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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Die Kammerwahlen z. B. haben die Einwohner bestimmter Bezirke einander
bereits näher gebracht, sicher sind in. jedem mehre wohlbekannte und thätige
Männer, welche sich in einem begrenzten Kreise der Verbreitung bestimmter
Ideen, dem Sammeln von Beiträgen unterziehn würden. Es kann keine
große Schwierigkeit machen, durch einfache mündliche Verabredung einen Zu¬
sammenhang in diese Kräfte zu bringen, wenn es wünschenswerth wird,
eine Adresse zu erlassen, ein patriotisches Unternehmen zu fördern, nach einem
gewissen Plan Zusammenkünfte zu bewirken. Gern hätten wir Deutsche in
den letzten Monaten zuweilen die Stimme der berliner Patrioten vernommen
und für alle solche Angelegenheiten, wie Einsammlung von Beiträgen für
die Schleswig-Holsteiner, wie die erwähnten Denkmalsangelegenheiten,
wäre Berlin bei einer gewissen einfachen Organisation nach Bezirken im
Stande gewesen, seine Schuldigkeit in ganz andrer Weise zu thun, als bis
jetzt geschehen ist. Dieses Einvernehmen und Zusammenwirken der Gleich¬
gesinnten wird der nächste bedeutende Fortschritt sein, welchen Berlin zu machen
hat. Er würde Tausenden die Empfindung der Isolirtheit nehmen, er würde
dem gesammten politischen Leben der Stadt in kurzem ein anderes Aussehn
geben, er allein würde die Wiederkehr einer Willkürherrschaft, wie Berlin dieselbe
Jahrelang unrühmlich ertragen hat, unmöglich machen. Es ist dabei keine
G. Fr. übergroße Schwierigkeit zu besiegen.




Der NcujalMllg im alten Rom.

Wie andere Völker des Alterthums, feierten auch die alten Römer -das
Fest der Wintersonnenwende in fröhlicher und heiterer Weise, als die Zeit,
wo die menschliche Brust nach längerer Verkürzung und Beschränkung des Tagcs-


sen. Es freut, Beispiele anzuführen. Für das Arndt-Denkmal in Bonn sind hier ohne große
Mühe mehr als 3,000 Thaler gesammelt worden, an festen Beiträgen werden von hier jähr¬
lich 1000 Thaler an die Schleswig-holsteinsche Untcrstüizungskasse abgeliefert, Als im letzten
Winter eine arme Frau aus einer benachbarten Stadt im Schnee verunglückt war und die
Fähigkeit verloren hatte, durch Arbeit ihr Leben zu fristen, forderte ein geachteter Arzt im
Tageblatt zu milden Beiträgen auf; nach wenig Tagen waren 700 Thaler eingegangen, und
als er darauf erklärte, dies sei nicht genügend, er brauche tausend Thaler, war den Tag darauf
die Summe zusammengeschossen, Und Leipzig ist nicht den sechste" Theil so groß als Berlin.

Die Kammerwahlen z. B. haben die Einwohner bestimmter Bezirke einander
bereits näher gebracht, sicher sind in. jedem mehre wohlbekannte und thätige
Männer, welche sich in einem begrenzten Kreise der Verbreitung bestimmter
Ideen, dem Sammeln von Beiträgen unterziehn würden. Es kann keine
große Schwierigkeit machen, durch einfache mündliche Verabredung einen Zu¬
sammenhang in diese Kräfte zu bringen, wenn es wünschenswerth wird,
eine Adresse zu erlassen, ein patriotisches Unternehmen zu fördern, nach einem
gewissen Plan Zusammenkünfte zu bewirken. Gern hätten wir Deutsche in
den letzten Monaten zuweilen die Stimme der berliner Patrioten vernommen
und für alle solche Angelegenheiten, wie Einsammlung von Beiträgen für
die Schleswig-Holsteiner, wie die erwähnten Denkmalsangelegenheiten,
wäre Berlin bei einer gewissen einfachen Organisation nach Bezirken im
Stande gewesen, seine Schuldigkeit in ganz andrer Weise zu thun, als bis
jetzt geschehen ist. Dieses Einvernehmen und Zusammenwirken der Gleich¬
gesinnten wird der nächste bedeutende Fortschritt sein, welchen Berlin zu machen
hat. Er würde Tausenden die Empfindung der Isolirtheit nehmen, er würde
dem gesammten politischen Leben der Stadt in kurzem ein anderes Aussehn
geben, er allein würde die Wiederkehr einer Willkürherrschaft, wie Berlin dieselbe
Jahrelang unrühmlich ertragen hat, unmöglich machen. Es ist dabei keine
G. Fr. übergroße Schwierigkeit zu besiegen.




Der NcujalMllg im alten Rom.

Wie andere Völker des Alterthums, feierten auch die alten Römer -das
Fest der Wintersonnenwende in fröhlicher und heiterer Weise, als die Zeit,
wo die menschliche Brust nach längerer Verkürzung und Beschränkung des Tagcs-


sen. Es freut, Beispiele anzuführen. Für das Arndt-Denkmal in Bonn sind hier ohne große
Mühe mehr als 3,000 Thaler gesammelt worden, an festen Beiträgen werden von hier jähr¬
lich 1000 Thaler an die Schleswig-holsteinsche Untcrstüizungskasse abgeliefert, Als im letzten
Winter eine arme Frau aus einer benachbarten Stadt im Schnee verunglückt war und die
Fähigkeit verloren hatte, durch Arbeit ihr Leben zu fristen, forderte ein geachteter Arzt im
Tageblatt zu milden Beiträgen auf; nach wenig Tagen waren 700 Thaler eingegangen, und
als er darauf erklärte, dies sei nicht genügend, er brauche tausend Thaler, war den Tag darauf
die Summe zusammengeschossen, Und Leipzig ist nicht den sechste» Theil so groß als Berlin.
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[0034] Die Kammerwahlen z. B. haben die Einwohner bestimmter Bezirke einander bereits näher gebracht, sicher sind in. jedem mehre wohlbekannte und thätige Männer, welche sich in einem begrenzten Kreise der Verbreitung bestimmter Ideen, dem Sammeln von Beiträgen unterziehn würden. Es kann keine große Schwierigkeit machen, durch einfache mündliche Verabredung einen Zu¬ sammenhang in diese Kräfte zu bringen, wenn es wünschenswerth wird, eine Adresse zu erlassen, ein patriotisches Unternehmen zu fördern, nach einem gewissen Plan Zusammenkünfte zu bewirken. Gern hätten wir Deutsche in den letzten Monaten zuweilen die Stimme der berliner Patrioten vernommen und für alle solche Angelegenheiten, wie Einsammlung von Beiträgen für die Schleswig-Holsteiner, wie die erwähnten Denkmalsangelegenheiten, wäre Berlin bei einer gewissen einfachen Organisation nach Bezirken im Stande gewesen, seine Schuldigkeit in ganz andrer Weise zu thun, als bis jetzt geschehen ist. Dieses Einvernehmen und Zusammenwirken der Gleich¬ gesinnten wird der nächste bedeutende Fortschritt sein, welchen Berlin zu machen hat. Er würde Tausenden die Empfindung der Isolirtheit nehmen, er würde dem gesammten politischen Leben der Stadt in kurzem ein anderes Aussehn geben, er allein würde die Wiederkehr einer Willkürherrschaft, wie Berlin dieselbe Jahrelang unrühmlich ertragen hat, unmöglich machen. Es ist dabei keine G. Fr. übergroße Schwierigkeit zu besiegen. Der NcujalMllg im alten Rom. Wie andere Völker des Alterthums, feierten auch die alten Römer -das Fest der Wintersonnenwende in fröhlicher und heiterer Weise, als die Zeit, wo die menschliche Brust nach längerer Verkürzung und Beschränkung des Tagcs- sen. Es freut, Beispiele anzuführen. Für das Arndt-Denkmal in Bonn sind hier ohne große Mühe mehr als 3,000 Thaler gesammelt worden, an festen Beiträgen werden von hier jähr¬ lich 1000 Thaler an die Schleswig-holsteinsche Untcrstüizungskasse abgeliefert, Als im letzten Winter eine arme Frau aus einer benachbarten Stadt im Schnee verunglückt war und die Fähigkeit verloren hatte, durch Arbeit ihr Leben zu fristen, forderte ein geachteter Arzt im Tageblatt zu milden Beiträgen auf; nach wenig Tagen waren 700 Thaler eingegangen, und als er darauf erklärte, dies sei nicht genügend, er brauche tausend Thaler, war den Tag darauf die Summe zusammengeschossen, Und Leipzig ist nicht den sechste» Theil so groß als Berlin.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/34>, abgerufen am 22.07.2024.