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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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verwerfen. Nichts wäre geeigneter, uns über die leidigen, zu allen möglichen
Verwirrungen und Beschränkungen führenden internationalen Verträge zum
Schutze des Urheberrechts fremder Völker hinwegzuhelfen, als gerade die gesetz¬
liche Anerkennung des getheilten Eigenthums oder wie es richtiger heißen sollte,
des getheilten Verlagsrechts für die literarischen Geisteswerke. Die Natur des
Urheberrechts steht diesem so wenig entgegen, als dem getheilten Verlagsrecht
im Musikalienhandel, wo es seit Jahrzehnten besteht und geachtet wird. Es
würde dem von der Theorie in neuerer Zeit so sehr angefeindeten Nachdrucke
auswärtiger Vcrlagswerke schneller ein Ende machen, als die mit Fristen und
Clauseln versehenen internationalen Schutzverträge. Mit welchem Erfolge es
trotz des mangelnden Schutzes bereits angewendet worden ist, zeigt die Tauch-
nitz'sche LoIIeetion dritisli autlroi-g hinreichend.

Endlich rügen wir noch an dem Entwürfe, daß auch er das Verhültuiß
zwischen Urheber und Verleger völlig unbeachtet gelassen hat, wie alle ihm
vorangegangenen Gesetze zum Schutze des Urheberrechts. Wir meinen nicht,
daß er alle Bestimmungen des Verlagsrechts, soweit sie die Beziehungen zwi¬
schen Urheber und Verleger berühren, hätte aufnehmen sollen. So schwer der
Mangel eines giltigen Gesetzes über diese Bestimmungen vermißt wird, so
müssen sie doch einen von dem Gesetze über das Urheberrecht getrennten Ab¬
schnitt der Gesetzgebung 'bilden.

Dagegen kommen Seiten der Verleger Verletzungen des Urheberrechts vor,
welche nicht aus dem Verlagsvertrage allein zu erörtern sind, sondern gegen
allgemein giltige Sätze des Urheberrechts angehen. Wir wollen nur auf einen
Punkt aufmerksam macheu. Es ist die unverfälschte Vervielfältigung des vom
Urheber dem Verleger übergebenen Gcisteswerks, Man wende uns nicht ein,
daß dieser Punkt in dem Vcrlagscontracte mit ausgenommen werden könne.
Denn einmal denken sich die meisten Urheber kaum einen solchen Frevel als
möglich und schützen sich daher selbst da, wo man zur Klagbarmachung schrift¬
liche Verträge abschließen muß, nicht davor durch Aufnahme dieser Bestimmung
in den Verlagsvertrag. Sodann wollen wir uns die für den freien Verkehr so
nothwendige Bestimmung, daß auch mündlich abgeschlossene Verträge klagbar
sum, nicht nehmen lassen. Und bei mündlichen Verhandlungen kommt eine
solche Bestimmung kaum jemals vor. Wir finden aber in der willkürlichen
Veränderung des Geisteswerkes durch den Verleger oder Drucker eine unbefugte
Vervielfältigung, wie in jedem Plagiate.

Ja, wir erachten die Rechtsverletzung so stark, daß wir selbst demjenigen
Verleger, welcher dem Urheber nicht nur das Verlagsrecht, sondern das ganze
Eigenthum am Gcisteswerke abkaufte, keineswegs das Recht zugestehen, nur
are Zeile, einen Takt oder eine Linie in einem Kunstwerke willkürlich zu ver¬
ändern, wenn er den Namen des Urhebers der von ihm veranstalteten Ver-


verwerfen. Nichts wäre geeigneter, uns über die leidigen, zu allen möglichen
Verwirrungen und Beschränkungen führenden internationalen Verträge zum
Schutze des Urheberrechts fremder Völker hinwegzuhelfen, als gerade die gesetz¬
liche Anerkennung des getheilten Eigenthums oder wie es richtiger heißen sollte,
des getheilten Verlagsrechts für die literarischen Geisteswerke. Die Natur des
Urheberrechts steht diesem so wenig entgegen, als dem getheilten Verlagsrecht
im Musikalienhandel, wo es seit Jahrzehnten besteht und geachtet wird. Es
würde dem von der Theorie in neuerer Zeit so sehr angefeindeten Nachdrucke
auswärtiger Vcrlagswerke schneller ein Ende machen, als die mit Fristen und
Clauseln versehenen internationalen Schutzverträge. Mit welchem Erfolge es
trotz des mangelnden Schutzes bereits angewendet worden ist, zeigt die Tauch-
nitz'sche LoIIeetion dritisli autlroi-g hinreichend.

Endlich rügen wir noch an dem Entwürfe, daß auch er das Verhültuiß
zwischen Urheber und Verleger völlig unbeachtet gelassen hat, wie alle ihm
vorangegangenen Gesetze zum Schutze des Urheberrechts. Wir meinen nicht,
daß er alle Bestimmungen des Verlagsrechts, soweit sie die Beziehungen zwi¬
schen Urheber und Verleger berühren, hätte aufnehmen sollen. So schwer der
Mangel eines giltigen Gesetzes über diese Bestimmungen vermißt wird, so
müssen sie doch einen von dem Gesetze über das Urheberrecht getrennten Ab¬
schnitt der Gesetzgebung 'bilden.

Dagegen kommen Seiten der Verleger Verletzungen des Urheberrechts vor,
welche nicht aus dem Verlagsvertrage allein zu erörtern sind, sondern gegen
allgemein giltige Sätze des Urheberrechts angehen. Wir wollen nur auf einen
Punkt aufmerksam macheu. Es ist die unverfälschte Vervielfältigung des vom
Urheber dem Verleger übergebenen Gcisteswerks, Man wende uns nicht ein,
daß dieser Punkt in dem Vcrlagscontracte mit ausgenommen werden könne.
Denn einmal denken sich die meisten Urheber kaum einen solchen Frevel als
möglich und schützen sich daher selbst da, wo man zur Klagbarmachung schrift¬
liche Verträge abschließen muß, nicht davor durch Aufnahme dieser Bestimmung
in den Verlagsvertrag. Sodann wollen wir uns die für den freien Verkehr so
nothwendige Bestimmung, daß auch mündlich abgeschlossene Verträge klagbar
sum, nicht nehmen lassen. Und bei mündlichen Verhandlungen kommt eine
solche Bestimmung kaum jemals vor. Wir finden aber in der willkürlichen
Veränderung des Geisteswerkes durch den Verleger oder Drucker eine unbefugte
Vervielfältigung, wie in jedem Plagiate.

Ja, wir erachten die Rechtsverletzung so stark, daß wir selbst demjenigen
Verleger, welcher dem Urheber nicht nur das Verlagsrecht, sondern das ganze
Eigenthum am Gcisteswerke abkaufte, keineswegs das Recht zugestehen, nur
are Zeile, einen Takt oder eine Linie in einem Kunstwerke willkürlich zu ver¬
ändern, wenn er den Namen des Urhebers der von ihm veranstalteten Ver-


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[0073] verwerfen. Nichts wäre geeigneter, uns über die leidigen, zu allen möglichen Verwirrungen und Beschränkungen führenden internationalen Verträge zum Schutze des Urheberrechts fremder Völker hinwegzuhelfen, als gerade die gesetz¬ liche Anerkennung des getheilten Eigenthums oder wie es richtiger heißen sollte, des getheilten Verlagsrechts für die literarischen Geisteswerke. Die Natur des Urheberrechts steht diesem so wenig entgegen, als dem getheilten Verlagsrecht im Musikalienhandel, wo es seit Jahrzehnten besteht und geachtet wird. Es würde dem von der Theorie in neuerer Zeit so sehr angefeindeten Nachdrucke auswärtiger Vcrlagswerke schneller ein Ende machen, als die mit Fristen und Clauseln versehenen internationalen Schutzverträge. Mit welchem Erfolge es trotz des mangelnden Schutzes bereits angewendet worden ist, zeigt die Tauch- nitz'sche LoIIeetion dritisli autlroi-g hinreichend. Endlich rügen wir noch an dem Entwürfe, daß auch er das Verhültuiß zwischen Urheber und Verleger völlig unbeachtet gelassen hat, wie alle ihm vorangegangenen Gesetze zum Schutze des Urheberrechts. Wir meinen nicht, daß er alle Bestimmungen des Verlagsrechts, soweit sie die Beziehungen zwi¬ schen Urheber und Verleger berühren, hätte aufnehmen sollen. So schwer der Mangel eines giltigen Gesetzes über diese Bestimmungen vermißt wird, so müssen sie doch einen von dem Gesetze über das Urheberrecht getrennten Ab¬ schnitt der Gesetzgebung 'bilden. Dagegen kommen Seiten der Verleger Verletzungen des Urheberrechts vor, welche nicht aus dem Verlagsvertrage allein zu erörtern sind, sondern gegen allgemein giltige Sätze des Urheberrechts angehen. Wir wollen nur auf einen Punkt aufmerksam macheu. Es ist die unverfälschte Vervielfältigung des vom Urheber dem Verleger übergebenen Gcisteswerks, Man wende uns nicht ein, daß dieser Punkt in dem Vcrlagscontracte mit ausgenommen werden könne. Denn einmal denken sich die meisten Urheber kaum einen solchen Frevel als möglich und schützen sich daher selbst da, wo man zur Klagbarmachung schrift¬ liche Verträge abschließen muß, nicht davor durch Aufnahme dieser Bestimmung in den Verlagsvertrag. Sodann wollen wir uns die für den freien Verkehr so nothwendige Bestimmung, daß auch mündlich abgeschlossene Verträge klagbar sum, nicht nehmen lassen. Und bei mündlichen Verhandlungen kommt eine solche Bestimmung kaum jemals vor. Wir finden aber in der willkürlichen Veränderung des Geisteswerkes durch den Verleger oder Drucker eine unbefugte Vervielfältigung, wie in jedem Plagiate. Ja, wir erachten die Rechtsverletzung so stark, daß wir selbst demjenigen Verleger, welcher dem Urheber nicht nur das Verlagsrecht, sondern das ganze Eigenthum am Gcisteswerke abkaufte, keineswegs das Recht zugestehen, nur are Zeile, einen Takt oder eine Linie in einem Kunstwerke willkürlich zu ver¬ ändern, wenn er den Namen des Urhebers der von ihm veranstalteten Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/73>, abgerufen am 26.08.2024.