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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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und stillt den Durst der Armen. Während er dieses thut, naht hastig ein
reicher Kaufmann im Selbstgespräche.

Der Kaufmann: O es wird nicht recht zugehen; denn vorgestern, als
es in unserer Gasse nahe bei mir gebrummelt, habe ich ein Fäßchen mit Geld,
dasselbig zu erhalten, in den Brunnen, da diese Leute stehen, geworfen. Sie
werden es gewiß schon auskundschaft haben, wenn Sie es anders nit schon
heraus genommen. Wie soll ich mir helfen? Ich will es wagen und zu
ihnen gehen. -- Lieber Nachbar, was thust Du da?

Der Fromme: Ich hab mich der Armen erbarmt und ihnen Wasser ge¬
schöpft; mich dünkt, solche Arbeit komme mich sanfter an, denn dein Geld¬
sammeln.

Der Kaufmann: Du thust mir wahrlich unrecht, wo wollt ich das Geld
sammeln? Du und alle Nachbarn sollten es an meinem täglichen Thun
und Wesen, auch an meiner Kleidung wol spüren und merken, daß ich
arm bin.

Der Fromme: Schweig! Es ist ein altes Sprüchwort, daß die. so am
reichsten sind, sich am ärmsten stellen. Wenn man's beim Licht sehen will,
so sein sie wol die ärmsten, denn sie essen und trinken ihnen nimmermehr
genug. Man weiß aber wol. daß du Geld hast. Ist ein guter Dukaten oder
"ne Krone vorhanden, so lässest du sie gewiß nicht dahinten, sie müssen aus¬
gewechselt sein und wenn ihr also einen guten Haufen zusammenbringt, so
versteckt ihr's hin und wieder in die Winkel, leidet Angst und Noth dabei.
Zuletzt wird doch euer Geld einem andern zu Theil, als ihr meint,

Der Kaufmann: Man zeiht uns oft viel, das nit wahr ist. Du machst
wir mein Herz recht schwer.

Der Fromme: Ich hab dir's wol angesehen, daß du schwermüthig bist.
Vertrau mir dein Anliegen, kann ich dir helfen, so will ich es gerne thun.

Der Kaufmann öffnet ihm nun sein Herz und bittet, er möge ihn in
den Brunnen hinab lassen, damit er selber sehen könne, ob das Fäßchen noch
vorhanden sei. Es geschieht. Da erschallt das Geschrei des Kaufmannes aus
d°r Tiefe, er wird mit Hilfe des Knechtes heraufgezogen.

Der Kaufmann: O weh, o weh mir armen Mann, wo sind meine dicke
Portugaleser. Doppeldukaten. Doppclkronen, Sonnenkronen und andere aus¬
geklaubte güldene Münzen hinkommen! Ich sehe wol. daß ich auf dieser Weli
Weder Glück noch Heil habe, bin auch von Gott gar verlassen. O Teufel hilf
^'r wiederum zu meinem Geld, so ergebe ich mich dir mit Leib und Seele.
(Der Teufel erscheint.) Lieber Teufel, thue ein wenig gemach, ich hab mich
eines Bessern bedacht!

Der Teufel: Nein nein, mein Gesell, ich laß dich nimmer, du bist schon
^'n. schleppt den Kaufmann fort.)


und stillt den Durst der Armen. Während er dieses thut, naht hastig ein
reicher Kaufmann im Selbstgespräche.

Der Kaufmann: O es wird nicht recht zugehen; denn vorgestern, als
es in unserer Gasse nahe bei mir gebrummelt, habe ich ein Fäßchen mit Geld,
dasselbig zu erhalten, in den Brunnen, da diese Leute stehen, geworfen. Sie
werden es gewiß schon auskundschaft haben, wenn Sie es anders nit schon
heraus genommen. Wie soll ich mir helfen? Ich will es wagen und zu
ihnen gehen. — Lieber Nachbar, was thust Du da?

Der Fromme: Ich hab mich der Armen erbarmt und ihnen Wasser ge¬
schöpft; mich dünkt, solche Arbeit komme mich sanfter an, denn dein Geld¬
sammeln.

Der Kaufmann: Du thust mir wahrlich unrecht, wo wollt ich das Geld
sammeln? Du und alle Nachbarn sollten es an meinem täglichen Thun
und Wesen, auch an meiner Kleidung wol spüren und merken, daß ich
arm bin.

Der Fromme: Schweig! Es ist ein altes Sprüchwort, daß die. so am
reichsten sind, sich am ärmsten stellen. Wenn man's beim Licht sehen will,
so sein sie wol die ärmsten, denn sie essen und trinken ihnen nimmermehr
genug. Man weiß aber wol. daß du Geld hast. Ist ein guter Dukaten oder
"ne Krone vorhanden, so lässest du sie gewiß nicht dahinten, sie müssen aus¬
gewechselt sein und wenn ihr also einen guten Haufen zusammenbringt, so
versteckt ihr's hin und wieder in die Winkel, leidet Angst und Noth dabei.
Zuletzt wird doch euer Geld einem andern zu Theil, als ihr meint,

Der Kaufmann: Man zeiht uns oft viel, das nit wahr ist. Du machst
wir mein Herz recht schwer.

Der Fromme: Ich hab dir's wol angesehen, daß du schwermüthig bist.
Vertrau mir dein Anliegen, kann ich dir helfen, so will ich es gerne thun.

Der Kaufmann öffnet ihm nun sein Herz und bittet, er möge ihn in
den Brunnen hinab lassen, damit er selber sehen könne, ob das Fäßchen noch
vorhanden sei. Es geschieht. Da erschallt das Geschrei des Kaufmannes aus
d°r Tiefe, er wird mit Hilfe des Knechtes heraufgezogen.

Der Kaufmann: O weh, o weh mir armen Mann, wo sind meine dicke
Portugaleser. Doppeldukaten. Doppclkronen, Sonnenkronen und andere aus¬
geklaubte güldene Münzen hinkommen! Ich sehe wol. daß ich auf dieser Weli
Weder Glück noch Heil habe, bin auch von Gott gar verlassen. O Teufel hilf
^'r wiederum zu meinem Geld, so ergebe ich mich dir mit Leib und Seele.
(Der Teufel erscheint.) Lieber Teufel, thue ein wenig gemach, ich hab mich
eines Bessern bedacht!

Der Teufel: Nein nein, mein Gesell, ich laß dich nimmer, du bist schon
^'n. schleppt den Kaufmann fort.)


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[0231] und stillt den Durst der Armen. Während er dieses thut, naht hastig ein reicher Kaufmann im Selbstgespräche. Der Kaufmann: O es wird nicht recht zugehen; denn vorgestern, als es in unserer Gasse nahe bei mir gebrummelt, habe ich ein Fäßchen mit Geld, dasselbig zu erhalten, in den Brunnen, da diese Leute stehen, geworfen. Sie werden es gewiß schon auskundschaft haben, wenn Sie es anders nit schon heraus genommen. Wie soll ich mir helfen? Ich will es wagen und zu ihnen gehen. — Lieber Nachbar, was thust Du da? Der Fromme: Ich hab mich der Armen erbarmt und ihnen Wasser ge¬ schöpft; mich dünkt, solche Arbeit komme mich sanfter an, denn dein Geld¬ sammeln. Der Kaufmann: Du thust mir wahrlich unrecht, wo wollt ich das Geld sammeln? Du und alle Nachbarn sollten es an meinem täglichen Thun und Wesen, auch an meiner Kleidung wol spüren und merken, daß ich arm bin. Der Fromme: Schweig! Es ist ein altes Sprüchwort, daß die. so am reichsten sind, sich am ärmsten stellen. Wenn man's beim Licht sehen will, so sein sie wol die ärmsten, denn sie essen und trinken ihnen nimmermehr genug. Man weiß aber wol. daß du Geld hast. Ist ein guter Dukaten oder "ne Krone vorhanden, so lässest du sie gewiß nicht dahinten, sie müssen aus¬ gewechselt sein und wenn ihr also einen guten Haufen zusammenbringt, so versteckt ihr's hin und wieder in die Winkel, leidet Angst und Noth dabei. Zuletzt wird doch euer Geld einem andern zu Theil, als ihr meint, Der Kaufmann: Man zeiht uns oft viel, das nit wahr ist. Du machst wir mein Herz recht schwer. Der Fromme: Ich hab dir's wol angesehen, daß du schwermüthig bist. Vertrau mir dein Anliegen, kann ich dir helfen, so will ich es gerne thun. Der Kaufmann öffnet ihm nun sein Herz und bittet, er möge ihn in den Brunnen hinab lassen, damit er selber sehen könne, ob das Fäßchen noch vorhanden sei. Es geschieht. Da erschallt das Geschrei des Kaufmannes aus d°r Tiefe, er wird mit Hilfe des Knechtes heraufgezogen. Der Kaufmann: O weh, o weh mir armen Mann, wo sind meine dicke Portugaleser. Doppeldukaten. Doppclkronen, Sonnenkronen und andere aus¬ geklaubte güldene Münzen hinkommen! Ich sehe wol. daß ich auf dieser Weli Weder Glück noch Heil habe, bin auch von Gott gar verlassen. O Teufel hilf ^'r wiederum zu meinem Geld, so ergebe ich mich dir mit Leib und Seele. (Der Teufel erscheint.) Lieber Teufel, thue ein wenig gemach, ich hab mich eines Bessern bedacht! Der Teufel: Nein nein, mein Gesell, ich laß dich nimmer, du bist schon ^'n. schleppt den Kaufmann fort.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/231>, abgerufen am 26.08.2024.