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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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nommer, nach wie vor auf die gesammte Gesetzgebung in den gemeinschaft¬
lichen Angelegenheiten, während den Ständen Holsteins nur einzelne Zweige
derselben untergelegt sind, von denen die Regierung annimmt, daß ihre Behand¬
lung die besonderen Interessen des Herzogthums vorzugsweise berühre. So¬
dann aber ist auch in den Gebieten, wo die Ständeversammlung mitzusprechen
haben soll, die Kompetenz derselben weit enger beschränkt, als die concurrirende
des Rcichsraths, "Das Normalbudget, welches für das Bewilligungsrecht des
Neichsraths die Grenze bildet, ist so knapp bemessen, daß das Recht, über jede
Zulage zu demselben zu bestimmen dem Reichsrath einen sehr wesentlichen
Einfluß auf die Regierung sichert, während das Normalbudget, sowie die für
die Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben in runder Summe berechneten
Beträge für Holstein um so vieles höher sind, daß danach wenigstens für die
nächste Zeit ein Anspruch auf weitere Zuschüsse an die holsteinischen Stände
schwerlich würde gestellt werden können. Nach dem Vcrfassungsgesetz vom
2. October 1855 wird die Decision der Staatsrechnungsablage, sobald die in
Aussicht gestellte Bildung eines Rechnungshofes erfolgt ist, vom Reichsrath
durch Gesetz geschehen und dadurch demselben eine eingehende und wirksame
Controle über den wirklichen Bedarf und die Verwendung der bewilligten Gel¬
der gesichert, während der Ständeversnmmlung die Rechnungsablage nur zum
Bedenken mitgetheilt werden soll. Ohne Bewilligung des Reichsraths kann
keine Aushebung von Mannschaften stattfinden, während der Ständeversamm-
lung ein Bewilligungsrecht nur zugestanden wird, wenn die bisher für die
Aushebung bestehenden Pläne geändert werden. Aus die Gesetzgebung rück¬
sichtlich der Marine und der militärischen Anstalten sowie ans das Staats-
schuldenwcsen ist der Ständeversammlung, mit Ausnahme des eben erwähnten
Bewilliguagsrechts, keinerlei Einfluß zugestanden. Die Minister für die gemein¬
schaftlichen Angelegenheiten sind zwar dem Reichsrath, aber nicht auch der
holsteinischen Ständeversammlung verantwortlich."

Kämen, so lautet das Ergebniß, zu dem der, Ausschuß gelangt, die Be¬
stimmungen dieses Entwurfs zur Geltung, so würde Holstein in das Verhält¬
niß einer nach Grundsätzen, wie sie sonst für Colonien üblich sind, behandelten
Provinz herabgedrückt, welche ihre eignen Ausgaben selbständig zu decken hat
und im Uebrigen sür die gesammten Staatsausgaben einen festnormirten Bei¬
trag leistet, ohne den Genuß der wesentlichsten politischen Rechte.

Da der Ausschuß der Versammlung nicht empfehlen kann, die Vorlage
als Grundlage zu Verhandlungen mit der Regierung anzusehen, so enthält er
sich einer Kritik aller einzelnen Paragraphen und macht nur noch auf einige
derselben aufmerksam, welche geeignet sind, die vorstehende Charakteristik des
Gesetzentwurfs zu vervollständigen.

"Das finanzielle Ergebniß der in Vorschlag gebrachten Anordnungen läßt


nommer, nach wie vor auf die gesammte Gesetzgebung in den gemeinschaft¬
lichen Angelegenheiten, während den Ständen Holsteins nur einzelne Zweige
derselben untergelegt sind, von denen die Regierung annimmt, daß ihre Behand¬
lung die besonderen Interessen des Herzogthums vorzugsweise berühre. So¬
dann aber ist auch in den Gebieten, wo die Ständeversammlung mitzusprechen
haben soll, die Kompetenz derselben weit enger beschränkt, als die concurrirende
des Rcichsraths, „Das Normalbudget, welches für das Bewilligungsrecht des
Neichsraths die Grenze bildet, ist so knapp bemessen, daß das Recht, über jede
Zulage zu demselben zu bestimmen dem Reichsrath einen sehr wesentlichen
Einfluß auf die Regierung sichert, während das Normalbudget, sowie die für
die Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben in runder Summe berechneten
Beträge für Holstein um so vieles höher sind, daß danach wenigstens für die
nächste Zeit ein Anspruch auf weitere Zuschüsse an die holsteinischen Stände
schwerlich würde gestellt werden können. Nach dem Vcrfassungsgesetz vom
2. October 1855 wird die Decision der Staatsrechnungsablage, sobald die in
Aussicht gestellte Bildung eines Rechnungshofes erfolgt ist, vom Reichsrath
durch Gesetz geschehen und dadurch demselben eine eingehende und wirksame
Controle über den wirklichen Bedarf und die Verwendung der bewilligten Gel¬
der gesichert, während der Ständeversnmmlung die Rechnungsablage nur zum
Bedenken mitgetheilt werden soll. Ohne Bewilligung des Reichsraths kann
keine Aushebung von Mannschaften stattfinden, während der Ständeversamm-
lung ein Bewilligungsrecht nur zugestanden wird, wenn die bisher für die
Aushebung bestehenden Pläne geändert werden. Aus die Gesetzgebung rück¬
sichtlich der Marine und der militärischen Anstalten sowie ans das Staats-
schuldenwcsen ist der Ständeversammlung, mit Ausnahme des eben erwähnten
Bewilliguagsrechts, keinerlei Einfluß zugestanden. Die Minister für die gemein¬
schaftlichen Angelegenheiten sind zwar dem Reichsrath, aber nicht auch der
holsteinischen Ständeversammlung verantwortlich."

Kämen, so lautet das Ergebniß, zu dem der, Ausschuß gelangt, die Be¬
stimmungen dieses Entwurfs zur Geltung, so würde Holstein in das Verhält¬
niß einer nach Grundsätzen, wie sie sonst für Colonien üblich sind, behandelten
Provinz herabgedrückt, welche ihre eignen Ausgaben selbständig zu decken hat
und im Uebrigen sür die gesammten Staatsausgaben einen festnormirten Bei¬
trag leistet, ohne den Genuß der wesentlichsten politischen Rechte.

Da der Ausschuß der Versammlung nicht empfehlen kann, die Vorlage
als Grundlage zu Verhandlungen mit der Regierung anzusehen, so enthält er
sich einer Kritik aller einzelnen Paragraphen und macht nur noch auf einige
derselben aufmerksam, welche geeignet sind, die vorstehende Charakteristik des
Gesetzentwurfs zu vervollständigen.

„Das finanzielle Ergebniß der in Vorschlag gebrachten Anordnungen läßt


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[0016] nommer, nach wie vor auf die gesammte Gesetzgebung in den gemeinschaft¬ lichen Angelegenheiten, während den Ständen Holsteins nur einzelne Zweige derselben untergelegt sind, von denen die Regierung annimmt, daß ihre Behand¬ lung die besonderen Interessen des Herzogthums vorzugsweise berühre. So¬ dann aber ist auch in den Gebieten, wo die Ständeversammlung mitzusprechen haben soll, die Kompetenz derselben weit enger beschränkt, als die concurrirende des Rcichsraths, „Das Normalbudget, welches für das Bewilligungsrecht des Neichsraths die Grenze bildet, ist so knapp bemessen, daß das Recht, über jede Zulage zu demselben zu bestimmen dem Reichsrath einen sehr wesentlichen Einfluß auf die Regierung sichert, während das Normalbudget, sowie die für die Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben in runder Summe berechneten Beträge für Holstein um so vieles höher sind, daß danach wenigstens für die nächste Zeit ein Anspruch auf weitere Zuschüsse an die holsteinischen Stände schwerlich würde gestellt werden können. Nach dem Vcrfassungsgesetz vom 2. October 1855 wird die Decision der Staatsrechnungsablage, sobald die in Aussicht gestellte Bildung eines Rechnungshofes erfolgt ist, vom Reichsrath durch Gesetz geschehen und dadurch demselben eine eingehende und wirksame Controle über den wirklichen Bedarf und die Verwendung der bewilligten Gel¬ der gesichert, während der Ständeversnmmlung die Rechnungsablage nur zum Bedenken mitgetheilt werden soll. Ohne Bewilligung des Reichsraths kann keine Aushebung von Mannschaften stattfinden, während der Ständeversamm- lung ein Bewilligungsrecht nur zugestanden wird, wenn die bisher für die Aushebung bestehenden Pläne geändert werden. Aus die Gesetzgebung rück¬ sichtlich der Marine und der militärischen Anstalten sowie ans das Staats- schuldenwcsen ist der Ständeversammlung, mit Ausnahme des eben erwähnten Bewilliguagsrechts, keinerlei Einfluß zugestanden. Die Minister für die gemein¬ schaftlichen Angelegenheiten sind zwar dem Reichsrath, aber nicht auch der holsteinischen Ständeversammlung verantwortlich." Kämen, so lautet das Ergebniß, zu dem der, Ausschuß gelangt, die Be¬ stimmungen dieses Entwurfs zur Geltung, so würde Holstein in das Verhält¬ niß einer nach Grundsätzen, wie sie sonst für Colonien üblich sind, behandelten Provinz herabgedrückt, welche ihre eignen Ausgaben selbständig zu decken hat und im Uebrigen sür die gesammten Staatsausgaben einen festnormirten Bei¬ trag leistet, ohne den Genuß der wesentlichsten politischen Rechte. Da der Ausschuß der Versammlung nicht empfehlen kann, die Vorlage als Grundlage zu Verhandlungen mit der Regierung anzusehen, so enthält er sich einer Kritik aller einzelnen Paragraphen und macht nur noch auf einige derselben aufmerksam, welche geeignet sind, die vorstehende Charakteristik des Gesetzentwurfs zu vervollständigen. „Das finanzielle Ergebniß der in Vorschlag gebrachten Anordnungen läßt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/16>, abgerufen am 22.07.2024.