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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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graue Gestein zu Tage. Die Küsten fallen oft als schroffe, vielsvaltige. klüftc-
reiche Klippen ab. an denen eine wilde Brandung donnert. Interessant ist
die nördlichste Insel der Gruppe, das felsige Unst mit seinen Ruinen, ferner
Northmaving mit den seltsam gestalteten Felsbogeugängen von Drongs und
Dvrholm. Bressa mit Stalaktiten-Grotten und die von unzähligen Vögel-
schwärmen umflatterte jäh ins Meer abfallende Insel Foula. Vieles ist
malerisch, manche Gegend reich an Contrasten. Die nach Norden zu geschütz¬
ten Thäler zeigen schönen Graswuchs, Getreidefelder. Gemüsegärten, kleine
zerstreute Dörfer mit einigen hübschen Landhäusern für die Geistlichen. Im
Ganzen aber ist Thule-Shetland ein düstres, monotones, unwirthliches Bild
des hohen Nordens. Das Auge gewahrt in der Regel Felsen, sumpfige
Einöden, schwarze Torfgründe und rothbraunes, in der Zeit der Blüthe vio¬
lettes Haidekraut. Das Ohr hört keinen Singvogel, sondern nur das be¬
täubende'Gekreisch von Möven und Summen, das Brausen der Brandung,
den Wiederhat! derselben in den Klippenhöhlen und den Wind, der nur zu
oft zum brüllenden Sturm wird. Denke man sich dazu wochenlangen Nebel,
häusigen Regen, wenig Sonnenschein -- da und dort eine Heerde kleiner nn-
gehörnter Rinder, oder kurzschwünzigcr Schafe, ein Nudel langmähniger halb¬
wilder Ponies -- da und dort ein dürftiges Haferfeld, das kaum mehr als
die Aussaat wiedergibt, so hat man ein Bild des heutigen Thule, bei dessen
Betrachtung man sich glücklich preisen muß. anderswo geboren zu sein.

' Das schöne Thule liegt im Lande der Poesie, das wahre Thule ist so
wenig schön, daß man von seinem vielen Regen und Nebel sagen möchte,
der Himmel weine hier unablässig, daß ihm ein Stück Schöpfung mißlungen,
"ut nehme gelegentlich einen Schleier vor, um seinen Mißgriff nicht immer
vor Augen haben zu müssen.




Die Polomsirung der Universität zu Krakmi.

Imi Jahre 1853 stellten die drei weltlichen Facultäten der Krakauer Uni-
versität einzeln den Antrag an daS Unterrichtsministerium, es möge die deutsche
Sprache zur Unterrichtssprache erhoben werden. Der Schritt war nur scheinbar
um "freiwilliger, indem sonst die zwangsweise Einführung der deutschen Sprache


Grenjboten II, I3N1.

graue Gestein zu Tage. Die Küsten fallen oft als schroffe, vielsvaltige. klüftc-
reiche Klippen ab. an denen eine wilde Brandung donnert. Interessant ist
die nördlichste Insel der Gruppe, das felsige Unst mit seinen Ruinen, ferner
Northmaving mit den seltsam gestalteten Felsbogeugängen von Drongs und
Dvrholm. Bressa mit Stalaktiten-Grotten und die von unzähligen Vögel-
schwärmen umflatterte jäh ins Meer abfallende Insel Foula. Vieles ist
malerisch, manche Gegend reich an Contrasten. Die nach Norden zu geschütz¬
ten Thäler zeigen schönen Graswuchs, Getreidefelder. Gemüsegärten, kleine
zerstreute Dörfer mit einigen hübschen Landhäusern für die Geistlichen. Im
Ganzen aber ist Thule-Shetland ein düstres, monotones, unwirthliches Bild
des hohen Nordens. Das Auge gewahrt in der Regel Felsen, sumpfige
Einöden, schwarze Torfgründe und rothbraunes, in der Zeit der Blüthe vio¬
lettes Haidekraut. Das Ohr hört keinen Singvogel, sondern nur das be¬
täubende'Gekreisch von Möven und Summen, das Brausen der Brandung,
den Wiederhat! derselben in den Klippenhöhlen und den Wind, der nur zu
oft zum brüllenden Sturm wird. Denke man sich dazu wochenlangen Nebel,
häusigen Regen, wenig Sonnenschein — da und dort eine Heerde kleiner nn-
gehörnter Rinder, oder kurzschwünzigcr Schafe, ein Nudel langmähniger halb¬
wilder Ponies — da und dort ein dürftiges Haferfeld, das kaum mehr als
die Aussaat wiedergibt, so hat man ein Bild des heutigen Thule, bei dessen
Betrachtung man sich glücklich preisen muß. anderswo geboren zu sein.

' Das schöne Thule liegt im Lande der Poesie, das wahre Thule ist so
wenig schön, daß man von seinem vielen Regen und Nebel sagen möchte,
der Himmel weine hier unablässig, daß ihm ein Stück Schöpfung mißlungen,
"ut nehme gelegentlich einen Schleier vor, um seinen Mißgriff nicht immer
vor Augen haben zu müssen.




Die Polomsirung der Universität zu Krakmi.

Imi Jahre 1853 stellten die drei weltlichen Facultäten der Krakauer Uni-
versität einzeln den Antrag an daS Unterrichtsministerium, es möge die deutsche
Sprache zur Unterrichtssprache erhoben werden. Der Schritt war nur scheinbar
um «freiwilliger, indem sonst die zwangsweise Einführung der deutschen Sprache


Grenjboten II, I3N1.
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[0035] graue Gestein zu Tage. Die Küsten fallen oft als schroffe, vielsvaltige. klüftc- reiche Klippen ab. an denen eine wilde Brandung donnert. Interessant ist die nördlichste Insel der Gruppe, das felsige Unst mit seinen Ruinen, ferner Northmaving mit den seltsam gestalteten Felsbogeugängen von Drongs und Dvrholm. Bressa mit Stalaktiten-Grotten und die von unzähligen Vögel- schwärmen umflatterte jäh ins Meer abfallende Insel Foula. Vieles ist malerisch, manche Gegend reich an Contrasten. Die nach Norden zu geschütz¬ ten Thäler zeigen schönen Graswuchs, Getreidefelder. Gemüsegärten, kleine zerstreute Dörfer mit einigen hübschen Landhäusern für die Geistlichen. Im Ganzen aber ist Thule-Shetland ein düstres, monotones, unwirthliches Bild des hohen Nordens. Das Auge gewahrt in der Regel Felsen, sumpfige Einöden, schwarze Torfgründe und rothbraunes, in der Zeit der Blüthe vio¬ lettes Haidekraut. Das Ohr hört keinen Singvogel, sondern nur das be¬ täubende'Gekreisch von Möven und Summen, das Brausen der Brandung, den Wiederhat! derselben in den Klippenhöhlen und den Wind, der nur zu oft zum brüllenden Sturm wird. Denke man sich dazu wochenlangen Nebel, häusigen Regen, wenig Sonnenschein — da und dort eine Heerde kleiner nn- gehörnter Rinder, oder kurzschwünzigcr Schafe, ein Nudel langmähniger halb¬ wilder Ponies — da und dort ein dürftiges Haferfeld, das kaum mehr als die Aussaat wiedergibt, so hat man ein Bild des heutigen Thule, bei dessen Betrachtung man sich glücklich preisen muß. anderswo geboren zu sein. ' Das schöne Thule liegt im Lande der Poesie, das wahre Thule ist so wenig schön, daß man von seinem vielen Regen und Nebel sagen möchte, der Himmel weine hier unablässig, daß ihm ein Stück Schöpfung mißlungen, "ut nehme gelegentlich einen Schleier vor, um seinen Mißgriff nicht immer vor Augen haben zu müssen. Die Polomsirung der Universität zu Krakmi. Imi Jahre 1853 stellten die drei weltlichen Facultäten der Krakauer Uni- versität einzeln den Antrag an daS Unterrichtsministerium, es möge die deutsche Sprache zur Unterrichtssprache erhoben werden. Der Schritt war nur scheinbar um «freiwilliger, indem sonst die zwangsweise Einführung der deutschen Sprache Grenjboten II, I3N1.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/35>, abgerufen am 25.08.2024.