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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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gegeben, wenigstens zeichneten sich die^ Pnnduren. die Ungarn und Kroaten
nicht übertrieben durch deutsche Gesinnung aus. -- Ist die Gründung Frie¬
drichs, ist die Gründung des preußischen Staats ein Gewinn oder Verlust für
Deutschland? Das ist d.le Frage, auf die alles ankommt.

Denn nur eine unverständige Vergötterung kann alle Mittel, die ein großer
Mann anwendet, unbedingt vertreten oder gar zu Regeln stempeln wollvn.
Wir sind bereit, Herrn Klopp eine große Menge von Zugeständnissen zu
machen. Friedrichs Handelspolitik war gänzlich verfehlt; seine Militäreinrich¬
tung wich zwar nicht so ungeheuer von der anderer deutscher Fürsten ab, als
gesagt wird: wenn Herr Klopp z, B. die sächsische Geschichte studiren wollte,
so würde er finden, daß der König von Polen, August der Starke, lange vor
Friedrich seine Rekruten auch auf eine ganz erstaunliche Weise zusammen¬
brachte. Aber zu rechtfertigen war Friedrichs System nicht. Ein Heer, wel¬
ches man blos als gut gedrillte .Maschine betrachtet, tan" vorübergehend
unter einem gewaltigen Feldherrn große Erfolge haben; auf die Dauer aber
ruinirt es den Staat. Jena hat uns gezeigt, was es mit -diesem Systeme
auf sich hat, wenn eben kein Friedrich an der Spitze steht. 1813 hat uns
gelehrt, wie wir unser Heer auf dem Boden der Nationalität aufzurichten
haben. Sollte die unglückselige Idee, die Landwehr aufzugeben und im alten-
ftitzeschen Sinne durch eine große Drillmaschine auf Unkosten oller übrigen
Staatskräftc zu ersetzen, wirklich ausgeführt werden, sollte das Innkerthum
wieder zum Herrn der Armee und die Armee zum Herrn des Staats gemacht
werden, so wäre durch diesen Schritt, der uns um ein Jahrhundert zurück
brächte, auch der erste Schritt zu Preußens Untergang gethan. -- Verwerflich
war es ferner, daß Friedrich ganz allein regieren wollte. Diese Ausgabe geht
über die Kräfte auch des größten Menschen hinaus und würde in unserer
Zeit, wo die Bedürfnisse so viel verwickelter geworden sind, zur Auflösung
führen. -- Es ist sehr nöthig, das deutlich auszusprechen; denn wir, die Be¬
wunderer und Anhänger Friedrichs, des Gründers von Preußen, haben alle
Ursache, die Folgerungen von uns abzuwehren, welche die Feinde Preußens
uns aufbürden möchten. Nicht der Stock, nicht die Fuchtel, nicht das Junker-
thum, nicht die Regie sind die Dinge, die wir in Friedrich verehren: diese
Reliquie" überlassen wir gern der Kreuzzeitung und ihren Freunden.

Wir verehren Friedrich als Gründer des preußischen Staats. Das war
trotz jener Fehler; er war nicht, wie Herr Klopp uus glauben machen möchte,
^r bloße Kriegführer, der einige Sommer hindurch Geld zusammen scharrte,
um damit sein Wintewcrgnügen, einen Feldzug, zu bestreiten. In Herrn
Klopps Darstellung durchkreuzen sich zwei verschiedene Systeme. Nach dem


Grenzl'öde" I. 1861. ig

gegeben, wenigstens zeichneten sich die^ Pnnduren. die Ungarn und Kroaten
nicht übertrieben durch deutsche Gesinnung aus. — Ist die Gründung Frie¬
drichs, ist die Gründung des preußischen Staats ein Gewinn oder Verlust für
Deutschland? Das ist d.le Frage, auf die alles ankommt.

Denn nur eine unverständige Vergötterung kann alle Mittel, die ein großer
Mann anwendet, unbedingt vertreten oder gar zu Regeln stempeln wollvn.
Wir sind bereit, Herrn Klopp eine große Menge von Zugeständnissen zu
machen. Friedrichs Handelspolitik war gänzlich verfehlt; seine Militäreinrich¬
tung wich zwar nicht so ungeheuer von der anderer deutscher Fürsten ab, als
gesagt wird: wenn Herr Klopp z, B. die sächsische Geschichte studiren wollte,
so würde er finden, daß der König von Polen, August der Starke, lange vor
Friedrich seine Rekruten auch auf eine ganz erstaunliche Weise zusammen¬
brachte. Aber zu rechtfertigen war Friedrichs System nicht. Ein Heer, wel¬
ches man blos als gut gedrillte .Maschine betrachtet, tan» vorübergehend
unter einem gewaltigen Feldherrn große Erfolge haben; auf die Dauer aber
ruinirt es den Staat. Jena hat uns gezeigt, was es mit -diesem Systeme
auf sich hat, wenn eben kein Friedrich an der Spitze steht. 1813 hat uns
gelehrt, wie wir unser Heer auf dem Boden der Nationalität aufzurichten
haben. Sollte die unglückselige Idee, die Landwehr aufzugeben und im alten-
ftitzeschen Sinne durch eine große Drillmaschine auf Unkosten oller übrigen
Staatskräftc zu ersetzen, wirklich ausgeführt werden, sollte das Innkerthum
wieder zum Herrn der Armee und die Armee zum Herrn des Staats gemacht
werden, so wäre durch diesen Schritt, der uns um ein Jahrhundert zurück
brächte, auch der erste Schritt zu Preußens Untergang gethan. — Verwerflich
war es ferner, daß Friedrich ganz allein regieren wollte. Diese Ausgabe geht
über die Kräfte auch des größten Menschen hinaus und würde in unserer
Zeit, wo die Bedürfnisse so viel verwickelter geworden sind, zur Auflösung
führen. — Es ist sehr nöthig, das deutlich auszusprechen; denn wir, die Be¬
wunderer und Anhänger Friedrichs, des Gründers von Preußen, haben alle
Ursache, die Folgerungen von uns abzuwehren, welche die Feinde Preußens
uns aufbürden möchten. Nicht der Stock, nicht die Fuchtel, nicht das Junker-
thum, nicht die Regie sind die Dinge, die wir in Friedrich verehren: diese
Reliquie» überlassen wir gern der Kreuzzeitung und ihren Freunden.

Wir verehren Friedrich als Gründer des preußischen Staats. Das war
trotz jener Fehler; er war nicht, wie Herr Klopp uus glauben machen möchte,
^r bloße Kriegführer, der einige Sommer hindurch Geld zusammen scharrte,
um damit sein Wintewcrgnügen, einen Feldzug, zu bestreiten. In Herrn
Klopps Darstellung durchkreuzen sich zwei verschiedene Systeme. Nach dem


Grenzl'öde» I. 1861. ig
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[0083] gegeben, wenigstens zeichneten sich die^ Pnnduren. die Ungarn und Kroaten nicht übertrieben durch deutsche Gesinnung aus. — Ist die Gründung Frie¬ drichs, ist die Gründung des preußischen Staats ein Gewinn oder Verlust für Deutschland? Das ist d.le Frage, auf die alles ankommt. Denn nur eine unverständige Vergötterung kann alle Mittel, die ein großer Mann anwendet, unbedingt vertreten oder gar zu Regeln stempeln wollvn. Wir sind bereit, Herrn Klopp eine große Menge von Zugeständnissen zu machen. Friedrichs Handelspolitik war gänzlich verfehlt; seine Militäreinrich¬ tung wich zwar nicht so ungeheuer von der anderer deutscher Fürsten ab, als gesagt wird: wenn Herr Klopp z, B. die sächsische Geschichte studiren wollte, so würde er finden, daß der König von Polen, August der Starke, lange vor Friedrich seine Rekruten auch auf eine ganz erstaunliche Weise zusammen¬ brachte. Aber zu rechtfertigen war Friedrichs System nicht. Ein Heer, wel¬ ches man blos als gut gedrillte .Maschine betrachtet, tan» vorübergehend unter einem gewaltigen Feldherrn große Erfolge haben; auf die Dauer aber ruinirt es den Staat. Jena hat uns gezeigt, was es mit -diesem Systeme auf sich hat, wenn eben kein Friedrich an der Spitze steht. 1813 hat uns gelehrt, wie wir unser Heer auf dem Boden der Nationalität aufzurichten haben. Sollte die unglückselige Idee, die Landwehr aufzugeben und im alten- ftitzeschen Sinne durch eine große Drillmaschine auf Unkosten oller übrigen Staatskräftc zu ersetzen, wirklich ausgeführt werden, sollte das Innkerthum wieder zum Herrn der Armee und die Armee zum Herrn des Staats gemacht werden, so wäre durch diesen Schritt, der uns um ein Jahrhundert zurück brächte, auch der erste Schritt zu Preußens Untergang gethan. — Verwerflich war es ferner, daß Friedrich ganz allein regieren wollte. Diese Ausgabe geht über die Kräfte auch des größten Menschen hinaus und würde in unserer Zeit, wo die Bedürfnisse so viel verwickelter geworden sind, zur Auflösung führen. — Es ist sehr nöthig, das deutlich auszusprechen; denn wir, die Be¬ wunderer und Anhänger Friedrichs, des Gründers von Preußen, haben alle Ursache, die Folgerungen von uns abzuwehren, welche die Feinde Preußens uns aufbürden möchten. Nicht der Stock, nicht die Fuchtel, nicht das Junker- thum, nicht die Regie sind die Dinge, die wir in Friedrich verehren: diese Reliquie» überlassen wir gern der Kreuzzeitung und ihren Freunden. Wir verehren Friedrich als Gründer des preußischen Staats. Das war trotz jener Fehler; er war nicht, wie Herr Klopp uus glauben machen möchte, ^r bloße Kriegführer, der einige Sommer hindurch Geld zusammen scharrte, um damit sein Wintewcrgnügen, einen Feldzug, zu bestreiten. In Herrn Klopps Darstellung durchkreuzen sich zwei verschiedene Systeme. Nach dem Grenzl'öde» I. 1861. ig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/83>, abgerufen am 27.08.2024.