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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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det kein anderes als die Abtretung Venetiens an Italien gegen Entschädigung
in Geld. Und wie 1848 der Rath der englischen Diplomatie von dem Hanse
Rothschild unterstützt wurde, so erhebt auch jetzt wieder die hohe Finanz sür
das unblutige Abkommen ihre Stimme. Diesmal ist es Herr Emile Pvreire
mit der Feder des Herrn Duvcyrier in der Brochüre: I^mxer<zur ^ranyoiL
^oseplr et 1'Dul-ops. Der Gedanke in dieser Schrift ist nicht die Börsenlogik,
welche höhere Course und Stärkung des öffentlichen Credits will; Herr Wreire
kann im Kriege vielleicht bessere Geschäfte machen als im Frieden, voraus¬
gesetzt, daß Frankreich und England Freunde bleiben. Aber eben diese Voraus¬
setzung ist keine Gewißheit. Sein Axiom ist, daß die Waffen den Kampf
zwischen Oestreich und Italien nur verlängern, nicht austragen können. Darum
müsse Europa, dessen höchste Interessen dabei in Frage kommen, eine friedliche
Auseinandersetzung, wofür alle Elemente vorliegen, herbeiführen und zugleich
" diesen Anlaß benutzen, um das Werk des Wiener Kongresses im Einklang
mit den Fortschritten und den neuen Bedürfnissen der Gesellschaft umzubilden.
Der Versasser hat die Zuversicht, daß bald in Europa nur eine Stimme sein
werde für die Ueberzeugung: der Loskaus von Venetien ist die einzige wirk¬
same, vernünftige, humane Lösung des> Streites.

Wird Garibaldi auf diese Stimme hören? -- wenn er muß. Victor
Emanuel? -- wenn er kann. Oestreich? -- wenn es will. Auf den Willen
Oestreichs einzuwirken scheint die Diplomatie entschlossen zu sein. Paris und
London waren bis vor ganz kurzer Zeit wegen Italien auf so gespanntem
Fuße, daß der schriftliche Verkehr darüber aufgehört hatte. Haben sie Hab jetzt
verständigt, Franz den Zweiten aufzugeben und in Wien auf die Abtretung
einer unhaltbaren italienischen Provinz hinzuwirken, -- wird ihnen dann mit
Nein geantwortet werden? Wohl, wenn die Armee gefragt wird, so weit sie
nicht aus Ungarn und Venetianern besteht. -- Anders, wenn die öffentliche
Meinung, anders wenn die Lage des Kaiserstaates befragt wird. Wird Oest¬
reich den Krieg aufnehmen im Vertrauen auf Deutschlands Hilfe? Diese Frage
wäg man sich in Wien beantworten; wir erwarten die Leistungen des Hrn. v.
Schmerling, gedenken der Führung der Bundesprüsidialgcsandtschaft, der unter
ihren Auspicien geleiteten Abstimmungen über die kurhcssische Sache, über die
Reform der Bundcskriegsversassung, der Würzburger Bestrebungen und --
sch K. M. weigen.




det kein anderes als die Abtretung Venetiens an Italien gegen Entschädigung
in Geld. Und wie 1848 der Rath der englischen Diplomatie von dem Hanse
Rothschild unterstützt wurde, so erhebt auch jetzt wieder die hohe Finanz sür
das unblutige Abkommen ihre Stimme. Diesmal ist es Herr Emile Pvreire
mit der Feder des Herrn Duvcyrier in der Brochüre: I^mxer<zur ^ranyoiL
^oseplr et 1'Dul-ops. Der Gedanke in dieser Schrift ist nicht die Börsenlogik,
welche höhere Course und Stärkung des öffentlichen Credits will; Herr Wreire
kann im Kriege vielleicht bessere Geschäfte machen als im Frieden, voraus¬
gesetzt, daß Frankreich und England Freunde bleiben. Aber eben diese Voraus¬
setzung ist keine Gewißheit. Sein Axiom ist, daß die Waffen den Kampf
zwischen Oestreich und Italien nur verlängern, nicht austragen können. Darum
müsse Europa, dessen höchste Interessen dabei in Frage kommen, eine friedliche
Auseinandersetzung, wofür alle Elemente vorliegen, herbeiführen und zugleich
» diesen Anlaß benutzen, um das Werk des Wiener Kongresses im Einklang
mit den Fortschritten und den neuen Bedürfnissen der Gesellschaft umzubilden.
Der Versasser hat die Zuversicht, daß bald in Europa nur eine Stimme sein
werde für die Ueberzeugung: der Loskaus von Venetien ist die einzige wirk¬
same, vernünftige, humane Lösung des> Streites.

Wird Garibaldi auf diese Stimme hören? — wenn er muß. Victor
Emanuel? — wenn er kann. Oestreich? — wenn es will. Auf den Willen
Oestreichs einzuwirken scheint die Diplomatie entschlossen zu sein. Paris und
London waren bis vor ganz kurzer Zeit wegen Italien auf so gespanntem
Fuße, daß der schriftliche Verkehr darüber aufgehört hatte. Haben sie Hab jetzt
verständigt, Franz den Zweiten aufzugeben und in Wien auf die Abtretung
einer unhaltbaren italienischen Provinz hinzuwirken, — wird ihnen dann mit
Nein geantwortet werden? Wohl, wenn die Armee gefragt wird, so weit sie
nicht aus Ungarn und Venetianern besteht. — Anders, wenn die öffentliche
Meinung, anders wenn die Lage des Kaiserstaates befragt wird. Wird Oest¬
reich den Krieg aufnehmen im Vertrauen auf Deutschlands Hilfe? Diese Frage
wäg man sich in Wien beantworten; wir erwarten die Leistungen des Hrn. v.
Schmerling, gedenken der Führung der Bundesprüsidialgcsandtschaft, der unter
ihren Auspicien geleiteten Abstimmungen über die kurhcssische Sache, über die
Reform der Bundcskriegsversassung, der Würzburger Bestrebungen und —
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/25>, abgerufen am 15.01.2025.