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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Kuchen. Buchten und Dalken. Futter und Obst. Milch und Käse. Rahm und
Butter. Eiern und jungen Hühnern leiden möget. Gras und Stroh für das
Vieh möge euch noch höher wachsen als die Mütze dieses Strohmannes ist.
damit euch die Frau Mutter recht oft gute Bade. Kuchelhupf. Kolatschen.
Weihuachtsstriczel. gelbe Eierkuchen und mürbe Brotkuchen backe und ihr deu
Armen sowie uns von der Fülle dieser Gottesgaben mittheilen könnt. Möge
euch der Weizen rein wachsen, damit ihr noch weißere Buchten und Kolatschen
haben könnt als jetzt, der Roggen mehr Körner geben als euer jetziger, die
Gerste der? Erbsen gleichen, damit die Dalken gut werden, die Kühe reichlich
Rahm und Butter geben, damit die Striezel recht mürbe werden, die Schweine
viel Ferkel bringen, damit ihr genug Schwarte zu den Erbsen und Räucher¬
fleisch zum Kraut habt, und die Hühner brav Eier legen, damit ihr zu Eier¬
kuchen, Kratzeln und Ostcrflade" viel einschlagen und auch uns hübsch Oster¬
eier geben könnt." Ist der Zug im letzten Gehöft des Dorfes gewesen, so
begibt er sich ins Wirthshaus, wo die verschiedenen Gaben vertheilt oder zu
einem gemeinschaftlichen Mahl verwendet werden.

Wir übergehen die vielen Heiligenfeste, Wallfahrtstage und andere Schöpf¬
ungen der katholischen Kirche, welche an dem einen und dem andern Orte
Böhmens im März das Alltagsleben unterbrechen, und wenden uns zum letz¬
ten Fastcnsonntag. Palmarum, der bei den Czechen Kvetnice d. i. Blumentag
beißt, ein Name, der dem französischen?Z.<jues Ssui-iss entspricht und von
dem alten Gebrauch herstammt, an diesem Tage sogenannte Palmen, Weiden¬
zweige mit Blüthenkätzchen in der Kirche zu weihen. Diese Palmen sind zu
allerlei Dingen gut. Sie werden in feierlicher Procession. während welcher
nach dem Volksglauben alle verborgnen Schätze sichtbar und zugänglich sind,
aus der Kirche nach Hause gebracht, wo sie zu allerhand Zauber und zur Ab¬
wehr von Unglück verwendet werden. An der sächsischen Grenze mischt man
drei von den Kätzchen unter das Futter der Kühe, damit sie reichlich Milch
"eben. Im Eger- und im Leitmeritzer Kreise pflegt man drei Palmkätzchen zu
verschlucken, um vor Halsweh gesichert zu sein, anderwärts geschieht es als
Schutzmittel gegen Zahnschmerzen. wieder an andern Orten bewahrt es vor
dem kalten Fieber. Man gräbt ferner Palmblüthen in die Saatfelder oder
stockt die Zweige aufrecht in das Getreide, damit dieses ebenso hoch werde,
was namentlich dann erwartet wird., wenn der Acker an seinen vier Ecken mit
Dreikönigswasser besprengt worden ist. Sodann befestigt man solche geweihte
Zweige an die Decke des Kuhstalls, der dadurch vor der Rinderpest bewahrt
Kird. Endlich schützen solche Palmen, vorzüglich wenn sie von Haselstauden
send. unter das Dach gesteckt oder auf den Boden gelegt, das Haus vor
^schlag. .

In den czechischen Dörfern Pflegt ferner am Palmsonntag der Bauer in


Kuchen. Buchten und Dalken. Futter und Obst. Milch und Käse. Rahm und
Butter. Eiern und jungen Hühnern leiden möget. Gras und Stroh für das
Vieh möge euch noch höher wachsen als die Mütze dieses Strohmannes ist.
damit euch die Frau Mutter recht oft gute Bade. Kuchelhupf. Kolatschen.
Weihuachtsstriczel. gelbe Eierkuchen und mürbe Brotkuchen backe und ihr deu
Armen sowie uns von der Fülle dieser Gottesgaben mittheilen könnt. Möge
euch der Weizen rein wachsen, damit ihr noch weißere Buchten und Kolatschen
haben könnt als jetzt, der Roggen mehr Körner geben als euer jetziger, die
Gerste der? Erbsen gleichen, damit die Dalken gut werden, die Kühe reichlich
Rahm und Butter geben, damit die Striezel recht mürbe werden, die Schweine
viel Ferkel bringen, damit ihr genug Schwarte zu den Erbsen und Räucher¬
fleisch zum Kraut habt, und die Hühner brav Eier legen, damit ihr zu Eier¬
kuchen, Kratzeln und Ostcrflade» viel einschlagen und auch uns hübsch Oster¬
eier geben könnt." Ist der Zug im letzten Gehöft des Dorfes gewesen, so
begibt er sich ins Wirthshaus, wo die verschiedenen Gaben vertheilt oder zu
einem gemeinschaftlichen Mahl verwendet werden.

Wir übergehen die vielen Heiligenfeste, Wallfahrtstage und andere Schöpf¬
ungen der katholischen Kirche, welche an dem einen und dem andern Orte
Böhmens im März das Alltagsleben unterbrechen, und wenden uns zum letz¬
ten Fastcnsonntag. Palmarum, der bei den Czechen Kvetnice d. i. Blumentag
beißt, ein Name, der dem französischen?Z.<jues Ssui-iss entspricht und von
dem alten Gebrauch herstammt, an diesem Tage sogenannte Palmen, Weiden¬
zweige mit Blüthenkätzchen in der Kirche zu weihen. Diese Palmen sind zu
allerlei Dingen gut. Sie werden in feierlicher Procession. während welcher
nach dem Volksglauben alle verborgnen Schätze sichtbar und zugänglich sind,
aus der Kirche nach Hause gebracht, wo sie zu allerhand Zauber und zur Ab¬
wehr von Unglück verwendet werden. An der sächsischen Grenze mischt man
drei von den Kätzchen unter das Futter der Kühe, damit sie reichlich Milch
»eben. Im Eger- und im Leitmeritzer Kreise pflegt man drei Palmkätzchen zu
verschlucken, um vor Halsweh gesichert zu sein, anderwärts geschieht es als
Schutzmittel gegen Zahnschmerzen. wieder an andern Orten bewahrt es vor
dem kalten Fieber. Man gräbt ferner Palmblüthen in die Saatfelder oder
stockt die Zweige aufrecht in das Getreide, damit dieses ebenso hoch werde,
was namentlich dann erwartet wird., wenn der Acker an seinen vier Ecken mit
Dreikönigswasser besprengt worden ist. Sodann befestigt man solche geweihte
Zweige an die Decke des Kuhstalls, der dadurch vor der Rinderpest bewahrt
Kird. Endlich schützen solche Palmen, vorzüglich wenn sie von Haselstauden
send. unter das Dach gesteckt oder auf den Boden gelegt, das Haus vor
^schlag. .

In den czechischen Dörfern Pflegt ferner am Palmsonntag der Bauer in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/495>, abgerufen am 02.10.2024.