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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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seite zwischen den Statuen Friedrichs des Weisen und Philipps des Gro߬
müthigen, als die Eingangsseite, ist offen; an den drei anderen Seiten da¬
gegen sind diese vier Eckstatuen durch einen etwa sechs Fuß hohen Giauit-
mauerbau verbunden, dessen obere Enden in eine Reihe stattlicher Mauerzinnen
auslaufen. Diese Zinnen sind in ihrer Innenseite mit den Wappen von 29
Städten geschmückt, welche sich besonders als Hort des Protestantismus aus-
zeichneten. Die mittelsten dieser Zinnen erheben sich auf allen drei Seiten
wieder zu Postamenten, an Umfang und Höhe den vier Eckpostamcnten um
einige Fuß nachstehend. Auf diese drei Mittelpostamente sind, der strengen
architektonischen Haltung der gesammten Umfriedigung entsprechend, drei sitzende
mauergekrönte Städtepersonisicationen gestellt, das trauernde Magdeburg, das
protestirende Speier, und Augsburg mit der Friedenspciimc. Der Eindruck
dieser Umfriedigung ist von überwältigender Hoheit. Eine Symbolik -der
tiefsten Art liegt in ihr. Die unzerstörbare Festigkeit der Granitmauern und
die ernsten burgartigen Zinnen verkünden fest und eindringlich, daß das Reich,
welches sich hier vor uns aufthut, eine feste Burg ist. zu deren Schutz und
Hort sich der Herr die tapfersten Streiter erkoren, und welche bestehen wird
immerdar, mag auch der böse Feind nicht ablassen wollen von seinem ur-
mächtigen Kampfe.

Nun treten wir inmitten dieser festen Burg an das eigentliche Denkmal
selbst. Auch dieses ist wieder in derselben reichen Fülle gegliedert, die ganze
Geschichte und Bedeutung des großen Reformationswerkes in ebenso deutlicher
als umfassender Bildlichkeit erschließend. Das Postament erhebt sich auf be-
sonderer dreifacher Stufenschicht etwa 17 bis 18 Fuß hoch, in einen Sockel
und in zwei Würfel getheilt. Am Sockel die Wappen von sechs Fürsten und
zwei Städten, welche die Augsburger Konfession unterschrieben; an den vier
Ecken die sitzenden Statuen der vier Vorrcformatoren, Huß, Savonarola, Pe¬
trus Waldus und Winkes, welche, aus vier verschiedenen Nationalitäten her¬
vorgegangen, unwiderleglich bekunden, daß die Reformation nicht das Ergeb¬
niß einer vereinzelten Volksentwicklung, sondern die unabweisbare Nothwendig¬
keit der gesammten vergangenen Geschichte ist. Am unteren Würfel des
Postamentes Reliefs, die wichtigsten Ereignisse und Errungenschaften der Re¬
formation darstellend; der Anschlag der Thesen zu Wittenberg, der Reichstag
ZU Worms, die Bibelübersetzung und das Predigtamt, das Abendmahl in beider¬
lei Gestalt und die Priesterehe. Am oberen Würfel Inschriften; vor Allem
an der Vorderseite das große weltbewegende Wort: "Hier stehe ich, ich kann
nicht anders, Gott helfe mir/ unter den Inschriften je zwei Porträtmedaillons
der bedeutendsten Persönlichkeiten, welche in die Reformation fördernd ein-
KNffen. und zu deren voller statuarischer Verherrlichung doch kein Anlaß oder
kein Raum war. Und endlich als krönende Spitze die Statue Luthers, eine Ko°


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seite zwischen den Statuen Friedrichs des Weisen und Philipps des Gro߬
müthigen, als die Eingangsseite, ist offen; an den drei anderen Seiten da¬
gegen sind diese vier Eckstatuen durch einen etwa sechs Fuß hohen Giauit-
mauerbau verbunden, dessen obere Enden in eine Reihe stattlicher Mauerzinnen
auslaufen. Diese Zinnen sind in ihrer Innenseite mit den Wappen von 29
Städten geschmückt, welche sich besonders als Hort des Protestantismus aus-
zeichneten. Die mittelsten dieser Zinnen erheben sich auf allen drei Seiten
wieder zu Postamenten, an Umfang und Höhe den vier Eckpostamcnten um
einige Fuß nachstehend. Auf diese drei Mittelpostamente sind, der strengen
architektonischen Haltung der gesammten Umfriedigung entsprechend, drei sitzende
mauergekrönte Städtepersonisicationen gestellt, das trauernde Magdeburg, das
protestirende Speier, und Augsburg mit der Friedenspciimc. Der Eindruck
dieser Umfriedigung ist von überwältigender Hoheit. Eine Symbolik -der
tiefsten Art liegt in ihr. Die unzerstörbare Festigkeit der Granitmauern und
die ernsten burgartigen Zinnen verkünden fest und eindringlich, daß das Reich,
welches sich hier vor uns aufthut, eine feste Burg ist. zu deren Schutz und
Hort sich der Herr die tapfersten Streiter erkoren, und welche bestehen wird
immerdar, mag auch der böse Feind nicht ablassen wollen von seinem ur-
mächtigen Kampfe.

Nun treten wir inmitten dieser festen Burg an das eigentliche Denkmal
selbst. Auch dieses ist wieder in derselben reichen Fülle gegliedert, die ganze
Geschichte und Bedeutung des großen Reformationswerkes in ebenso deutlicher
als umfassender Bildlichkeit erschließend. Das Postament erhebt sich auf be-
sonderer dreifacher Stufenschicht etwa 17 bis 18 Fuß hoch, in einen Sockel
und in zwei Würfel getheilt. Am Sockel die Wappen von sechs Fürsten und
zwei Städten, welche die Augsburger Konfession unterschrieben; an den vier
Ecken die sitzenden Statuen der vier Vorrcformatoren, Huß, Savonarola, Pe¬
trus Waldus und Winkes, welche, aus vier verschiedenen Nationalitäten her¬
vorgegangen, unwiderleglich bekunden, daß die Reformation nicht das Ergeb¬
niß einer vereinzelten Volksentwicklung, sondern die unabweisbare Nothwendig¬
keit der gesammten vergangenen Geschichte ist. Am unteren Würfel des
Postamentes Reliefs, die wichtigsten Ereignisse und Errungenschaften der Re¬
formation darstellend; der Anschlag der Thesen zu Wittenberg, der Reichstag
ZU Worms, die Bibelübersetzung und das Predigtamt, das Abendmahl in beider¬
lei Gestalt und die Priesterehe. Am oberen Würfel Inschriften; vor Allem
an der Vorderseite das große weltbewegende Wort: „Hier stehe ich, ich kann
nicht anders, Gott helfe mir/ unter den Inschriften je zwei Porträtmedaillons
der bedeutendsten Persönlichkeiten, welche in die Reformation fördernd ein-
KNffen. und zu deren voller statuarischer Verherrlichung doch kein Anlaß oder
kein Raum war. Und endlich als krönende Spitze die Statue Luthers, eine Ko°


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/317>, abgerufen am 25.08.2024.