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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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herabgefallen waren. Nachdem er gestorben, spukte er im Wende als grüner
Jäger mit Gewehr, Ranzen und Hund sogar am lichten Tage, bis ihn der
Schinder in einen Sack beschwor, der in eine Bergschlucht festgebannt wurde.

. Wie in allen Wissenschaften und Künsten, so finden sich auch in der hölli¬
schen Waidmaunskuust. wie unser alter Förster sagt, solche die stärker und
solche die schwächer sind. Da wohnte zum Beispiel bei Bieblis in Hessen ein
alter Wildfrevler, den die Forstbedientcn trotz aller Mühe, die sie sich gaben,
durchaus nicht zu sangen vermochten. Das ging aber nicht mit rechten Dinge"
zu. Eines Abend waren ihm vier Jäger so nahe gekommen, daß sie sicher
zu sein glaubten, ihn diesmal zu fassen. Da verwandelte er sich wenige
Schritte vor ihnen plötzlich in einen Schneißenblvck. Die Verfolger meinten,
er sei dennoch entkommen, und indem sie an dem Block stehend sich beriethen,
welche Richtung er wol genommen haben möge, klopfte einer von ihnen sogar
seine Pfeife an dem Schneißenblvck aus. Dieser Jäger ging am nächsten Tage
allein durch den Wald, da begegnete ihm der Wilddieb, grüßte und sprach
dann: "das war aber doch nicht hübsch von dir, daß du gestern deine Pfeife
an meiner Nase ausgeklopft hast; sie thut mir heute noch weh davon." Zu¬
gleich erinnerte er denselben an die Reden, die er bei jener Gelegenheit an
dem Block mit den andern geführt hatte. Als jener das hörte, lief er so
schnell ihn seine Beine tragen konnten, davon; denn er merkte jetzt, daß er
es mit einem Hexenmeister zu thun hatte.

So war da serner im Münsterland ein Edelmann, der große Forsten be¬
saß, aber keinen Förster behalten konnte. Sobald ein solcher bei ihm an¬
getreten war und zum ersten Mal in den Wald ging, wurde er, man wußte
nicht von wem, erschossen, und zwar befand sich die Wunde stets in der Stirn.
Nachdem auf diese Art drei oder vier Förster umgekommen waren, wollte es
Niemand mehr mit der Stelle wagen, und so blieb der Wald ohne Aufsicht,
bis sich endlich ein wandernder Jäger meldete, der ganz so aussah, als fürchte
er weder Gott noch den Teufel. Der Edelmann sagte ihm ehrlich, daß es
hier nicht geheuer sei. Der Waidmann aber meinte, er wolle es^nrauf wa¬
gen, er mache sich nichts aus dem unsichtbaren Schützen, hätte auch Jüg^
stücklein gelernt und für deu, der ihm ans Leben wolle, auch eine gewisse
Kugel im Rohr und werde darum getrost den Dienst übernehmen. Das ge¬
schah denn nun, und am andern Tage versammelte der Edelmann "rehrc
Jagdgcsellen, um deu neuen Förster bei seinem ersten Gange in den Wa>d
zu begleiten. Und wie es früher geschehen, so kam es jetzt auch. Sie waren
kaum in den Wald getreten, so knallte in der Ferne ein Schuß. Aber "n
selben Augenblick warf der Jäger seinen Hut in die Höhe, und siehe da, w>e
er niederfiel, bemerkte man, daß er von einer Kugel genau an der Ste
durchbohrt war, wo er auf der Stirn aufgesessen hatte. "Jetzt bin ich an der


herabgefallen waren. Nachdem er gestorben, spukte er im Wende als grüner
Jäger mit Gewehr, Ranzen und Hund sogar am lichten Tage, bis ihn der
Schinder in einen Sack beschwor, der in eine Bergschlucht festgebannt wurde.

. Wie in allen Wissenschaften und Künsten, so finden sich auch in der hölli¬
schen Waidmaunskuust. wie unser alter Förster sagt, solche die stärker und
solche die schwächer sind. Da wohnte zum Beispiel bei Bieblis in Hessen ein
alter Wildfrevler, den die Forstbedientcn trotz aller Mühe, die sie sich gaben,
durchaus nicht zu sangen vermochten. Das ging aber nicht mit rechten Dinge»
zu. Eines Abend waren ihm vier Jäger so nahe gekommen, daß sie sicher
zu sein glaubten, ihn diesmal zu fassen. Da verwandelte er sich wenige
Schritte vor ihnen plötzlich in einen Schneißenblvck. Die Verfolger meinten,
er sei dennoch entkommen, und indem sie an dem Block stehend sich beriethen,
welche Richtung er wol genommen haben möge, klopfte einer von ihnen sogar
seine Pfeife an dem Schneißenblvck aus. Dieser Jäger ging am nächsten Tage
allein durch den Wald, da begegnete ihm der Wilddieb, grüßte und sprach
dann: „das war aber doch nicht hübsch von dir, daß du gestern deine Pfeife
an meiner Nase ausgeklopft hast; sie thut mir heute noch weh davon." Zu¬
gleich erinnerte er denselben an die Reden, die er bei jener Gelegenheit an
dem Block mit den andern geführt hatte. Als jener das hörte, lief er so
schnell ihn seine Beine tragen konnten, davon; denn er merkte jetzt, daß er
es mit einem Hexenmeister zu thun hatte.

So war da serner im Münsterland ein Edelmann, der große Forsten be¬
saß, aber keinen Förster behalten konnte. Sobald ein solcher bei ihm an¬
getreten war und zum ersten Mal in den Wald ging, wurde er, man wußte
nicht von wem, erschossen, und zwar befand sich die Wunde stets in der Stirn.
Nachdem auf diese Art drei oder vier Förster umgekommen waren, wollte es
Niemand mehr mit der Stelle wagen, und so blieb der Wald ohne Aufsicht,
bis sich endlich ein wandernder Jäger meldete, der ganz so aussah, als fürchte
er weder Gott noch den Teufel. Der Edelmann sagte ihm ehrlich, daß es
hier nicht geheuer sei. Der Waidmann aber meinte, er wolle es^nrauf wa¬
gen, er mache sich nichts aus dem unsichtbaren Schützen, hätte auch Jüg^
stücklein gelernt und für deu, der ihm ans Leben wolle, auch eine gewisse
Kugel im Rohr und werde darum getrost den Dienst übernehmen. Das ge¬
schah denn nun, und am andern Tage versammelte der Edelmann »rehrc
Jagdgcsellen, um deu neuen Förster bei seinem ersten Gange in den Wa>d
zu begleiten. Und wie es früher geschehen, so kam es jetzt auch. Sie waren
kaum in den Wald getreten, so knallte in der Ferne ein Schuß. Aber «n
selben Augenblick warf der Jäger seinen Hut in die Höhe, und siehe da, w>e
er niederfiel, bemerkte man, daß er von einer Kugel genau an der Ste
durchbohrt war, wo er auf der Stirn aufgesessen hatte. „Jetzt bin ich an der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/312>, abgerufen am 27.08.2024.