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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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vier Loth Schießpulver, das zuvor mit Branntwein angefeuchtet und wieder
getrocknet worden ist, schüttet noch ein wenig zerstoßenes Hnndsbein hinzu und
gewinnt damit ein Pulver, das ohne Knall wie eine Windbüchse wirkt. Oder
man mischt Büchsenpulver mit Schwcfelstaub, Wurmmehl und dem Blut eines
junge" Böcklcins, was dieselbe Wirkung hat.

Die Miniebüchse trägt an tausend Schritt, die verbesserte Enfieldbüchse
noch weiter. Unsern alte" Waidmann würde das nicht Wunder nehmen. Er
hat von einem vorüberreisenden Jägerburschen ein Recept zu einer Komposi¬
tion gehört, welche die Kugel noch viel weiter treibt. "Nimm Salpeter,
destillire ihn zu Wasser und den Schwefel zu Oel. das Salmiak auch zu
Wasser. Nimm Oleum Benedictum nach dem Gewicht. Dieses zusammen
vermischt mit sechs Theilen Salpeterwasser, zwei Theilen Schwefel, drei Thei¬
len Ammoniak und zwei Theilen Oleum Benedictum. Lade die Flinte mit
Loth, gieße den zehnten Theil des Wassers hinein und zünde es behende an,
so geht der Schuß auf dreitausend Schritt."

Um sicher zu schießen, gießt unser Freund seine Kugeln, wenn die Sonne
in den Schützen getreten ist. was im November zu geschehen pflegt, oder auch,
wenn der Mond den Schützen berührt, d. h. wenn im Kalender der Schütze
drei Tage auf einander steht. Hierzu gehören folgende merkwürdige Hand¬
griffe-, man sticht oder schneidet an solchen Tagen Mittags in der zwölften
Stunde solche Kalenderzeichen heraus und thut beim Kugelgießen allemal eins
davon in das Modell, dann wird man mit solchen Kugeln niemals fehlen.
Andre bedienen sich andrer Vorschriften. Der Nachbar im nächsten Revier
wirft klein geraspelte Spähne von einer Eiche, in die der Blitz geschlagen, in
die Form, mit der er seine Kugeln fertigt. Ein zweiter College mischt unter
sein Schießpulver die Asche von einem Strick, mit dem ein Dieb gehenkt
worden. Ein dritter nimmt Herz und Lunge von einem Wiedehopf, der nie
auf den Erdboden gekommen, und bindet sie sich auf den linken Arm. Wieder
andere mischen beim Gießen das Herz einer Fledermaus unter das Blei.
Noch andere suchen sich vor Georgi eine Natter. hauen ihr den Kopf ab,
stecken in die Augen und in den Mund eine Erbse und graben den Kopf
unter einer Brücke ein. über die man reitet und führt. Nach sieben Wochen
und drei Tagen gehen sie hin, nehmen die unterdeß gewachsenen Erbsen,
stoßen sie zu Mehl und vermischen das mit ihrem Pulver.

Unfehlbar treffend werden alle Geschosse, wenn man Folgendes beob¬
achtet. Man verschafft sich einen schwarzen Haushahn, der aber keine einzige
weiße Feder haben darf, schlachtet ihn mit einem neuen Messer, nimmt das
H^z heraus und legt es in ein Loch in einer Mauer. Nach neun Tagen.
>n derselben Stunde, in der man es hinein gethan, geht man wieder hin
und findet einen Ring, den man an einen Finger der linken Hand steckt.


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vier Loth Schießpulver, das zuvor mit Branntwein angefeuchtet und wieder
getrocknet worden ist, schüttet noch ein wenig zerstoßenes Hnndsbein hinzu und
gewinnt damit ein Pulver, das ohne Knall wie eine Windbüchse wirkt. Oder
man mischt Büchsenpulver mit Schwcfelstaub, Wurmmehl und dem Blut eines
junge» Böcklcins, was dieselbe Wirkung hat.

Die Miniebüchse trägt an tausend Schritt, die verbesserte Enfieldbüchse
noch weiter. Unsern alte» Waidmann würde das nicht Wunder nehmen. Er
hat von einem vorüberreisenden Jägerburschen ein Recept zu einer Komposi¬
tion gehört, welche die Kugel noch viel weiter treibt. „Nimm Salpeter,
destillire ihn zu Wasser und den Schwefel zu Oel. das Salmiak auch zu
Wasser. Nimm Oleum Benedictum nach dem Gewicht. Dieses zusammen
vermischt mit sechs Theilen Salpeterwasser, zwei Theilen Schwefel, drei Thei¬
len Ammoniak und zwei Theilen Oleum Benedictum. Lade die Flinte mit
Loth, gieße den zehnten Theil des Wassers hinein und zünde es behende an,
so geht der Schuß auf dreitausend Schritt."

Um sicher zu schießen, gießt unser Freund seine Kugeln, wenn die Sonne
in den Schützen getreten ist. was im November zu geschehen pflegt, oder auch,
wenn der Mond den Schützen berührt, d. h. wenn im Kalender der Schütze
drei Tage auf einander steht. Hierzu gehören folgende merkwürdige Hand¬
griffe-, man sticht oder schneidet an solchen Tagen Mittags in der zwölften
Stunde solche Kalenderzeichen heraus und thut beim Kugelgießen allemal eins
davon in das Modell, dann wird man mit solchen Kugeln niemals fehlen.
Andre bedienen sich andrer Vorschriften. Der Nachbar im nächsten Revier
wirft klein geraspelte Spähne von einer Eiche, in die der Blitz geschlagen, in
die Form, mit der er seine Kugeln fertigt. Ein zweiter College mischt unter
sein Schießpulver die Asche von einem Strick, mit dem ein Dieb gehenkt
worden. Ein dritter nimmt Herz und Lunge von einem Wiedehopf, der nie
auf den Erdboden gekommen, und bindet sie sich auf den linken Arm. Wieder
andere mischen beim Gießen das Herz einer Fledermaus unter das Blei.
Noch andere suchen sich vor Georgi eine Natter. hauen ihr den Kopf ab,
stecken in die Augen und in den Mund eine Erbse und graben den Kopf
unter einer Brücke ein. über die man reitet und führt. Nach sieben Wochen
und drei Tagen gehen sie hin, nehmen die unterdeß gewachsenen Erbsen,
stoßen sie zu Mehl und vermischen das mit ihrem Pulver.

Unfehlbar treffend werden alle Geschosse, wenn man Folgendes beob¬
achtet. Man verschafft sich einen schwarzen Haushahn, der aber keine einzige
weiße Feder haben darf, schlachtet ihn mit einem neuen Messer, nimmt das
H^z heraus und legt es in ein Loch in einer Mauer. Nach neun Tagen.
>n derselben Stunde, in der man es hinein gethan, geht man wieder hin
und findet einen Ring, den man an einen Finger der linken Hand steckt.


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[0307] vier Loth Schießpulver, das zuvor mit Branntwein angefeuchtet und wieder getrocknet worden ist, schüttet noch ein wenig zerstoßenes Hnndsbein hinzu und gewinnt damit ein Pulver, das ohne Knall wie eine Windbüchse wirkt. Oder man mischt Büchsenpulver mit Schwcfelstaub, Wurmmehl und dem Blut eines junge» Böcklcins, was dieselbe Wirkung hat. Die Miniebüchse trägt an tausend Schritt, die verbesserte Enfieldbüchse noch weiter. Unsern alte» Waidmann würde das nicht Wunder nehmen. Er hat von einem vorüberreisenden Jägerburschen ein Recept zu einer Komposi¬ tion gehört, welche die Kugel noch viel weiter treibt. „Nimm Salpeter, destillire ihn zu Wasser und den Schwefel zu Oel. das Salmiak auch zu Wasser. Nimm Oleum Benedictum nach dem Gewicht. Dieses zusammen vermischt mit sechs Theilen Salpeterwasser, zwei Theilen Schwefel, drei Thei¬ len Ammoniak und zwei Theilen Oleum Benedictum. Lade die Flinte mit Loth, gieße den zehnten Theil des Wassers hinein und zünde es behende an, so geht der Schuß auf dreitausend Schritt." Um sicher zu schießen, gießt unser Freund seine Kugeln, wenn die Sonne in den Schützen getreten ist. was im November zu geschehen pflegt, oder auch, wenn der Mond den Schützen berührt, d. h. wenn im Kalender der Schütze drei Tage auf einander steht. Hierzu gehören folgende merkwürdige Hand¬ griffe-, man sticht oder schneidet an solchen Tagen Mittags in der zwölften Stunde solche Kalenderzeichen heraus und thut beim Kugelgießen allemal eins davon in das Modell, dann wird man mit solchen Kugeln niemals fehlen. Andre bedienen sich andrer Vorschriften. Der Nachbar im nächsten Revier wirft klein geraspelte Spähne von einer Eiche, in die der Blitz geschlagen, in die Form, mit der er seine Kugeln fertigt. Ein zweiter College mischt unter sein Schießpulver die Asche von einem Strick, mit dem ein Dieb gehenkt worden. Ein dritter nimmt Herz und Lunge von einem Wiedehopf, der nie auf den Erdboden gekommen, und bindet sie sich auf den linken Arm. Wieder andere mischen beim Gießen das Herz einer Fledermaus unter das Blei. Noch andere suchen sich vor Georgi eine Natter. hauen ihr den Kopf ab, stecken in die Augen und in den Mund eine Erbse und graben den Kopf unter einer Brücke ein. über die man reitet und führt. Nach sieben Wochen und drei Tagen gehen sie hin, nehmen die unterdeß gewachsenen Erbsen, stoßen sie zu Mehl und vermischen das mit ihrem Pulver. Unfehlbar treffend werden alle Geschosse, wenn man Folgendes beob¬ achtet. Man verschafft sich einen schwarzen Haushahn, der aber keine einzige weiße Feder haben darf, schlachtet ihn mit einem neuen Messer, nimmt das H^z heraus und legt es in ein Loch in einer Mauer. Nach neun Tagen. >n derselben Stunde, in der man es hinein gethan, geht man wieder hin und findet einen Ring, den man an einen Finger der linken Hand steckt. Grenzboten I. U?61. 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/307>, abgerufen am 27.08.2024.