Lüste, die den Menschen außer Stand setzen, ihnen zu entsagen; 3. macht es betrunken und toll im Kopfe, und das thun auch die Eitelkeiten der Welt; 4. sagt der, welcher raucht, er könne es nicht lassen, er sei bezaubert, und grade so ist es mit allen weltlichen Lüsten; 5. ist das Tabakrauchen in seinem Wesen der Hölle gleich, denn es ist ein stinkendes ekelhaftes Ding. — Dann schloß die Schrift mit folgender Philippina: „Wenn also, o Bürger, noch Scham in euch ist, so gebt jene heillose Sitte auf, die von Irrthum empfangen, in Schande geboren, durch Thorheit verbreitet ist, durch welche Gottes Zorn geweckt, die Gesundheit des Körpers zerstört, das Hauswesen zerrüttet, das Volk her¬ untergebracht und im Ausland lächerlich gemacht wird — einen Gebrauch, der unangenehm der Nase, nachtheilig dem Hun, verderblich den Lungen und wenn ich's deutlich sagen soll, mit den schwarzen Rauchwolken dem Hölleuqunlm vollkommen gleich ist." Dieser Angriff hatte nicht den mindesten Erfolg. Die Disputation, welche die Universität Oxford 1605 bei einem Besuch des Königs gegen de» Tabak veranstaltete, bewirkte trotz ihrer Gründlichkeit ebensowenig. Polmsct^ Jesuiten versuchten eine Widerlegung des „Ratichfeindes", bei welcher der Verfasser des letztern übel wegkam. England fuhr. über den schlechten Ge¬ schmack seines Souverains lächelnd, fort, sich die Pfeife schmecken zu lasse»- Jakob griff, da Ermahnungen nichts fruchteten, zur Strafruthe, setzte zuerst eine Buße vou sechs Schillingen auf jede Übertretung des Rauchverbots und ließ, als auch das nichts half, Raucher niedern Standes einfach abprügel», vornehme barfuß und mit geschornem Bart in die Verbannung treiben. Es war Alles vergebens, und Jakob's Nachfolger sah sich genöthigt, vom Kampfe abzustehen. Er gestattete den Gebrauch des bis dahin verbotene» Krautes, machte es sich aber nutzbar, indem er durch Einführung des Tabaks¬ monopols seine Finanzen ausbesserte. Unter Karl dem Zweiten begann man,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/386>, abgerufen am 25.08.2024.