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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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ein dürres oder nasses Jahr. Waren die Eingeweide fehlerhaft, so mußte
ein anderes Thier geopfert werden und so oft mehre. Die neuen Consuln
warteten diese Ergebnisse nicht ab, sondern begaben sich nach Beendigung
der Opferccremonien sofort in die Senntssitznng, die ebenfalls auf dem Cn-
Pitole entweder im Tempel des Jupiter selbst oder dem einer andern Gott¬
heit abgehalten wurde. Hier wurden meist religiöse Gegenstände verhandelt,
z. B. die Feststellung des ladinischen Bundesfestes aus dem albanischen Berge,
jedoch auch die Lage des Staats, die Vertheilung der Provinzen, Krieg und
Frieden u. s. w. Vom Volke und dem Senate geleitet kehrten dann die
Consuln nach Hause zurück.

In der Kaiserzeit erweiterte sich diese einfache Feierlichkeit allmälig zu
einem solchen Gepränge, daß zwischen dem glanzvollen Festzuge am Neujahrs-
tage und dem damals selten gesehenen Triumphe nur ein geringer Unterschied
übrig blieb. Je mehr aber der äußere Flittcrputz stieg, desto ohnmächtiger
wurde das confularische Amt, und obgleich es bis in die letzten Zeiten des
weströmischen Reichs für die höchste Auszeichnung und Gunstbezeigung van
Seiten der Kaiser galt, so konnte durch seine Verleihung doch nur die Eitel¬
keit gekitzelt, ein falscher Ehrgeiz befriedigt werden, und als bei der wechseln¬
den Prachtliebe und Verschwendung der Kaiser und der dadurch bedingten
Verwöhnung des Publicums die Kosten des Konsulats eine immer kolossalere
Höhe erreichten (sie betrugen endlich 2000 Pfund Gold 57K.000 Thlr).,
führten Manchen die kaiserliche Gnade und der Glanz weniger Wochen (die
Amtsdauer verringerte sich bald ans zwei Monate) zum Bankerotte. -- Zu¬
erst wurde der Ehrendienst, welchen man den Consuln durch Beglückwünschung
und Begleitung den ersten Januar erwies, für die Bekannten desselben eure
^ehe lästige Pflicht. Die Consuln ließen bald förmliche Einladungen dazu er¬
gehen, und selbst in der Ferne war mau scrupulös in der Wahl der Ent¬
schuldigungsgründe. Der beredte Symmachus (unter Theodosius) fühlt sich so¬
gar von Frankreich aus verpflichtet, auf eine Einladung die Kürze der Tages¬
zeit, die strenge Kälte und den Mangel der PostVerbindung vorzuschützen; ein
anderes Mal eilt er deshalb von Rimini nach Rom. Ferner war es schon
v"r Trajans Zeit Sitte geworden, daß die Consuln die ihnen an ihrem
Ehrentage erwiesene Höflichkeit durch ein Geschenk zu vergelten suchten. Das
gewöhnliche Geldgeschenk war ein Goldstück, ein Louisdor an Werth. Der
Kaiser Gallienns hatte zu seiner Beglückwnnschung sogar das schöne Geschlecht
Ungeladen und war so galant, jeder Dame beim Handkusse vier'Goldstücke
geben. Außerdem werden aber noch silberne Schaalen oder Körbchen er-
""but und als allgemein gebräuchliche Gabe Notiztäfelchcn oder Diptycha.
Diese bestanden aus zwei elfenbeinernen Deckeln, welche innen mit Wachs
überzogen waren, außen aber in' Gold ausgelegt den Manier und das Bild-


ein dürres oder nasses Jahr. Waren die Eingeweide fehlerhaft, so mußte
ein anderes Thier geopfert werden und so oft mehre. Die neuen Consuln
warteten diese Ergebnisse nicht ab, sondern begaben sich nach Beendigung
der Opferccremonien sofort in die Senntssitznng, die ebenfalls auf dem Cn-
Pitole entweder im Tempel des Jupiter selbst oder dem einer andern Gott¬
heit abgehalten wurde. Hier wurden meist religiöse Gegenstände verhandelt,
z. B. die Feststellung des ladinischen Bundesfestes aus dem albanischen Berge,
jedoch auch die Lage des Staats, die Vertheilung der Provinzen, Krieg und
Frieden u. s. w. Vom Volke und dem Senate geleitet kehrten dann die
Consuln nach Hause zurück.

In der Kaiserzeit erweiterte sich diese einfache Feierlichkeit allmälig zu
einem solchen Gepränge, daß zwischen dem glanzvollen Festzuge am Neujahrs-
tage und dem damals selten gesehenen Triumphe nur ein geringer Unterschied
übrig blieb. Je mehr aber der äußere Flittcrputz stieg, desto ohnmächtiger
wurde das confularische Amt, und obgleich es bis in die letzten Zeiten des
weströmischen Reichs für die höchste Auszeichnung und Gunstbezeigung van
Seiten der Kaiser galt, so konnte durch seine Verleihung doch nur die Eitel¬
keit gekitzelt, ein falscher Ehrgeiz befriedigt werden, und als bei der wechseln¬
den Prachtliebe und Verschwendung der Kaiser und der dadurch bedingten
Verwöhnung des Publicums die Kosten des Konsulats eine immer kolossalere
Höhe erreichten (sie betrugen endlich 2000 Pfund Gold 57K.000 Thlr).,
führten Manchen die kaiserliche Gnade und der Glanz weniger Wochen (die
Amtsdauer verringerte sich bald ans zwei Monate) zum Bankerotte. — Zu¬
erst wurde der Ehrendienst, welchen man den Consuln durch Beglückwünschung
und Begleitung den ersten Januar erwies, für die Bekannten desselben eure
^ehe lästige Pflicht. Die Consuln ließen bald förmliche Einladungen dazu er¬
gehen, und selbst in der Ferne war mau scrupulös in der Wahl der Ent¬
schuldigungsgründe. Der beredte Symmachus (unter Theodosius) fühlt sich so¬
gar von Frankreich aus verpflichtet, auf eine Einladung die Kürze der Tages¬
zeit, die strenge Kälte und den Mangel der PostVerbindung vorzuschützen; ein
anderes Mal eilt er deshalb von Rimini nach Rom. Ferner war es schon
v»r Trajans Zeit Sitte geworden, daß die Consuln die ihnen an ihrem
Ehrentage erwiesene Höflichkeit durch ein Geschenk zu vergelten suchten. Das
gewöhnliche Geldgeschenk war ein Goldstück, ein Louisdor an Werth. Der
Kaiser Gallienns hatte zu seiner Beglückwnnschung sogar das schöne Geschlecht
Ungeladen und war so galant, jeder Dame beim Handkusse vier'Goldstücke
geben. Außerdem werden aber noch silberne Schaalen oder Körbchen er-
""but und als allgemein gebräuchliche Gabe Notiztäfelchcn oder Diptycha.
Diese bestanden aus zwei elfenbeinernen Deckeln, welche innen mit Wachs
überzogen waren, außen aber in' Gold ausgelegt den Manier und das Bild-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/39>, abgerufen am 23.07.2024.