Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.Die preußische Adreßdcbatte. Einige große Wochen europäischer Politik -sind vergangen. Die Thron¬ Uns, den Deutschen und Preußen, waren die letzten Verhandlungen des Der Kampf, welcher in Preußen seit dem Tage von Coblenz und den Grenzlwtm I. 1861. 3V
Die preußische Adreßdcbatte. Einige große Wochen europäischer Politik -sind vergangen. Die Thron¬ Uns, den Deutschen und Preußen, waren die letzten Verhandlungen des Der Kampf, welcher in Preußen seit dem Tage von Coblenz und den Grenzlwtm I. 1861. 3V
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0291" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111185"/> </div> <div type="corrigenda" n="1"><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die preußische Adreßdcbatte.</head><lb/> <p xml:id="ID_987"> Einige große Wochen europäischer Politik -sind vergangen. Die Thron¬<lb/> besteigung König Wilhelms von Preußen, die Thronreden in den großen Ver¬<lb/> fassungsstaaten Europas, die Verhandlungen der zweiten preußischen Kam¬<lb/> mer über die Adresse. Ueberall das Bestreben, die scharfgespannten Gegen¬<lb/> sätze zu versöhnen, den Frieden zu erhalten, die Kräfte, welche den friedlichen-<lb/> Verkehr vermitteln, zuversichtlicher zu machen. «</p><lb/> <p xml:id="ID_988"> Uns, den Deutschen und Preußen, waren die letzten Verhandlungen des<lb/> Abgeordnetenhauses zu Berlin von so großer Wichtigkeit, daß darüber fast<lb/> das Interesse an der feierlichen Rede der beiden mächtigsten Herrscher Euro¬<lb/> pas zurücktrat. Schon jetzt, wo diese Verhandlungen erst beendigt sind, darf<lb/> Man die Ueberzeugung nussprechen, daß sie einen segensvollen Einfluß auf die<lb/> Regierung und die Stimmung des Volkes ausüben werden. Furchtsame<lb/> Loyalität wird beklagen, daß einzelne heitlige Punkte so offen zur Sprache<lb/> gebracht wurden, entschlossene Oppositionslust wird bedauern, daß den Ministern<lb/> von den Kammern nicht entschiedener entgegengetreten sei, im Ganzen wird<lb/> jeder besonnene Mann mit Freude, ja mit einigem Stolz dem Verlauf der<lb/> Debatten gefolgt sein, und er wird, so hoffen wir, als das beste Resultat<lb/> der Verhandlungen die Befestigung des gegenwärtigen Ministeriums durch die<lb/> Majorität erkannt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_989" next="#ID_990"> Der Kampf, welcher in Preußen seit dem Tage von Coblenz und den<lb/> berliner Polizeiaffairen zwischen der öffentlichen Meinung und dem Ministerium<lb/> schwebt, und die Verhandlungen zwischen den Führern der zweiten Kammer<lb/> und denselben Ministern, welche in schweren Zeiten ihre Parteigenossen und<lb/> Führer waren, sie werden im Auslande, wie gespannt man ihnen durch<lb/> ganz Europa folgte, schwerlich nach voller Bedeutuug gewürdigt werden.<lb/> Auch der Deutsche wird sie, in irgend einer Zukunft, mit dem herzlichen<lb/> Lächeln betrachten, mit welchem etwa ein großer Künstler des sechzehnten<lb/> Jahrhunderts aus die treuherzigen und ungelenken Altarbilder aus der Zeit<lb/> seiner Väter zurücksah. So viel Redlichkeit, warmer Patriotismus, guter Wille<lb/> und daneben welch schwierige, wunderliche Verhältnisse einer Uebergangsperiode.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzlwtm I. 1861. 3V</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0291]
Die preußische Adreßdcbatte.
Einige große Wochen europäischer Politik -sind vergangen. Die Thron¬
besteigung König Wilhelms von Preußen, die Thronreden in den großen Ver¬
fassungsstaaten Europas, die Verhandlungen der zweiten preußischen Kam¬
mer über die Adresse. Ueberall das Bestreben, die scharfgespannten Gegen¬
sätze zu versöhnen, den Frieden zu erhalten, die Kräfte, welche den friedlichen-
Verkehr vermitteln, zuversichtlicher zu machen. «
Uns, den Deutschen und Preußen, waren die letzten Verhandlungen des
Abgeordnetenhauses zu Berlin von so großer Wichtigkeit, daß darüber fast
das Interesse an der feierlichen Rede der beiden mächtigsten Herrscher Euro¬
pas zurücktrat. Schon jetzt, wo diese Verhandlungen erst beendigt sind, darf
Man die Ueberzeugung nussprechen, daß sie einen segensvollen Einfluß auf die
Regierung und die Stimmung des Volkes ausüben werden. Furchtsame
Loyalität wird beklagen, daß einzelne heitlige Punkte so offen zur Sprache
gebracht wurden, entschlossene Oppositionslust wird bedauern, daß den Ministern
von den Kammern nicht entschiedener entgegengetreten sei, im Ganzen wird
jeder besonnene Mann mit Freude, ja mit einigem Stolz dem Verlauf der
Debatten gefolgt sein, und er wird, so hoffen wir, als das beste Resultat
der Verhandlungen die Befestigung des gegenwärtigen Ministeriums durch die
Majorität erkannt haben.
Der Kampf, welcher in Preußen seit dem Tage von Coblenz und den
berliner Polizeiaffairen zwischen der öffentlichen Meinung und dem Ministerium
schwebt, und die Verhandlungen zwischen den Führern der zweiten Kammer
und denselben Ministern, welche in schweren Zeiten ihre Parteigenossen und
Führer waren, sie werden im Auslande, wie gespannt man ihnen durch
ganz Europa folgte, schwerlich nach voller Bedeutuug gewürdigt werden.
Auch der Deutsche wird sie, in irgend einer Zukunft, mit dem herzlichen
Lächeln betrachten, mit welchem etwa ein großer Künstler des sechzehnten
Jahrhunderts aus die treuherzigen und ungelenken Altarbilder aus der Zeit
seiner Väter zurücksah. So viel Redlichkeit, warmer Patriotismus, guter Wille
und daneben welch schwierige, wunderliche Verhältnisse einer Uebergangsperiode.
Grenzlwtm I. 1861. 3V
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |