Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur deutschen Kriegsmarine.
i.
Die deutsche Handelsflotte und die der übrigen Nationen.

Die Vertheidigungsmittel Deutschlands gegen einen Augriff zu Lande sind
unzweifelhaft an sich vou einer solchen Größe und Beschaffenheit, daß sie van
denjenigen selbst der größten Militärstaaten nicht übertrafst" werden. Ledig¬
lich in der fehlerhaften politischen Gesammtverfassung Deutschlands liegen
Gründe vor, welche Zweifel an der Wirksamkeit des deutscheu Heerwesens
hervorrufen können. Es ist anders mit den Vertheidigungsmitteln Deutschlands
gegen einen Angriff zur See. Während in Preußen die Kriegsmarine erst im
Werden begriffen ist. sind die übrigen deutschen Staaten ohne alle maritimen
Vertheidigungsmittel. Der deutsche Seehandel ist bei jedem Seekriege der
Zerstörung, die deutschen Küsten sind einer feindlichen Invasion oder feind¬
lichen Neckereien ausgesetzt, ein Schutz der deutschen Interessen jenseits des
Meeres ist nicht vorhanden. Während die dentschen Heere den französischen
und russischen mindestens gleichstehen, ist die deutsche Kriegsmarine nicht ein¬
mal der eines Staates wie Dänemark gewachsen.

Es sind das Dinge, die hundert Mal gesagt sind. Dennoch möchte gerade
^'r jetzige Zeitpunkt sehr geeignet sein, die maritimen Berthcidigungsmittel
Deutschlands in's Auge zu fassen. Deun es ist selbst dem kurzsichtigste" Auge
einleuchtend, daß die Verwickelungen des deutschen Bundes mit Dänemark die
Möglichkeit eines Krieges in sich tragen, gewiß aber ist. das die den bescheidenen
Forderungen des deutschen Bundes gegenüber herausfordernde Haltung Däne¬
marks sich weniger auf die eigene Stärke, als auf die Schwäche Deutschlands
M See stützt.

Die folgenden Erörterungen mögen einen Beitrag zur Förderung einer An¬
gelegenheit bilden, welche Deutschland deshalb wesentlich angeht, weil sie zu-
Klcich eine Frage seiner Macht und Ehre und seines Nationalwohlstandes ist.

Der Besitz einer Handelsflotte fordert den Besitz einer Kriegsmarine.
Dhne die letztere ist die erstere nur ein unsicherer Besitz, -- ein Besitz, der von
^ Gnade derjenigen Nationen abhängig ist. die eine Kriegsmarine zu ihrer


Grenjbote" II. ILLI, 2"
Zur deutschen Kriegsmarine.
i.
Die deutsche Handelsflotte und die der übrigen Nationen.

Die Vertheidigungsmittel Deutschlands gegen einen Augriff zu Lande sind
unzweifelhaft an sich vou einer solchen Größe und Beschaffenheit, daß sie van
denjenigen selbst der größten Militärstaaten nicht übertrafst» werden. Ledig¬
lich in der fehlerhaften politischen Gesammtverfassung Deutschlands liegen
Gründe vor, welche Zweifel an der Wirksamkeit des deutscheu Heerwesens
hervorrufen können. Es ist anders mit den Vertheidigungsmitteln Deutschlands
gegen einen Angriff zur See. Während in Preußen die Kriegsmarine erst im
Werden begriffen ist. sind die übrigen deutschen Staaten ohne alle maritimen
Vertheidigungsmittel. Der deutsche Seehandel ist bei jedem Seekriege der
Zerstörung, die deutschen Küsten sind einer feindlichen Invasion oder feind¬
lichen Neckereien ausgesetzt, ein Schutz der deutschen Interessen jenseits des
Meeres ist nicht vorhanden. Während die dentschen Heere den französischen
und russischen mindestens gleichstehen, ist die deutsche Kriegsmarine nicht ein¬
mal der eines Staates wie Dänemark gewachsen.

Es sind das Dinge, die hundert Mal gesagt sind. Dennoch möchte gerade
^'r jetzige Zeitpunkt sehr geeignet sein, die maritimen Berthcidigungsmittel
Deutschlands in's Auge zu fassen. Deun es ist selbst dem kurzsichtigste» Auge
einleuchtend, daß die Verwickelungen des deutschen Bundes mit Dänemark die
Möglichkeit eines Krieges in sich tragen, gewiß aber ist. das die den bescheidenen
Forderungen des deutschen Bundes gegenüber herausfordernde Haltung Däne¬
marks sich weniger auf die eigene Stärke, als auf die Schwäche Deutschlands
M See stützt.

Die folgenden Erörterungen mögen einen Beitrag zur Förderung einer An¬
gelegenheit bilden, welche Deutschland deshalb wesentlich angeht, weil sie zu-
Klcich eine Frage seiner Macht und Ehre und seines Nationalwohlstandes ist.

Der Besitz einer Handelsflotte fordert den Besitz einer Kriegsmarine.
Dhne die letztere ist die erstere nur ein unsicherer Besitz, — ein Besitz, der von
^ Gnade derjenigen Nationen abhängig ist. die eine Kriegsmarine zu ihrer


Grenjbote» II. ILLI, 2»
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111643"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zur deutschen Kriegsmarine.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> i.<lb/>
Die deutsche Handelsflotte und die der übrigen Nationen.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_623"> Die Vertheidigungsmittel Deutschlands gegen einen Augriff zu Lande sind<lb/>
unzweifelhaft an sich vou einer solchen Größe und Beschaffenheit, daß sie van<lb/>
denjenigen selbst der größten Militärstaaten nicht übertrafst» werden. Ledig¬<lb/>
lich in der fehlerhaften politischen Gesammtverfassung Deutschlands liegen<lb/>
Gründe vor, welche Zweifel an der Wirksamkeit des deutscheu Heerwesens<lb/>
hervorrufen können. Es ist anders mit den Vertheidigungsmitteln Deutschlands<lb/>
gegen einen Angriff zur See. Während in Preußen die Kriegsmarine erst im<lb/>
Werden begriffen ist. sind die übrigen deutschen Staaten ohne alle maritimen<lb/>
Vertheidigungsmittel. Der deutsche Seehandel ist bei jedem Seekriege der<lb/>
Zerstörung, die deutschen Küsten sind einer feindlichen Invasion oder feind¬<lb/>
lichen Neckereien ausgesetzt, ein Schutz der deutschen Interessen jenseits des<lb/>
Meeres ist nicht vorhanden. Während die dentschen Heere den französischen<lb/>
und russischen mindestens gleichstehen, ist die deutsche Kriegsmarine nicht ein¬<lb/>
mal der eines Staates wie Dänemark gewachsen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_624"> Es sind das Dinge, die hundert Mal gesagt sind. Dennoch möchte gerade<lb/>
^'r jetzige Zeitpunkt sehr geeignet sein, die maritimen Berthcidigungsmittel<lb/>
Deutschlands in's Auge zu fassen. Deun es ist selbst dem kurzsichtigste» Auge<lb/>
einleuchtend, daß die Verwickelungen des deutschen Bundes mit Dänemark die<lb/>
Möglichkeit eines Krieges in sich tragen, gewiß aber ist. das die den bescheidenen<lb/>
Forderungen des deutschen Bundes gegenüber herausfordernde Haltung Däne¬<lb/>
marks sich weniger auf die eigene Stärke, als auf die Schwäche Deutschlands<lb/>
M See stützt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_625"> Die folgenden Erörterungen mögen einen Beitrag zur Förderung einer An¬<lb/>
gelegenheit bilden, welche Deutschland deshalb wesentlich angeht, weil sie zu-<lb/>
Klcich eine Frage seiner Macht und Ehre und seines Nationalwohlstandes ist.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_626" next="#ID_627"> Der Besitz einer Handelsflotte fordert den Besitz einer Kriegsmarine.<lb/>
Dhne die letztere ist die erstere nur ein unsicherer Besitz, &#x2014; ein Besitz, der von<lb/>
^ Gnade derjenigen Nationen abhängig ist. die eine Kriegsmarine zu ihrer</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenjbote» II. ILLI, 2»</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0211] Zur deutschen Kriegsmarine. i. Die deutsche Handelsflotte und die der übrigen Nationen. Die Vertheidigungsmittel Deutschlands gegen einen Augriff zu Lande sind unzweifelhaft an sich vou einer solchen Größe und Beschaffenheit, daß sie van denjenigen selbst der größten Militärstaaten nicht übertrafst» werden. Ledig¬ lich in der fehlerhaften politischen Gesammtverfassung Deutschlands liegen Gründe vor, welche Zweifel an der Wirksamkeit des deutscheu Heerwesens hervorrufen können. Es ist anders mit den Vertheidigungsmitteln Deutschlands gegen einen Angriff zur See. Während in Preußen die Kriegsmarine erst im Werden begriffen ist. sind die übrigen deutschen Staaten ohne alle maritimen Vertheidigungsmittel. Der deutsche Seehandel ist bei jedem Seekriege der Zerstörung, die deutschen Küsten sind einer feindlichen Invasion oder feind¬ lichen Neckereien ausgesetzt, ein Schutz der deutschen Interessen jenseits des Meeres ist nicht vorhanden. Während die dentschen Heere den französischen und russischen mindestens gleichstehen, ist die deutsche Kriegsmarine nicht ein¬ mal der eines Staates wie Dänemark gewachsen. Es sind das Dinge, die hundert Mal gesagt sind. Dennoch möchte gerade ^'r jetzige Zeitpunkt sehr geeignet sein, die maritimen Berthcidigungsmittel Deutschlands in's Auge zu fassen. Deun es ist selbst dem kurzsichtigste» Auge einleuchtend, daß die Verwickelungen des deutschen Bundes mit Dänemark die Möglichkeit eines Krieges in sich tragen, gewiß aber ist. das die den bescheidenen Forderungen des deutschen Bundes gegenüber herausfordernde Haltung Däne¬ marks sich weniger auf die eigene Stärke, als auf die Schwäche Deutschlands M See stützt. Die folgenden Erörterungen mögen einen Beitrag zur Förderung einer An¬ gelegenheit bilden, welche Deutschland deshalb wesentlich angeht, weil sie zu- Klcich eine Frage seiner Macht und Ehre und seines Nationalwohlstandes ist. Der Besitz einer Handelsflotte fordert den Besitz einer Kriegsmarine. Dhne die letztere ist die erstere nur ein unsicherer Besitz, — ein Besitz, der von ^ Gnade derjenigen Nationen abhängig ist. die eine Kriegsmarine zu ihrer Grenjbote» II. ILLI, 2»

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/211
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/211>, abgerufen am 25.08.2024.