Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.uns dann zu den östlichen Absenkern des Baumes, zu den niederrheinischen Franken, Bulwers dramatische Werke. Leipzig in der Tauchnitzer Ausgabe. (Lvl- uns dann zu den östlichen Absenkern des Baumes, zu den niederrheinischen Franken, Bulwers dramatische Werke. Leipzig in der Tauchnitzer Ausgabe. (Lvl- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0329" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111223"/> <p xml:id="ID_1107" prev="#ID_1106"> uns dann zu den östlichen Absenkern des Baumes, zu den niederrheinischen Franken,<lb/> zu den Niederländern und den Hessen. Wir folgen dem Mecklenburger, dem Bran¬<lb/> denburger, dem Pommern, dem Deutschen in Ost- und Westpreußen, in Livland<lb/> und Kurland durch die verschiedenen Stadien seiner Entwicklung zu dem, was er<lb/> heute ist, und betrachten dann in gleicher Weise die zwischen Rhein, Maas nuk'<lb/> Scheide angesiedelten Deutschen. Jede dieser Zeichnungen beginnt mit einem kurzen<lb/> Abriß der ältesten Geschichte des betreffenden Landstriches und endigt mit einer<lb/> Charakteristik dessen, als was der Stamm sich jetzt darstellt, und einem Uebcrblici<lb/> über das Kontingent, das er für die deutsche Kunst,. Wissenschaft und Poesie ge¬<lb/> stellt hat. So ist das Ganze ein kunstvoll geordneter Organismus, der uns nicht<lb/> blos den großen Baum des deutschen Volksthums von der Wurzel bis hinauf zu<lb/> den Früchten in den einzelnen Zweigen, sondern zugleich das Leben und Weben der<lb/> Dryade darin, das Aufsteigen der Säfte, das Wurzelschlagcn, das Emporstrebe»<lb/> des Stammes, die Bedingungen, nach denen sich feine Aeste ausbreiten und seine<lb/> Blatter sich ansetzen und das Reifen der Blüthe zur Frucht zeigt. Indem wir n»s<lb/> vorbehalten, durch einen Ausschnitt aus dem ersten Bande ein Beispiel für die Art<lb/> und Weise zu geben, wie das Einzelne behandelt ist, empfehlen wir das Werk, als<lb/> ein nicht blos für Gelehrte, sondern zugleich für den größer» Kreis der Gebildeten<lb/> geeignetes, allen Freunden deutscher Art und Sitte angelegentlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1108" next="#ID_1109"> Bulwers dramatische Werke. Leipzig in der Tauchnitzer Ausgabe. (Lvl-<lb/> leotion ot britisli ^utliors, Band 131—32) — In der Romanlitcratur des l9.<lb/> Jahrhunderts müssen die übrigen Völker Europas den Engländern entschieden den<lb/> Preis zugestehn! es gibt keine Richtung derselben, die in England nicht den aus¬<lb/> gezeichnetsten Vertreter fände, und trotz der ungeheuern Production scheint sich die<lb/> Ichöpfcrische Kraft in dieser Beziehung noch nicht geschwächt zu haben. Fast alle<lb/> drei Jahre oder noch häufiger erscheint ein Roman, der durch den Continent geht,<lb/> und dem nicht blos das gewöhnliche Lcsepublicum, sondern auch der wahre Kunst¬<lb/> freund tiefere Blicke in die Natur des menschlichen Herzens verdankt. Mit dem<lb/> Theater ist es nicht so. Wir wollen nicht sagen, daß die einzelnen Talente in<lb/> England schwächer wären als in Deutschland oder Frankreich. Aber die Richtung<lb/> ihrer Kunst ist gänzlich undramatisch. Es ist überhaupt ein Problem, das wol<lb/> einmal gründlicher überlegt werden könnte, woher es kommt, daß die am wenig¬<lb/> sten dramatische Nation den größten dramatischen Dichter hervorgebracht hat,<lb/> während bei den Franzosen, der am meisten dramatischen Nation Europas, sich<lb/> ^in einziger Dramendichter bis zu r ersten Reihe der Weltliteratur erhoben hat. Von den<lb/> Trnnzosen konnte man sagen, daß sie durchweg geborene Schauspieler sind , ihr Ge><lb/> sprach, sa die gewöhnlichsten Handlungen ihres Lebens sind aus Wirkung berech¬<lb/> net; diese Wirkung wird stets erreicht und mit innerem Behagen empfunden. Die<lb/> "uttelmäßigsten französischen Theaterdichter wissen, was zum Drama gehört; sie ex-<lb/> poniren deutlich, führen die Handlungrasch und entschieden vorwärts, und der Kern<lb/> des Ganzen, mag er nun faul oder gesund sein, wird jedem offenbar. Bei den eng¬<lb/> lischen Dramatikern dagegen wird sehr viel gemalt und charakterisirt, an Reflexionen<lb/> und Empfindungen ist kein Mangel, aber die Handlung schleicht trüge vorwärts,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0329]
uns dann zu den östlichen Absenkern des Baumes, zu den niederrheinischen Franken,
zu den Niederländern und den Hessen. Wir folgen dem Mecklenburger, dem Bran¬
denburger, dem Pommern, dem Deutschen in Ost- und Westpreußen, in Livland
und Kurland durch die verschiedenen Stadien seiner Entwicklung zu dem, was er
heute ist, und betrachten dann in gleicher Weise die zwischen Rhein, Maas nuk'
Scheide angesiedelten Deutschen. Jede dieser Zeichnungen beginnt mit einem kurzen
Abriß der ältesten Geschichte des betreffenden Landstriches und endigt mit einer
Charakteristik dessen, als was der Stamm sich jetzt darstellt, und einem Uebcrblici
über das Kontingent, das er für die deutsche Kunst,. Wissenschaft und Poesie ge¬
stellt hat. So ist das Ganze ein kunstvoll geordneter Organismus, der uns nicht
blos den großen Baum des deutschen Volksthums von der Wurzel bis hinauf zu
den Früchten in den einzelnen Zweigen, sondern zugleich das Leben und Weben der
Dryade darin, das Aufsteigen der Säfte, das Wurzelschlagcn, das Emporstrebe»
des Stammes, die Bedingungen, nach denen sich feine Aeste ausbreiten und seine
Blatter sich ansetzen und das Reifen der Blüthe zur Frucht zeigt. Indem wir n»s
vorbehalten, durch einen Ausschnitt aus dem ersten Bande ein Beispiel für die Art
und Weise zu geben, wie das Einzelne behandelt ist, empfehlen wir das Werk, als
ein nicht blos für Gelehrte, sondern zugleich für den größer» Kreis der Gebildeten
geeignetes, allen Freunden deutscher Art und Sitte angelegentlich.
Bulwers dramatische Werke. Leipzig in der Tauchnitzer Ausgabe. (Lvl-
leotion ot britisli ^utliors, Band 131—32) — In der Romanlitcratur des l9.
Jahrhunderts müssen die übrigen Völker Europas den Engländern entschieden den
Preis zugestehn! es gibt keine Richtung derselben, die in England nicht den aus¬
gezeichnetsten Vertreter fände, und trotz der ungeheuern Production scheint sich die
Ichöpfcrische Kraft in dieser Beziehung noch nicht geschwächt zu haben. Fast alle
drei Jahre oder noch häufiger erscheint ein Roman, der durch den Continent geht,
und dem nicht blos das gewöhnliche Lcsepublicum, sondern auch der wahre Kunst¬
freund tiefere Blicke in die Natur des menschlichen Herzens verdankt. Mit dem
Theater ist es nicht so. Wir wollen nicht sagen, daß die einzelnen Talente in
England schwächer wären als in Deutschland oder Frankreich. Aber die Richtung
ihrer Kunst ist gänzlich undramatisch. Es ist überhaupt ein Problem, das wol
einmal gründlicher überlegt werden könnte, woher es kommt, daß die am wenig¬
sten dramatische Nation den größten dramatischen Dichter hervorgebracht hat,
während bei den Franzosen, der am meisten dramatischen Nation Europas, sich
^in einziger Dramendichter bis zu r ersten Reihe der Weltliteratur erhoben hat. Von den
Trnnzosen konnte man sagen, daß sie durchweg geborene Schauspieler sind , ihr Ge>
sprach, sa die gewöhnlichsten Handlungen ihres Lebens sind aus Wirkung berech¬
net; diese Wirkung wird stets erreicht und mit innerem Behagen empfunden. Die
"uttelmäßigsten französischen Theaterdichter wissen, was zum Drama gehört; sie ex-
poniren deutlich, führen die Handlungrasch und entschieden vorwärts, und der Kern
des Ganzen, mag er nun faul oder gesund sein, wird jedem offenbar. Bei den eng¬
lischen Dramatikern dagegen wird sehr viel gemalt und charakterisirt, an Reflexionen
und Empfindungen ist kein Mangel, aber die Handlung schleicht trüge vorwärts,
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