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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Zeichen wohl benennt, woran man -- ho! ho! woll gut! -- den edlen
Hirsch erkennt.

So geht das Examen weiter, stets in Reimen. Der Meister fragt, woran
die Spur des Hirsches von der Fährte des Wildschweins zu unterscheiden,
absonderlich bei hartem Boden. Der Gesell antwortet: der edle Hirsch zeigt
in der. Fährte Ballen, die Sau nit, so hat die Sau^auch einen viel kürzern
Schritt, die Führt der Sau ist platt und vorn grad eingeschoben, des edlen
Hirsches aber gezwungen und erhoben. Ob sie an stumpfen Schalen lHnfen)
oftmals einander gleichen, so thut/die Sau doch nicht des edlen Hirsches
Zeichen. Der Meister will wissen, wie der Bursch die Spur des Wolfes von
der des Hundes unterscheidet, und derselbe erwidert: des Wolfes Fährt' ist
vorn gezwungen, länglich und schmal, des Hundes aber breiter, die Klauen
auseinander überall; so schnürt der Wolf gerade und fein, beim Hunde aber
wird's selten sein u. s. w.

Andre Fragen sind scherzhafte, bisweilen recht artige, mitunter auch ziem¬
lich schmutzige Räthsel. Wir geben von den artigen ein paar Beispiele:

Frage: Waidmann, lieber Waidmann hübsch und fein, was geht
hochwacht (stolz aufgerichtet) vor dem edlen Hirsch, von den Feldern gen
Holze ein?

Antwort: Das kann ich Dir wol sagen: Der helle Morgenstern, der
Schatten und der Athem sein geht vor dem edlen Hirsch gen Holze ein.

Fr.: Sag' mir an, lieber Waidmann: was macht den Wald weiß, was
macht den Wolf greif, was macht den See breit, woher kommt alle Klugheit?

Antw.: Das will ich Dir wol sagen schon: Der Schnee macht den Wald
weiß, das Alter macht den Wolf greif, das Wasser macht den See breit, von
schönen Jungfräulein kommt alle Klugheit.

Fr.: Waidemann, lieber Waidemann, sag' mir um: Was ist weißer denn
der Schnee, was ist grüner denn der Klee, schwärzer denn der Rab und klüger
denn der Jägersknab?

Antw.: Das kann ich Dir wol sagen: Der Tag ist weißer als der
Schnee, die Saat grüner als der Klee, die Nacht schwärzer als der Rab.
schöne Mädchen klüger als der Jägersknab.

Fr.: Waidemann, lieber Waidemann, sag' mir an, wovor muß sich hüten
der ute Waidemann?

Antw.: Lieber Waidemann, das kann ich Dir wol sagen an: Viel Worte
und Schwätzen tut den Waidemann sehr verleen.

Was für den Handwerker ein Convent. ein großes Jnnungsfest. ein öffent¬
licher Aufzug mit Fechtern und Masken und dem Tabernakel der Lade, was
für den Studenten ein Fuchs- oder Abschiedscommcrs war, das war für den
Jäger eine hohe Jagd mit ihrem Prunk. Wie dort genau vorgeschriebene


Zeichen wohl benennt, woran man — ho! ho! woll gut! — den edlen
Hirsch erkennt.

So geht das Examen weiter, stets in Reimen. Der Meister fragt, woran
die Spur des Hirsches von der Fährte des Wildschweins zu unterscheiden,
absonderlich bei hartem Boden. Der Gesell antwortet: der edle Hirsch zeigt
in der. Fährte Ballen, die Sau nit, so hat die Sau^auch einen viel kürzern
Schritt, die Führt der Sau ist platt und vorn grad eingeschoben, des edlen
Hirsches aber gezwungen und erhoben. Ob sie an stumpfen Schalen lHnfen)
oftmals einander gleichen, so thut/die Sau doch nicht des edlen Hirsches
Zeichen. Der Meister will wissen, wie der Bursch die Spur des Wolfes von
der des Hundes unterscheidet, und derselbe erwidert: des Wolfes Fährt' ist
vorn gezwungen, länglich und schmal, des Hundes aber breiter, die Klauen
auseinander überall; so schnürt der Wolf gerade und fein, beim Hunde aber
wird's selten sein u. s. w.

Andre Fragen sind scherzhafte, bisweilen recht artige, mitunter auch ziem¬
lich schmutzige Räthsel. Wir geben von den artigen ein paar Beispiele:

Frage: Waidmann, lieber Waidmann hübsch und fein, was geht
hochwacht (stolz aufgerichtet) vor dem edlen Hirsch, von den Feldern gen
Holze ein?

Antwort: Das kann ich Dir wol sagen: Der helle Morgenstern, der
Schatten und der Athem sein geht vor dem edlen Hirsch gen Holze ein.

Fr.: Sag' mir an, lieber Waidmann: was macht den Wald weiß, was
macht den Wolf greif, was macht den See breit, woher kommt alle Klugheit?

Antw.: Das will ich Dir wol sagen schon: Der Schnee macht den Wald
weiß, das Alter macht den Wolf greif, das Wasser macht den See breit, von
schönen Jungfräulein kommt alle Klugheit.

Fr.: Waidemann, lieber Waidemann, sag' mir um: Was ist weißer denn
der Schnee, was ist grüner denn der Klee, schwärzer denn der Rab und klüger
denn der Jägersknab?

Antw.: Das kann ich Dir wol sagen: Der Tag ist weißer als der
Schnee, die Saat grüner als der Klee, die Nacht schwärzer als der Rab.
schöne Mädchen klüger als der Jägersknab.

Fr.: Waidemann, lieber Waidemann, sag' mir an, wovor muß sich hüten
der ute Waidemann?

Antw.: Lieber Waidemann, das kann ich Dir wol sagen an: Viel Worte
und Schwätzen tut den Waidemann sehr verleen.

Was für den Handwerker ein Convent. ein großes Jnnungsfest. ein öffent¬
licher Aufzug mit Fechtern und Masken und dem Tabernakel der Lade, was
für den Studenten ein Fuchs- oder Abschiedscommcrs war, das war für den
Jäger eine hohe Jagd mit ihrem Prunk. Wie dort genau vorgeschriebene


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[0350] Zeichen wohl benennt, woran man — ho! ho! woll gut! — den edlen Hirsch erkennt. So geht das Examen weiter, stets in Reimen. Der Meister fragt, woran die Spur des Hirsches von der Fährte des Wildschweins zu unterscheiden, absonderlich bei hartem Boden. Der Gesell antwortet: der edle Hirsch zeigt in der. Fährte Ballen, die Sau nit, so hat die Sau^auch einen viel kürzern Schritt, die Führt der Sau ist platt und vorn grad eingeschoben, des edlen Hirsches aber gezwungen und erhoben. Ob sie an stumpfen Schalen lHnfen) oftmals einander gleichen, so thut/die Sau doch nicht des edlen Hirsches Zeichen. Der Meister will wissen, wie der Bursch die Spur des Wolfes von der des Hundes unterscheidet, und derselbe erwidert: des Wolfes Fährt' ist vorn gezwungen, länglich und schmal, des Hundes aber breiter, die Klauen auseinander überall; so schnürt der Wolf gerade und fein, beim Hunde aber wird's selten sein u. s. w. Andre Fragen sind scherzhafte, bisweilen recht artige, mitunter auch ziem¬ lich schmutzige Räthsel. Wir geben von den artigen ein paar Beispiele: Frage: Waidmann, lieber Waidmann hübsch und fein, was geht hochwacht (stolz aufgerichtet) vor dem edlen Hirsch, von den Feldern gen Holze ein? Antwort: Das kann ich Dir wol sagen: Der helle Morgenstern, der Schatten und der Athem sein geht vor dem edlen Hirsch gen Holze ein. Fr.: Sag' mir an, lieber Waidmann: was macht den Wald weiß, was macht den Wolf greif, was macht den See breit, woher kommt alle Klugheit? Antw.: Das will ich Dir wol sagen schon: Der Schnee macht den Wald weiß, das Alter macht den Wolf greif, das Wasser macht den See breit, von schönen Jungfräulein kommt alle Klugheit. Fr.: Waidemann, lieber Waidemann, sag' mir um: Was ist weißer denn der Schnee, was ist grüner denn der Klee, schwärzer denn der Rab und klüger denn der Jägersknab? Antw.: Das kann ich Dir wol sagen: Der Tag ist weißer als der Schnee, die Saat grüner als der Klee, die Nacht schwärzer als der Rab. schöne Mädchen klüger als der Jägersknab. Fr.: Waidemann, lieber Waidemann, sag' mir an, wovor muß sich hüten der ute Waidemann? Antw.: Lieber Waidemann, das kann ich Dir wol sagen an: Viel Worte und Schwätzen tut den Waidemann sehr verleen. Was für den Handwerker ein Convent. ein großes Jnnungsfest. ein öffent¬ licher Aufzug mit Fechtern und Masken und dem Tabernakel der Lade, was für den Studenten ein Fuchs- oder Abschiedscommcrs war, das war für den Jäger eine hohe Jagd mit ihrem Prunk. Wie dort genau vorgeschriebene

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/350>, abgerufen am 22.07.2024.