Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.komisch gehalten. Dann trägt er eine Abhandlung über die Natur der Zähne, Wir treten nun in eins der benachbarten Kaffeehäuser, und zwar in das komisch gehalten. Dann trägt er eine Abhandlung über die Natur der Zähne, Wir treten nun in eins der benachbarten Kaffeehäuser, und zwar in das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111162"/> <p xml:id="ID_914" prev="#ID_913"> komisch gehalten. Dann trägt er eine Abhandlung über die Natur der Zähne,<lb/> Zahnausreißeu und Medicamente zur Heilung verschiedener Zahnkrcmkheitcn<lb/> vor. und zum Schluß wird er generös, indem er als Probe für sein Wissen<lb/> und Geschick einem armen Bauer, dessen er sich wohl oder übel bemächtigt<lb/> hat, einen noch guten Zahn „schmerzlos und gratis" herauszieht. Mit<lb/> diesem Lockvogel sängt unser Doctor Eisenbart andere in Menge, und auch<lb/> die Seife findet ihre Abnehmer.</p><lb/> <p xml:id="ID_915" next="#ID_916"> Wir treten nun in eins der benachbarten Kaffeehäuser, und zwar in das<lb/> „Caffö del Commercio". Fast in jeder Stadt im Römischen existirt eins dieses<lb/> Namens. Das Kaffeehaus ist für den Italiener bekanntlich, was für uns<lb/> Deutsche die Bierstube. Hier bringt e.r den größten Theil seiner freien<lb/> Stunden zu, hier werden die politischen Ereignisse besprochen, hier gibt man<lb/> sich Rendezvous mit seinen Freunden, macht man Geschäfte ab. Jedes Kaffee<lb/> hat sein bestimmtes Publikum und dieses wiederum seine bestimmte politische<lb/> Färbung, namentlich in so bewegten Zeiten wie die gegenwärtigen sind. So<lb/> kommt es oft vor, daß sich zwei Kaffees wie zwei feindliche Lager gegenüber¬<lb/> stehen. Natürlich werden hier auch die jüngsten Stadtereignifse besprochen<lb/> und es entwickelt sich so uuter Männern dieselbe Klatscherei wie in Deutsch¬<lb/> land bei gleichem Tränke unter zungenfertigen Damen; nur macht es der<lb/> Italiener stiller lind geheimnißvoller. In jeder Stadt gibt es eine Legion<lb/> solcher Lokale, welche, von der mehr oder weniger eleganten Ausstattung oder<lb/> der mehr oder weniger guten Qualität des Getränkes abgesehen, einander fast<lb/> ganz gleich sind. Das Caffö del Commercio, in welches wir eingetreten sind,<lb/> ist ein Kaffee mittlerer Classe; mit Ausnahme des Morgens trifft man hie<lb/> nur Bürger bessern Standes, weshalb man aber acht glauben darf, daß<lb/> jeder gut gekleidet ist. In Italien existiren zwei deutsche Borurtheile nicht!<lb/> erstens „macht dort nicht das Kleid den Mann", und häusig sieht man einen<lb/> nach neuester französischer Mode ausstaffirter Stutzer mit einem struppigen in<lb/> Fetzen gehüllten Burschen traulich spazieren gehen, zweitens existirt dort kein<lb/> solcher Kastengeist, wie in unsern biedern Gauen. Mit der Freiheit war es<lb/> bis jetzt nicht weit her, Gleichheit dagegen war immer reichlich vorhanden.<lb/> Im Uebrigen muß das Kaffee auch unsere Konditoreien und Lesecabmets er¬<lb/> setzen. — Wir treten ein und finden einen großen viereckigen Saal mit<lb/> Divans an den Wänden, und vor ihnen stehen etwa ein Dutzend kleine<lb/> Tischchen mit Marmorplatte. Die Wände sind mit Tapeten, goldenen<lb/> Zierathen, Spiegeln und Armleuchtern versehen. Auf der entgegengesetzten<lb/> Seite ist das Büffet, hinter welchem der Caffetiere seinen Platz hat. Hinter<lb/> dem Büffet führen Thüren in die verräucherte Küche, aus welcher uns der<lb/> Duft eines mittelmäßigen Mokka entgegenkommt. Einige Camerieri mit<lb/> Weißen Schürzen rennen rastlos hin und her, fragen die Eintretenden nach</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0268]
komisch gehalten. Dann trägt er eine Abhandlung über die Natur der Zähne,
Zahnausreißeu und Medicamente zur Heilung verschiedener Zahnkrcmkheitcn
vor. und zum Schluß wird er generös, indem er als Probe für sein Wissen
und Geschick einem armen Bauer, dessen er sich wohl oder übel bemächtigt
hat, einen noch guten Zahn „schmerzlos und gratis" herauszieht. Mit
diesem Lockvogel sängt unser Doctor Eisenbart andere in Menge, und auch
die Seife findet ihre Abnehmer.
Wir treten nun in eins der benachbarten Kaffeehäuser, und zwar in das
„Caffö del Commercio". Fast in jeder Stadt im Römischen existirt eins dieses
Namens. Das Kaffeehaus ist für den Italiener bekanntlich, was für uns
Deutsche die Bierstube. Hier bringt e.r den größten Theil seiner freien
Stunden zu, hier werden die politischen Ereignisse besprochen, hier gibt man
sich Rendezvous mit seinen Freunden, macht man Geschäfte ab. Jedes Kaffee
hat sein bestimmtes Publikum und dieses wiederum seine bestimmte politische
Färbung, namentlich in so bewegten Zeiten wie die gegenwärtigen sind. So
kommt es oft vor, daß sich zwei Kaffees wie zwei feindliche Lager gegenüber¬
stehen. Natürlich werden hier auch die jüngsten Stadtereignifse besprochen
und es entwickelt sich so uuter Männern dieselbe Klatscherei wie in Deutsch¬
land bei gleichem Tränke unter zungenfertigen Damen; nur macht es der
Italiener stiller lind geheimnißvoller. In jeder Stadt gibt es eine Legion
solcher Lokale, welche, von der mehr oder weniger eleganten Ausstattung oder
der mehr oder weniger guten Qualität des Getränkes abgesehen, einander fast
ganz gleich sind. Das Caffö del Commercio, in welches wir eingetreten sind,
ist ein Kaffee mittlerer Classe; mit Ausnahme des Morgens trifft man hie
nur Bürger bessern Standes, weshalb man aber acht glauben darf, daß
jeder gut gekleidet ist. In Italien existiren zwei deutsche Borurtheile nicht!
erstens „macht dort nicht das Kleid den Mann", und häusig sieht man einen
nach neuester französischer Mode ausstaffirter Stutzer mit einem struppigen in
Fetzen gehüllten Burschen traulich spazieren gehen, zweitens existirt dort kein
solcher Kastengeist, wie in unsern biedern Gauen. Mit der Freiheit war es
bis jetzt nicht weit her, Gleichheit dagegen war immer reichlich vorhanden.
Im Uebrigen muß das Kaffee auch unsere Konditoreien und Lesecabmets er¬
setzen. — Wir treten ein und finden einen großen viereckigen Saal mit
Divans an den Wänden, und vor ihnen stehen etwa ein Dutzend kleine
Tischchen mit Marmorplatte. Die Wände sind mit Tapeten, goldenen
Zierathen, Spiegeln und Armleuchtern versehen. Auf der entgegengesetzten
Seite ist das Büffet, hinter welchem der Caffetiere seinen Platz hat. Hinter
dem Büffet führen Thüren in die verräucherte Küche, aus welcher uns der
Duft eines mittelmäßigen Mokka entgegenkommt. Einige Camerieri mit
Weißen Schürzen rennen rastlos hin und her, fragen die Eintretenden nach
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