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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Friedenspartei an die Spitze treibt, intriguirt gegen Stadion, der selber, da er
den Charakter des Kaisers kennt, unsicher zu werden anfängt, und dem die
Kaiserin vorwirft, uicht energisch genug zu sein. Endlich. 7. Oct.. reist Sta¬
dion ab. zur großen Befriedigung Metternichs; der Friede ist beschlossen. --
Nach Abschluß desselben kehrte Gent) wieder nach Prag zurück.

Noch ein Urtheil über Napoleon aus diesen Tagen ist aufzuzeichnen: '."an
habe ihn immer zu tragisch aufgefaßt; es wäre vortheilhafter gewesen, ans
die andere Seite seines Wesens zu achten: auf den politischen Harlekin, den
Cagliostro, Bonaparte sei der Mann des Augenblicks, von einem organisirten
Plan, einem kühnen System, einem Ganzen des Blicks sei viel weniger bei
ihm die Rede, als man glaube.

Aus Prag wurde Gentz im Februar 1810 wiederum nach Wien berufen,
"in ein Gutachten über die östreichische Finanzkrisis zu geben. Vellt diesem
Aufenthalt (Februar bis April) ist das Tagebuch erhalten, ziemlich uner¬
freulich. Die Sache war vom Finanzminister O'Dvnncll ziemlich fertig
gemacht, bevor er hinkam. Gentz hatte am System desselben Manches auszusetzen,
das Tagebuch aber macht den Eindruck, als ob er selber von der Sache noch
weniger verstand, als alle nebligen. Er fühlte sich auch im Ganzen sehr
unbehaglich; Metternich forderte ihn auf, ein Memmre über die allge¬
meinen Angelegenheiten Europas aufzusetzen; dies mißrieth ihm. außerdem
fühlte er sich unwohl -- dabei alle Tage vom Morgen bis Abend in rauschenden
Gesellschaften, der arme geplagte Mann! -- und der ganze Boden hatte sich
verwandelt. Anz v-u-tie as MW imeioimW tel-rtions ont ni0uI6; ä'autros
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sagt er: glaubt an sein Glück, das ist eine vorzügliche Eigenschaft. Er
hat Mittel, ein gewinnendes Benehmen; aber er ist leichtfertig, cingebilder.
den Zerstreuungen ergeben. Wenn ihn sein Stern begünstigt, kann er dem
Staat eine gute Haltung geben; aber eine neue Krisis würde ihn umwerfen."

Vom April wieder in.Prag und Teplitz; von der^neuen Kaiserin ausge¬
zeichnet; findet eine neue Sonne, die Prinzessin Solms. "die schönste Frau, die
je mein Auge gesehen." Als ihr "brutaler" Gemahl sich entfernt, werden
>den genußreiche Wochen zu Theil: "das Wohlwollen, womit sie meine auf¬
richtige Huldigung belohnte, rechne ich mir als eine der schönsten Decorationen
Meines Lebens an."

Am ". November wieder "ach Wien: "außer ein paar unnützen Aufsätzen
über unsere Finanzen leistete ich nichts, weder für das'Publicum. noch für
^e öffentlichen Geschäfte, noch für mich selbst." "Meine.Gcldverhältni^e stan¬
zn schlecht, die außerordentlichen Hilfsquellen in England schienen auf immer
""siegt." "Ich bin weit entfernt, meine damalige Lebensweise und Zeitver-


Friedenspartei an die Spitze treibt, intriguirt gegen Stadion, der selber, da er
den Charakter des Kaisers kennt, unsicher zu werden anfängt, und dem die
Kaiserin vorwirft, uicht energisch genug zu sein. Endlich. 7. Oct.. reist Sta¬
dion ab. zur großen Befriedigung Metternichs; der Friede ist beschlossen. —
Nach Abschluß desselben kehrte Gent) wieder nach Prag zurück.

Noch ein Urtheil über Napoleon aus diesen Tagen ist aufzuzeichnen: '.»an
habe ihn immer zu tragisch aufgefaßt; es wäre vortheilhafter gewesen, ans
die andere Seite seines Wesens zu achten: auf den politischen Harlekin, den
Cagliostro, Bonaparte sei der Mann des Augenblicks, von einem organisirten
Plan, einem kühnen System, einem Ganzen des Blicks sei viel weniger bei
ihm die Rede, als man glaube.

Aus Prag wurde Gentz im Februar 1810 wiederum nach Wien berufen,
»in ein Gutachten über die östreichische Finanzkrisis zu geben. Vellt diesem
Aufenthalt (Februar bis April) ist das Tagebuch erhalten, ziemlich uner¬
freulich. Die Sache war vom Finanzminister O'Dvnncll ziemlich fertig
gemacht, bevor er hinkam. Gentz hatte am System desselben Manches auszusetzen,
das Tagebuch aber macht den Eindruck, als ob er selber von der Sache noch
weniger verstand, als alle nebligen. Er fühlte sich auch im Ganzen sehr
unbehaglich; Metternich forderte ihn auf, ein Memmre über die allge¬
meinen Angelegenheiten Europas aufzusetzen; dies mißrieth ihm. außerdem
fühlte er sich unwohl — dabei alle Tage vom Morgen bis Abend in rauschenden
Gesellschaften, der arme geplagte Mann! — und der ganze Boden hatte sich
verwandelt. Anz v-u-tie as MW imeioimW tel-rtions ont ni0uI6; ä'autros
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sagt er: glaubt an sein Glück, das ist eine vorzügliche Eigenschaft. Er
hat Mittel, ein gewinnendes Benehmen; aber er ist leichtfertig, cingebilder.
den Zerstreuungen ergeben. Wenn ihn sein Stern begünstigt, kann er dem
Staat eine gute Haltung geben; aber eine neue Krisis würde ihn umwerfen."

Vom April wieder in.Prag und Teplitz; von der^neuen Kaiserin ausge¬
zeichnet; findet eine neue Sonne, die Prinzessin Solms. „die schönste Frau, die
je mein Auge gesehen." Als ihr „brutaler" Gemahl sich entfernt, werden
>den genußreiche Wochen zu Theil: „das Wohlwollen, womit sie meine auf¬
richtige Huldigung belohnte, rechne ich mir als eine der schönsten Decorationen
Meines Lebens an."

Am «. November wieder »ach Wien: „außer ein paar unnützen Aufsätzen
über unsere Finanzen leistete ich nichts, weder für das'Publicum. noch für
^e öffentlichen Geschäfte, noch für mich selbst." „Meine.Gcldverhältni^e stan¬
zn schlecht, die außerordentlichen Hilfsquellen in England schienen auf immer
""siegt." „Ich bin weit entfernt, meine damalige Lebensweise und Zeitver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/297>, abgerufen am 22.07.2024.