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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Der Künstler selbst hat in seinen letzte" Lebensjahren einzelne Scenen
derselben für seine Kinder niedergeschrieben. Es wäre sehr zu wünschen, daß
die Familie sich entschließen möchte, diese Mittheilungen auch der Oeffentlichkeit
nicht vorzuenthalten.




Ans dem Tagebuche eines Garibaldischen Freiwilligen.
Von Genf nach Neapel.

Es war im vorigen Herbst, als ich von Genf nach Turin reiste. Von
Genf bis Se. Jean de Maurienne fährt man mit dem Dampfwagen. Dann
besteigt man die riesenhafte Diligence, welche den Reisenden über den Mont
Cenis befördert. Das Wetter war regnerisch, und von einer Betrachtung der
Gegend nicht die Rede.

Der Bau der gigantischen neuen Eisenbahn blieb unbeachtet und die
riesenhaften Überschwemmungen wurden nur insofern bemerkt, als eine erst
halbfertige Straße, wo es über Stock und Stein ging, eingeschlagen werden
mußte -- kein Blick in die Ferne, kein Blick hinunter in die Schluchten, nur
die vorgespannten 12 Maulesel und 4 Pferde, das Schreien der Treiber und
die' scharfen Krümmungen des Weges ließen vermuthen, daß der Paß erreicht
war. Er wurde auch überstiegen, ohne daß etwas von Interesse vorgekommen
wäre, ich müßte denn einen englischen Sonderling dahin rechnen, der unter
seinem Regenschirm sein "Soä save tuo (Zueen" sang. Susa war erreicht-
Wir waren in dem Königreiche Victor Emanuels; das Herzogthum, sein
Stammland, lag hinter uns.

Einige Stunden später ging ich unter den Arkaden in der Strada ti
Po in Turin.

Von den vielgerühmten Gefilden Italiens, die sich wie ein prächtiger
grüner Teppich vor dem Auge des Beschauers ausbreiten sollten, hatte ich
Nichts gesehen, das Klima war unfreundlich, die Luft rauh, fast kalt; kein
Wunder, wenn das hübsche Turin auch einen kalten Eindruck machte.

Von Turin fuhr ich. wieder auf der Eisenbahn, nach Genua. Abermals
wurden wie in Savoyen verschiedene Tunnel passirt. Nicht lange nach dem


Der Künstler selbst hat in seinen letzte» Lebensjahren einzelne Scenen
derselben für seine Kinder niedergeschrieben. Es wäre sehr zu wünschen, daß
die Familie sich entschließen möchte, diese Mittheilungen auch der Oeffentlichkeit
nicht vorzuenthalten.




Ans dem Tagebuche eines Garibaldischen Freiwilligen.
Von Genf nach Neapel.

Es war im vorigen Herbst, als ich von Genf nach Turin reiste. Von
Genf bis Se. Jean de Maurienne fährt man mit dem Dampfwagen. Dann
besteigt man die riesenhafte Diligence, welche den Reisenden über den Mont
Cenis befördert. Das Wetter war regnerisch, und von einer Betrachtung der
Gegend nicht die Rede.

Der Bau der gigantischen neuen Eisenbahn blieb unbeachtet und die
riesenhaften Überschwemmungen wurden nur insofern bemerkt, als eine erst
halbfertige Straße, wo es über Stock und Stein ging, eingeschlagen werden
mußte — kein Blick in die Ferne, kein Blick hinunter in die Schluchten, nur
die vorgespannten 12 Maulesel und 4 Pferde, das Schreien der Treiber und
die' scharfen Krümmungen des Weges ließen vermuthen, daß der Paß erreicht
war. Er wurde auch überstiegen, ohne daß etwas von Interesse vorgekommen
wäre, ich müßte denn einen englischen Sonderling dahin rechnen, der unter
seinem Regenschirm sein „Soä save tuo (Zueen" sang. Susa war erreicht-
Wir waren in dem Königreiche Victor Emanuels; das Herzogthum, sein
Stammland, lag hinter uns.

Einige Stunden später ging ich unter den Arkaden in der Strada ti
Po in Turin.

Von den vielgerühmten Gefilden Italiens, die sich wie ein prächtiger
grüner Teppich vor dem Auge des Beschauers ausbreiten sollten, hatte ich
Nichts gesehen, das Klima war unfreundlich, die Luft rauh, fast kalt; kein
Wunder, wenn das hübsche Turin auch einen kalten Eindruck machte.

Von Turin fuhr ich. wieder auf der Eisenbahn, nach Genua. Abermals
wurden wie in Savoyen verschiedene Tunnel passirt. Nicht lange nach dem


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[0258] Der Künstler selbst hat in seinen letzte» Lebensjahren einzelne Scenen derselben für seine Kinder niedergeschrieben. Es wäre sehr zu wünschen, daß die Familie sich entschließen möchte, diese Mittheilungen auch der Oeffentlichkeit nicht vorzuenthalten. Ans dem Tagebuche eines Garibaldischen Freiwilligen. Von Genf nach Neapel. Es war im vorigen Herbst, als ich von Genf nach Turin reiste. Von Genf bis Se. Jean de Maurienne fährt man mit dem Dampfwagen. Dann besteigt man die riesenhafte Diligence, welche den Reisenden über den Mont Cenis befördert. Das Wetter war regnerisch, und von einer Betrachtung der Gegend nicht die Rede. Der Bau der gigantischen neuen Eisenbahn blieb unbeachtet und die riesenhaften Überschwemmungen wurden nur insofern bemerkt, als eine erst halbfertige Straße, wo es über Stock und Stein ging, eingeschlagen werden mußte — kein Blick in die Ferne, kein Blick hinunter in die Schluchten, nur die vorgespannten 12 Maulesel und 4 Pferde, das Schreien der Treiber und die' scharfen Krümmungen des Weges ließen vermuthen, daß der Paß erreicht war. Er wurde auch überstiegen, ohne daß etwas von Interesse vorgekommen wäre, ich müßte denn einen englischen Sonderling dahin rechnen, der unter seinem Regenschirm sein „Soä save tuo (Zueen" sang. Susa war erreicht- Wir waren in dem Königreiche Victor Emanuels; das Herzogthum, sein Stammland, lag hinter uns. Einige Stunden später ging ich unter den Arkaden in der Strada ti Po in Turin. Von den vielgerühmten Gefilden Italiens, die sich wie ein prächtiger grüner Teppich vor dem Auge des Beschauers ausbreiten sollten, hatte ich Nichts gesehen, das Klima war unfreundlich, die Luft rauh, fast kalt; kein Wunder, wenn das hübsche Turin auch einen kalten Eindruck machte. Von Turin fuhr ich. wieder auf der Eisenbahn, nach Genua. Abermals wurden wie in Savoyen verschiedene Tunnel passirt. Nicht lange nach dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/258>, abgerufen am 22.07.2024.