Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.erhoben zu haben. Da brach das Jahr 1848 an. Man kannte in Wien die erhoben zu haben. Da brach das Jahr 1848 an. Man kannte in Wien die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111274"/> <p xml:id="ID_1288" prev="#ID_1287" next="#ID_1289"> erhoben zu haben. Da brach das Jahr 1848 an. Man kannte in Wien die<lb/> Stellung Tirols Italien gegenüber zu gut aus der Erfahrung der letzten Kriege,<lb/> um nicht Alles aufzubieten, seine Schützen zur Theilnahme am Krieg zu be¬<lb/> wegen. Es war aber wenig Lust zu spüren; man fragte sich, für was<lb/> und wen man kämpfen solle? Die Regierung schickte einen Erzherzog mit<lb/> schönen Versprechungen, aber nur Wenige hatten die Vergangenheit so weit<lb/> vergessen, daß sie ihm glauben konnten. Man wendete sich an den Klerus,<lb/> der das Haus Lothringen stets als den Hort des exclusiver Katholicismus be¬<lb/> trachtend nun Alles aufbot, die Compagnien zu bilden. Es gelang so<lb/> ziemlich, zumeist, weil man hoffte, die Herren in Wien würden endlich einen<lb/> Theil ihrer Versprechen erfüllen. Kaum war aber die Gefahr vorüber, so wurde<lb/> der Besen in den Winkel geworfen. Die Erfolge in Italien und Ungarn<lb/> steigerten das Selbstvertrauen zur Verblendung. Bajonnette und Maßregeln im<lb/> Stile des zweiten December sollten das Fundament des neuen Oestreich<lb/> werden, dem servile Seelen zu Wien und anderwärts, z. B. in Augsburg,<lb/> das Ostcrlicd sangen. Es ist nach jener Richtung gewiß bezeichnend», wenn<lb/> einem Innsbrucker Blättchen eine ernste Rüge zu Theil wurde, weil es Einiges<lb/> gegen den Cäsar an der Seine gesagt; in dieser, daß man östreichische Lite¬<lb/> raturgeschichten und biographische Lexika zu schreiben begann, wo Ungarn,<lb/> Deutsche, Italiener und Slaven wie Kraut und Rüben durcheinander lagen.<lb/> Auch Tirol sollte im Centralisationsmörser eingestampft werden. Die erste<lb/> Errungenschaft war die Erhöhung der alten und die Einführung neuer Steu¬<lb/> ern. Am schwersten drückten die Besitzvcründerungsgebühren, da Grund und<lb/> Boden hier sehr mit Schulden belastet ist. aus welche bei der Berechnung<lb/> der Procente keine Rücksicht genommen wurde. Zu dem ist der Preis der<lb/> Grundstücke in Tirol, als einem übervölkerten Lande, bereits weit über seinen<lb/> wahren Werth gestiegen, sie unterliegen daher der Speculation und einem<lb/> bestündigen Wechsel des Besitzes. So zahlte eine kleine Gemeinde in kurzer<lb/> Zeit bis 60,000 Fi. Gebühren. Diese Steuer zehrt nicht von den Früchten<lb/> des Baumes, sondern füllte ihn selbst, und ihrem Fortbestand wird man es<lb/> zu danken haben, wenn an Stelle der kleinen Bauern ein bäuerliches Proleta¬<lb/> riat tritt, namentlich im Oberinnthale, wo durch lange Sitte eine maßlose Z"'<lb/> splitterung des Bodens stattgreift, und im Etschlande, dessen Bauern durch die<lb/> Traubenkrankheit in die Gaut gerathen, während die wülschcn Bauern die Höfe<lb/> kaufen und nachdem sie den Boden bis zur Erschöpfung ausgesogen, ihn ärmliche»<lb/> Coloncn in Kleinpacht geben. Man sehe sich diese Gestalten bei Neumarkt,<lb/> Auer. Salurn, und Burgstall an und vergleiche sie mit den prächtigen denk'<lb/> sehen Bauern, von denen vielleicht in fünfzig Jahren nichts mehr als die<lb/> deutschen Namen der Höfe übrig sind. Diese waren die Vorhut Deutschlands<lb/> an der Marke Italiens und was hat die Regierung Oestreichs, das man an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
erhoben zu haben. Da brach das Jahr 1848 an. Man kannte in Wien die
Stellung Tirols Italien gegenüber zu gut aus der Erfahrung der letzten Kriege,
um nicht Alles aufzubieten, seine Schützen zur Theilnahme am Krieg zu be¬
wegen. Es war aber wenig Lust zu spüren; man fragte sich, für was
und wen man kämpfen solle? Die Regierung schickte einen Erzherzog mit
schönen Versprechungen, aber nur Wenige hatten die Vergangenheit so weit
vergessen, daß sie ihm glauben konnten. Man wendete sich an den Klerus,
der das Haus Lothringen stets als den Hort des exclusiver Katholicismus be¬
trachtend nun Alles aufbot, die Compagnien zu bilden. Es gelang so
ziemlich, zumeist, weil man hoffte, die Herren in Wien würden endlich einen
Theil ihrer Versprechen erfüllen. Kaum war aber die Gefahr vorüber, so wurde
der Besen in den Winkel geworfen. Die Erfolge in Italien und Ungarn
steigerten das Selbstvertrauen zur Verblendung. Bajonnette und Maßregeln im
Stile des zweiten December sollten das Fundament des neuen Oestreich
werden, dem servile Seelen zu Wien und anderwärts, z. B. in Augsburg,
das Ostcrlicd sangen. Es ist nach jener Richtung gewiß bezeichnend», wenn
einem Innsbrucker Blättchen eine ernste Rüge zu Theil wurde, weil es Einiges
gegen den Cäsar an der Seine gesagt; in dieser, daß man östreichische Lite¬
raturgeschichten und biographische Lexika zu schreiben begann, wo Ungarn,
Deutsche, Italiener und Slaven wie Kraut und Rüben durcheinander lagen.
Auch Tirol sollte im Centralisationsmörser eingestampft werden. Die erste
Errungenschaft war die Erhöhung der alten und die Einführung neuer Steu¬
ern. Am schwersten drückten die Besitzvcründerungsgebühren, da Grund und
Boden hier sehr mit Schulden belastet ist. aus welche bei der Berechnung
der Procente keine Rücksicht genommen wurde. Zu dem ist der Preis der
Grundstücke in Tirol, als einem übervölkerten Lande, bereits weit über seinen
wahren Werth gestiegen, sie unterliegen daher der Speculation und einem
bestündigen Wechsel des Besitzes. So zahlte eine kleine Gemeinde in kurzer
Zeit bis 60,000 Fi. Gebühren. Diese Steuer zehrt nicht von den Früchten
des Baumes, sondern füllte ihn selbst, und ihrem Fortbestand wird man es
zu danken haben, wenn an Stelle der kleinen Bauern ein bäuerliches Proleta¬
riat tritt, namentlich im Oberinnthale, wo durch lange Sitte eine maßlose Z"'
splitterung des Bodens stattgreift, und im Etschlande, dessen Bauern durch die
Traubenkrankheit in die Gaut gerathen, während die wülschcn Bauern die Höfe
kaufen und nachdem sie den Boden bis zur Erschöpfung ausgesogen, ihn ärmliche»
Coloncn in Kleinpacht geben. Man sehe sich diese Gestalten bei Neumarkt,
Auer. Salurn, und Burgstall an und vergleiche sie mit den prächtigen denk'
sehen Bauern, von denen vielleicht in fünfzig Jahren nichts mehr als die
deutschen Namen der Höfe übrig sind. Diese waren die Vorhut Deutschlands
an der Marke Italiens und was hat die Regierung Oestreichs, das man an
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