Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wir den edlen Hirsch suchen, alldort bei jener Linden, da wollen wir ihn fin¬
den, an dem Stechplan und bei den Birken, da wollen wir, so Gott will, den
edlen Hirsch zerwirken.

Nun setzt sich der Zur; in Bewegung, thutt sich, die Leithunde voran, in
verschiedene Trupps zur Vorsuche, verschwindet im Walde, wird wieder sicht¬
bar und taucht wieder in das grüne Dickicht zurück. Hundegebell und Peit¬
schenknall lassen sich bald nah bald fern vernehmen. Die Jäger geben sich
mit dem Hifthorn Signale, rufen einander zu, was sie gefunden, fragen und
antworten, immer in bestimmten Formen und stets in Reimen. Hetzen die Hunde
und stellen das Zeug. Hirsche treten vorsichtig aus dem Gehölz, schrecken zu¬
sammen und jagen mit zurückgelegten Geweihen, von der Meute verfolgt, in
ungeheuren Sätzen über den Plan, andere hinter ihnen her, bisweils" auch
ein Hase, mitunter ein Fuchs, der seinen Pelz zu retten sucht. Schüsse fallen.
Da und dort kniet ein Jäger über einem vererdenden Wild, um ihm den
Nickfang zu geben. Immer hastiger und wilder tummelt sich die Jagdlust,
aber die gereimte Jagdetiquctte hält Alles zu einem geordneten Ganzen, zu
einem vollkommnen Schauspiel zusammen.

Wir geben auch von diesen Monologen und Dialogen einige Proben.

Wenn der Jäger den Leithund faßt und mit ihm ausziehen will, so sagt
er zu ihm: Hin, hin, frisch und ritterlich! Der helle Tag scheint über dich.
Ho! ho! ho! ho! Trauter Gesell, hin, hin! -- Wenn er mit ihm auf die
Fährte eines Hirsches kommt, leitet er ihn mit folgender Rede zum Suchen
an: Fornahin (vorwärts), sornahin, fornahin, liebes Gesellchen, fornahin,
fornahin, fornahin, trauter Hund, fornahin! Fornahin, fornahin, daß dir
wohl geschehe und mir nimmer leid werde! Fornahin, fornahin, traut guter
Gesellmann, hinwieder laß uns sehen. -- Wenn die Führte des Hirsches dann
immer frischer wird, so daß man annehmen muß, er könne nicht fern mehr
stehen, redet der Jäger den Hund wieder an: Es wird schier Zeit, hin, hin.
Gesell, es wird schier Zeit. Du hast recht, trauter Hund, du hast recht. Da
kommt der edle Hirsch einher. Da hat er angerührt, Gesell, her, da hat er
angerührt. -- Sicht man darauf den Hirsch die Flucht ergreifen, so schreien
die Jägerbuben: Jun, jun, Jung, Hetze d' Hund her, Hetze fürder, die Jungen
zu den Alten und laß Gott walten. Hetze fürder, schenk Schirm und Schall,
und Hetze her die guten Hunde heut' all'. Ines, Hetze alle her. Ines, h^'
dem nach. Dann stößt der Jäger ins Horn und läuft hieraus mit der Meute
dem Wilde nach, wobei er. der bis jetzt schon die menschliche Sprache nach
Möglichkeit durch bloße Schallworte dem Verständniß seiner Rüden angepaßt-
mit allerlei Naturlauten -- dolz. dolz, dolz. do, ho, ho, da. ho. ho, da
u. s. w. -- das Gekläff der Hunde nachahmt, bis er wieder in menschliche
Rede zurückfällt.


wir den edlen Hirsch suchen, alldort bei jener Linden, da wollen wir ihn fin¬
den, an dem Stechplan und bei den Birken, da wollen wir, so Gott will, den
edlen Hirsch zerwirken.

Nun setzt sich der Zur; in Bewegung, thutt sich, die Leithunde voran, in
verschiedene Trupps zur Vorsuche, verschwindet im Walde, wird wieder sicht¬
bar und taucht wieder in das grüne Dickicht zurück. Hundegebell und Peit¬
schenknall lassen sich bald nah bald fern vernehmen. Die Jäger geben sich
mit dem Hifthorn Signale, rufen einander zu, was sie gefunden, fragen und
antworten, immer in bestimmten Formen und stets in Reimen. Hetzen die Hunde
und stellen das Zeug. Hirsche treten vorsichtig aus dem Gehölz, schrecken zu¬
sammen und jagen mit zurückgelegten Geweihen, von der Meute verfolgt, in
ungeheuren Sätzen über den Plan, andere hinter ihnen her, bisweils» auch
ein Hase, mitunter ein Fuchs, der seinen Pelz zu retten sucht. Schüsse fallen.
Da und dort kniet ein Jäger über einem vererdenden Wild, um ihm den
Nickfang zu geben. Immer hastiger und wilder tummelt sich die Jagdlust,
aber die gereimte Jagdetiquctte hält Alles zu einem geordneten Ganzen, zu
einem vollkommnen Schauspiel zusammen.

Wir geben auch von diesen Monologen und Dialogen einige Proben.

Wenn der Jäger den Leithund faßt und mit ihm ausziehen will, so sagt
er zu ihm: Hin, hin, frisch und ritterlich! Der helle Tag scheint über dich.
Ho! ho! ho! ho! Trauter Gesell, hin, hin! — Wenn er mit ihm auf die
Fährte eines Hirsches kommt, leitet er ihn mit folgender Rede zum Suchen
an: Fornahin (vorwärts), sornahin, fornahin, liebes Gesellchen, fornahin,
fornahin, fornahin, trauter Hund, fornahin! Fornahin, fornahin, daß dir
wohl geschehe und mir nimmer leid werde! Fornahin, fornahin, traut guter
Gesellmann, hinwieder laß uns sehen. — Wenn die Führte des Hirsches dann
immer frischer wird, so daß man annehmen muß, er könne nicht fern mehr
stehen, redet der Jäger den Hund wieder an: Es wird schier Zeit, hin, hin.
Gesell, es wird schier Zeit. Du hast recht, trauter Hund, du hast recht. Da
kommt der edle Hirsch einher. Da hat er angerührt, Gesell, her, da hat er
angerührt. — Sicht man darauf den Hirsch die Flucht ergreifen, so schreien
die Jägerbuben: Jun, jun, Jung, Hetze d' Hund her, Hetze fürder, die Jungen
zu den Alten und laß Gott walten. Hetze fürder, schenk Schirm und Schall,
und Hetze her die guten Hunde heut' all'. Ines, Hetze alle her. Ines, h^'
dem nach. Dann stößt der Jäger ins Horn und läuft hieraus mit der Meute
dem Wilde nach, wobei er. der bis jetzt schon die menschliche Sprache nach
Möglichkeit durch bloße Schallworte dem Verständniß seiner Rüden angepaßt-
mit allerlei Naturlauten — dolz. dolz, dolz. do, ho, ho, da. ho. ho, da
u. s. w. — das Gekläff der Hunde nachahmt, bis er wieder in menschliche
Rede zurückfällt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0352" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111246"/>
            <p xml:id="ID_1193" prev="#ID_1192"> wir den edlen Hirsch suchen, alldort bei jener Linden, da wollen wir ihn fin¬<lb/>
den, an dem Stechplan und bei den Birken, da wollen wir, so Gott will, den<lb/>
edlen Hirsch zerwirken.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1194"> Nun setzt sich der Zur; in Bewegung, thutt sich, die Leithunde voran, in<lb/>
verschiedene Trupps zur Vorsuche, verschwindet im Walde, wird wieder sicht¬<lb/>
bar und taucht wieder in das grüne Dickicht zurück. Hundegebell und Peit¬<lb/>
schenknall lassen sich bald nah bald fern vernehmen. Die Jäger geben sich<lb/>
mit dem Hifthorn Signale, rufen einander zu, was sie gefunden, fragen und<lb/>
antworten, immer in bestimmten Formen und stets in Reimen. Hetzen die Hunde<lb/>
und stellen das Zeug. Hirsche treten vorsichtig aus dem Gehölz, schrecken zu¬<lb/>
sammen und jagen mit zurückgelegten Geweihen, von der Meute verfolgt, in<lb/>
ungeheuren Sätzen über den Plan, andere hinter ihnen her, bisweils» auch<lb/>
ein Hase, mitunter ein Fuchs, der seinen Pelz zu retten sucht. Schüsse fallen.<lb/>
Da und dort kniet ein Jäger über einem vererdenden Wild, um ihm den<lb/>
Nickfang zu geben. Immer hastiger und wilder tummelt sich die Jagdlust,<lb/>
aber die gereimte Jagdetiquctte hält Alles zu einem geordneten Ganzen, zu<lb/>
einem vollkommnen Schauspiel zusammen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1195"> Wir geben auch von diesen Monologen und Dialogen einige Proben.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1196"> Wenn der Jäger den Leithund faßt und mit ihm ausziehen will, so sagt<lb/>
er zu ihm: Hin, hin, frisch und ritterlich! Der helle Tag scheint über dich.<lb/>
Ho! ho! ho! ho! Trauter Gesell, hin, hin! &#x2014; Wenn er mit ihm auf die<lb/>
Fährte eines Hirsches kommt, leitet er ihn mit folgender Rede zum Suchen<lb/>
an: Fornahin (vorwärts), sornahin, fornahin, liebes Gesellchen, fornahin,<lb/>
fornahin, fornahin, trauter Hund, fornahin! Fornahin, fornahin, daß dir<lb/>
wohl geschehe und mir nimmer leid werde! Fornahin, fornahin, traut guter<lb/>
Gesellmann, hinwieder laß uns sehen. &#x2014; Wenn die Führte des Hirsches dann<lb/>
immer frischer wird, so daß man annehmen muß, er könne nicht fern mehr<lb/>
stehen, redet der Jäger den Hund wieder an: Es wird schier Zeit, hin, hin.<lb/>
Gesell, es wird schier Zeit. Du hast recht, trauter Hund, du hast recht. Da<lb/>
kommt der edle Hirsch einher. Da hat er angerührt, Gesell, her, da hat er<lb/>
angerührt. &#x2014; Sicht man darauf den Hirsch die Flucht ergreifen, so schreien<lb/>
die Jägerbuben: Jun, jun, Jung, Hetze d' Hund her, Hetze fürder, die Jungen<lb/>
zu den Alten und laß Gott walten. Hetze fürder, schenk Schirm und Schall,<lb/>
und Hetze her die guten Hunde heut' all'. Ines, Hetze alle her. Ines, h^'<lb/>
dem nach. Dann stößt der Jäger ins Horn und läuft hieraus mit der Meute<lb/>
dem Wilde nach, wobei er. der bis jetzt schon die menschliche Sprache nach<lb/>
Möglichkeit durch bloße Schallworte dem Verständniß seiner Rüden angepaßt-<lb/>
mit allerlei Naturlauten &#x2014; dolz. dolz, dolz. do, ho, ho, da. ho. ho, da<lb/>
u. s. w. &#x2014; das Gekläff der Hunde nachahmt, bis er wieder in menschliche<lb/>
Rede zurückfällt.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0352] wir den edlen Hirsch suchen, alldort bei jener Linden, da wollen wir ihn fin¬ den, an dem Stechplan und bei den Birken, da wollen wir, so Gott will, den edlen Hirsch zerwirken. Nun setzt sich der Zur; in Bewegung, thutt sich, die Leithunde voran, in verschiedene Trupps zur Vorsuche, verschwindet im Walde, wird wieder sicht¬ bar und taucht wieder in das grüne Dickicht zurück. Hundegebell und Peit¬ schenknall lassen sich bald nah bald fern vernehmen. Die Jäger geben sich mit dem Hifthorn Signale, rufen einander zu, was sie gefunden, fragen und antworten, immer in bestimmten Formen und stets in Reimen. Hetzen die Hunde und stellen das Zeug. Hirsche treten vorsichtig aus dem Gehölz, schrecken zu¬ sammen und jagen mit zurückgelegten Geweihen, von der Meute verfolgt, in ungeheuren Sätzen über den Plan, andere hinter ihnen her, bisweils» auch ein Hase, mitunter ein Fuchs, der seinen Pelz zu retten sucht. Schüsse fallen. Da und dort kniet ein Jäger über einem vererdenden Wild, um ihm den Nickfang zu geben. Immer hastiger und wilder tummelt sich die Jagdlust, aber die gereimte Jagdetiquctte hält Alles zu einem geordneten Ganzen, zu einem vollkommnen Schauspiel zusammen. Wir geben auch von diesen Monologen und Dialogen einige Proben. Wenn der Jäger den Leithund faßt und mit ihm ausziehen will, so sagt er zu ihm: Hin, hin, frisch und ritterlich! Der helle Tag scheint über dich. Ho! ho! ho! ho! Trauter Gesell, hin, hin! — Wenn er mit ihm auf die Fährte eines Hirsches kommt, leitet er ihn mit folgender Rede zum Suchen an: Fornahin (vorwärts), sornahin, fornahin, liebes Gesellchen, fornahin, fornahin, fornahin, trauter Hund, fornahin! Fornahin, fornahin, daß dir wohl geschehe und mir nimmer leid werde! Fornahin, fornahin, traut guter Gesellmann, hinwieder laß uns sehen. — Wenn die Führte des Hirsches dann immer frischer wird, so daß man annehmen muß, er könne nicht fern mehr stehen, redet der Jäger den Hund wieder an: Es wird schier Zeit, hin, hin. Gesell, es wird schier Zeit. Du hast recht, trauter Hund, du hast recht. Da kommt der edle Hirsch einher. Da hat er angerührt, Gesell, her, da hat er angerührt. — Sicht man darauf den Hirsch die Flucht ergreifen, so schreien die Jägerbuben: Jun, jun, Jung, Hetze d' Hund her, Hetze fürder, die Jungen zu den Alten und laß Gott walten. Hetze fürder, schenk Schirm und Schall, und Hetze her die guten Hunde heut' all'. Ines, Hetze alle her. Ines, h^' dem nach. Dann stößt der Jäger ins Horn und läuft hieraus mit der Meute dem Wilde nach, wobei er. der bis jetzt schon die menschliche Sprache nach Möglichkeit durch bloße Schallworte dem Verständniß seiner Rüden angepaßt- mit allerlei Naturlauten — dolz. dolz, dolz. do, ho, ho, da. ho. ho, da u. s. w. — das Gekläff der Hunde nachahmt, bis er wieder in menschliche Rede zurückfällt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/352
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/352>, abgerufen am 22.07.2024.