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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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sie wieder auf 40,192 gefallen, was eine Abnahme um ö Procent ist, wäh¬
rend andere große Städte Nordamerikas in dieser Zeit durchschnittlich um 50,
sechs derselben sogar um 100, zwei um 200 Procent zugenommen haben.
1850 war Charleston seiner Bevölkerung nach die zehnte Stadt der Union,
jetzt ist sie die zwanzigste in der Reihe.

Wir begeben uns jetzt auf der Eisenbahn zunächst nach Columbia, der
Hauptstadt Südcarolinas, die etwas über hundert englische Meilen nordwest¬
lich von Charleston liegt. Die Eisenbahn hat auf den meisten Strecken nur
ein Gleis, und sie führt uns zunächst durch die öden Sumpfstrecken des Tide-
swamp. die von jeder Fluth mit Meerwasser bedeckt werden, dann durch etwas
höher gelegene Moräste, in denen Reis gebaut wird, dann in ein Hügelland,
welches großentheils dürr und sandig ist. aber zwischen den weitgedehnten
Harzfichtenwäidern, welche es bedecken, auch fruchtbare Adern zeigt, die, wo
sie unbebaut sind, entweder grobes Gras und prächtige Blumen aller Art, oder
Laubhölzer, Eichen, Hickorybäume und süßduftende Magnolien tragen. Colum¬
bia liegt, da in den amerikanischen Republiken die Wahl der Hauptstädte meist
durch keine andere Rücksicht als die. möglichst genau die geographische Mitte
des Landes zu treffen, geleitet wird, in einer vollkommen unfruchtbaren Gegend,
die dem Auge nichts als unabsehbare Fichtenwälder bietet, und ist ein unbe¬
deutendes Oertchen an einem unbedeutenden Fluß, dem'Congaree. Wie bei
der Mehrzahl der amerikanischen Städte neueren Ursprungs sind die Straßen
schnurgerade, sehr breit und meist mit Bäumen besetzt, unter denen die pracht¬
volle Pride of Jndia am häufigsten ist. Unter den öffentlichen Gebäuden, zu
denen die Universität von Südcarolina gehört, ist nichts, was der Beschreibung
werth wäre. Im Uebrigen ist es eine saubere kleine Stadt, die sich sofort
als Wohnort einer höhern Klasse der Gesellschaft charakterisirt. Außer dem
Gouverneur und andern Oberbeamten des Staates haben auch viele Pflanzer,
deren Besitzungen in der Nähe sind, hier ihren wesentlichen Aufenthalt.

Von hier führt eine Eisenbahn, fast ohne Unterbrechung durch finstere Nadel¬
wälder laufend, nach der Mitte des Staates Georgia, der von Südcarolina
durch den Savannahstrcnn getrennt wird, und zwar zunächst nach dem hart
an der Grenze gelegnen Augusta, dann nach Milledgeville, der Hauptstadt
Georgias. Der Savannah, den wir bei Augusta auf einer Brücke überschrei¬
ten, ist ein trüber, langsam fließender Strom, -dessen User hier mit dichtem Wald
bewachsen sind, und dessen Tiefe gerade hinreicht, um eine Verbindung zwischen
Augusta und Savannah. der Haupthandelsstadt des Staates, vermittelst flach
gehender Dampfboote zu ermöglichen. Augusta liegt auf einem Hügel über
dein Flusse und hat etwa 12,000 Einwohner, von denen, wie in sast allen
dieser südlichen Städte und Städtchen, reichlich die Hälfte aus Negern besteht.
Die mit dem Strome parallel laufenden Hauptstraßen haben eine ungeheure


sie wieder auf 40,192 gefallen, was eine Abnahme um ö Procent ist, wäh¬
rend andere große Städte Nordamerikas in dieser Zeit durchschnittlich um 50,
sechs derselben sogar um 100, zwei um 200 Procent zugenommen haben.
1850 war Charleston seiner Bevölkerung nach die zehnte Stadt der Union,
jetzt ist sie die zwanzigste in der Reihe.

Wir begeben uns jetzt auf der Eisenbahn zunächst nach Columbia, der
Hauptstadt Südcarolinas, die etwas über hundert englische Meilen nordwest¬
lich von Charleston liegt. Die Eisenbahn hat auf den meisten Strecken nur
ein Gleis, und sie führt uns zunächst durch die öden Sumpfstrecken des Tide-
swamp. die von jeder Fluth mit Meerwasser bedeckt werden, dann durch etwas
höher gelegene Moräste, in denen Reis gebaut wird, dann in ein Hügelland,
welches großentheils dürr und sandig ist. aber zwischen den weitgedehnten
Harzfichtenwäidern, welche es bedecken, auch fruchtbare Adern zeigt, die, wo
sie unbebaut sind, entweder grobes Gras und prächtige Blumen aller Art, oder
Laubhölzer, Eichen, Hickorybäume und süßduftende Magnolien tragen. Colum¬
bia liegt, da in den amerikanischen Republiken die Wahl der Hauptstädte meist
durch keine andere Rücksicht als die. möglichst genau die geographische Mitte
des Landes zu treffen, geleitet wird, in einer vollkommen unfruchtbaren Gegend,
die dem Auge nichts als unabsehbare Fichtenwälder bietet, und ist ein unbe¬
deutendes Oertchen an einem unbedeutenden Fluß, dem'Congaree. Wie bei
der Mehrzahl der amerikanischen Städte neueren Ursprungs sind die Straßen
schnurgerade, sehr breit und meist mit Bäumen besetzt, unter denen die pracht¬
volle Pride of Jndia am häufigsten ist. Unter den öffentlichen Gebäuden, zu
denen die Universität von Südcarolina gehört, ist nichts, was der Beschreibung
werth wäre. Im Uebrigen ist es eine saubere kleine Stadt, die sich sofort
als Wohnort einer höhern Klasse der Gesellschaft charakterisirt. Außer dem
Gouverneur und andern Oberbeamten des Staates haben auch viele Pflanzer,
deren Besitzungen in der Nähe sind, hier ihren wesentlichen Aufenthalt.

Von hier führt eine Eisenbahn, fast ohne Unterbrechung durch finstere Nadel¬
wälder laufend, nach der Mitte des Staates Georgia, der von Südcarolina
durch den Savannahstrcnn getrennt wird, und zwar zunächst nach dem hart
an der Grenze gelegnen Augusta, dann nach Milledgeville, der Hauptstadt
Georgias. Der Savannah, den wir bei Augusta auf einer Brücke überschrei¬
ten, ist ein trüber, langsam fließender Strom, -dessen User hier mit dichtem Wald
bewachsen sind, und dessen Tiefe gerade hinreicht, um eine Verbindung zwischen
Augusta und Savannah. der Haupthandelsstadt des Staates, vermittelst flach
gehender Dampfboote zu ermöglichen. Augusta liegt auf einem Hügel über
dein Flusse und hat etwa 12,000 Einwohner, von denen, wie in sast allen
dieser südlichen Städte und Städtchen, reichlich die Hälfte aus Negern besteht.
Die mit dem Strome parallel laufenden Hauptstraßen haben eine ungeheure


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[0426] sie wieder auf 40,192 gefallen, was eine Abnahme um ö Procent ist, wäh¬ rend andere große Städte Nordamerikas in dieser Zeit durchschnittlich um 50, sechs derselben sogar um 100, zwei um 200 Procent zugenommen haben. 1850 war Charleston seiner Bevölkerung nach die zehnte Stadt der Union, jetzt ist sie die zwanzigste in der Reihe. Wir begeben uns jetzt auf der Eisenbahn zunächst nach Columbia, der Hauptstadt Südcarolinas, die etwas über hundert englische Meilen nordwest¬ lich von Charleston liegt. Die Eisenbahn hat auf den meisten Strecken nur ein Gleis, und sie führt uns zunächst durch die öden Sumpfstrecken des Tide- swamp. die von jeder Fluth mit Meerwasser bedeckt werden, dann durch etwas höher gelegene Moräste, in denen Reis gebaut wird, dann in ein Hügelland, welches großentheils dürr und sandig ist. aber zwischen den weitgedehnten Harzfichtenwäidern, welche es bedecken, auch fruchtbare Adern zeigt, die, wo sie unbebaut sind, entweder grobes Gras und prächtige Blumen aller Art, oder Laubhölzer, Eichen, Hickorybäume und süßduftende Magnolien tragen. Colum¬ bia liegt, da in den amerikanischen Republiken die Wahl der Hauptstädte meist durch keine andere Rücksicht als die. möglichst genau die geographische Mitte des Landes zu treffen, geleitet wird, in einer vollkommen unfruchtbaren Gegend, die dem Auge nichts als unabsehbare Fichtenwälder bietet, und ist ein unbe¬ deutendes Oertchen an einem unbedeutenden Fluß, dem'Congaree. Wie bei der Mehrzahl der amerikanischen Städte neueren Ursprungs sind die Straßen schnurgerade, sehr breit und meist mit Bäumen besetzt, unter denen die pracht¬ volle Pride of Jndia am häufigsten ist. Unter den öffentlichen Gebäuden, zu denen die Universität von Südcarolina gehört, ist nichts, was der Beschreibung werth wäre. Im Uebrigen ist es eine saubere kleine Stadt, die sich sofort als Wohnort einer höhern Klasse der Gesellschaft charakterisirt. Außer dem Gouverneur und andern Oberbeamten des Staates haben auch viele Pflanzer, deren Besitzungen in der Nähe sind, hier ihren wesentlichen Aufenthalt. Von hier führt eine Eisenbahn, fast ohne Unterbrechung durch finstere Nadel¬ wälder laufend, nach der Mitte des Staates Georgia, der von Südcarolina durch den Savannahstrcnn getrennt wird, und zwar zunächst nach dem hart an der Grenze gelegnen Augusta, dann nach Milledgeville, der Hauptstadt Georgias. Der Savannah, den wir bei Augusta auf einer Brücke überschrei¬ ten, ist ein trüber, langsam fließender Strom, -dessen User hier mit dichtem Wald bewachsen sind, und dessen Tiefe gerade hinreicht, um eine Verbindung zwischen Augusta und Savannah. der Haupthandelsstadt des Staates, vermittelst flach gehender Dampfboote zu ermöglichen. Augusta liegt auf einem Hügel über dein Flusse und hat etwa 12,000 Einwohner, von denen, wie in sast allen dieser südlichen Städte und Städtchen, reichlich die Hälfte aus Negern besteht. Die mit dem Strome parallel laufenden Hauptstraßen haben eine ungeheure

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/426>, abgerufen am 16.01.2025.