Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

genugsam verbüßt zu haben vermeint; dennoch aber und dieweil die angezo¬
gene Action den 17. Juli ergangen, er nicht alsobald des andern Morgens,
sondern erst etliche Tage hernach und zwar gegen Abends um fünf Uhr in
einem solchen Orte, dessen er billig schonen sollen, das unzuläßliche Besprechen
vorgenommen; Monsieur Matthäi so ganz unbewehrt und sich seiner nicht ver¬
sehend nicht nur an den Hals geschlagen, sondern auch heftig beschädigt; die
vorgeschützte, einem Studioso übel auslesende Trunkenheit und Zorn, wie auch
das erlittene, von ihm selbst verschuldete Gefängniß, ihm wenig zu Statten
kommen mag, so ist Jnquisitus I. I. K. dem beschädigten Martin Matthäi
das aufgewendete Arztlohn. Schmerzensgeld und Unkosten nach vorhergehender
Liquidation und richterlicher Ermäßigung zu bezahlen, ebenso die fol. 53 Act.
angegebenen gerichtlichen ExPensen abzustatten schuldig; und wird hierüber
willkürlich mit zweijähriger Relegation oder um 40 Thaler in Strafe genom¬
men. V. N. W.

Gegen dieses Urtheil kam K. beim Landesfürsten, dem Herzog von Wei-
war, mit ein,er Supplik ein. Dieselbe hatte aber keinen Erfolg, und sonach
sollte K. die früher erwähnten auf öl Thlr. 20 Ggr. berechneten Untersu¬
chungskosten, obwol sie vom Herzog schon einmal auf 44 Thlr. 4 Ggr. 9 Pf>-
ermäßigt worden waren, dennoch voll bezahlen. In Folge dieses Falles wurde
aber für die Zukunft angeordnet, daß die Zchrungskosten der Wache nie höher
als täglich 3 Ggr. für den Musketier und 4 Ggr. für den Corpora! be-
rechnet werden sollten. - Matthäi reichte nun auch seine Kostenrechnung ein,
und liquidirte 200 Thlr. Schmerzensgeld und 5, Thlr. 12 Ggr. gehabte
Unkosten. --

Da K. auf dem Gnadenwege nichts erreicht hatte, ergriff er das Rechts¬
mittel der Apellation. Er führte namentlich an. daß der Vorfall nicht in der
Superintendentur, sondern in des Superintendenten Privathaus, welches er
an Studenten vermiethe. sich ereignet habe; und dann, daß die Verwundung
nur durch verkehrte Behandlung gefährlich geworden, aber trotzdem keine nach¬
theiligen Folgen gehabt habe. -- Allein der Schöppenstuhl zu Jena, die Ap¬
pellationsinstanz, bestätigte unterm 15. October 1688 das erste Erkenntniß.
Aber schon am 15 April desselben Jahres hatte K. seine Studien absolvirt,
und die Universität vor beendigter Untersuchung verlassen. Wegen dieses neuen
Vergehens wurde er am 4. August 1088 auf zwei Jahre relegirt, welches
Schicksal mit ihm zugleich noch drei andere Studenten betraf, die sich im
gleichen Falle befunden hatten. -- Es wurde nun noch ein Verfahren einge¬
leitet, um den Betrag der dem Matthäi zugesprochenen Entschädigung fest-
Wellen. Im Wege der Gnade endlich wurde dieselbe auf 77 Thlr. 4 Ggr.
^gesetzt, und laut Quittung vom 20. November 1690 bezahlt.

Der Stubengenosse. Herr Rost, welcher sich im Kampfe mit den Phili-


Grenzbotc" I, igvi. 28

genugsam verbüßt zu haben vermeint; dennoch aber und dieweil die angezo¬
gene Action den 17. Juli ergangen, er nicht alsobald des andern Morgens,
sondern erst etliche Tage hernach und zwar gegen Abends um fünf Uhr in
einem solchen Orte, dessen er billig schonen sollen, das unzuläßliche Besprechen
vorgenommen; Monsieur Matthäi so ganz unbewehrt und sich seiner nicht ver¬
sehend nicht nur an den Hals geschlagen, sondern auch heftig beschädigt; die
vorgeschützte, einem Studioso übel auslesende Trunkenheit und Zorn, wie auch
das erlittene, von ihm selbst verschuldete Gefängniß, ihm wenig zu Statten
kommen mag, so ist Jnquisitus I. I. K. dem beschädigten Martin Matthäi
das aufgewendete Arztlohn. Schmerzensgeld und Unkosten nach vorhergehender
Liquidation und richterlicher Ermäßigung zu bezahlen, ebenso die fol. 53 Act.
angegebenen gerichtlichen ExPensen abzustatten schuldig; und wird hierüber
willkürlich mit zweijähriger Relegation oder um 40 Thaler in Strafe genom¬
men. V. N. W.

Gegen dieses Urtheil kam K. beim Landesfürsten, dem Herzog von Wei-
war, mit ein,er Supplik ein. Dieselbe hatte aber keinen Erfolg, und sonach
sollte K. die früher erwähnten auf öl Thlr. 20 Ggr. berechneten Untersu¬
chungskosten, obwol sie vom Herzog schon einmal auf 44 Thlr. 4 Ggr. 9 Pf>-
ermäßigt worden waren, dennoch voll bezahlen. In Folge dieses Falles wurde
aber für die Zukunft angeordnet, daß die Zchrungskosten der Wache nie höher
als täglich 3 Ggr. für den Musketier und 4 Ggr. für den Corpora! be-
rechnet werden sollten. - Matthäi reichte nun auch seine Kostenrechnung ein,
und liquidirte 200 Thlr. Schmerzensgeld und 5, Thlr. 12 Ggr. gehabte
Unkosten. —

Da K. auf dem Gnadenwege nichts erreicht hatte, ergriff er das Rechts¬
mittel der Apellation. Er führte namentlich an. daß der Vorfall nicht in der
Superintendentur, sondern in des Superintendenten Privathaus, welches er
an Studenten vermiethe. sich ereignet habe; und dann, daß die Verwundung
nur durch verkehrte Behandlung gefährlich geworden, aber trotzdem keine nach¬
theiligen Folgen gehabt habe. — Allein der Schöppenstuhl zu Jena, die Ap¬
pellationsinstanz, bestätigte unterm 15. October 1688 das erste Erkenntniß.
Aber schon am 15 April desselben Jahres hatte K. seine Studien absolvirt,
und die Universität vor beendigter Untersuchung verlassen. Wegen dieses neuen
Vergehens wurde er am 4. August 1088 auf zwei Jahre relegirt, welches
Schicksal mit ihm zugleich noch drei andere Studenten betraf, die sich im
gleichen Falle befunden hatten. — Es wurde nun noch ein Verfahren einge¬
leitet, um den Betrag der dem Matthäi zugesprochenen Entschädigung fest-
Wellen. Im Wege der Gnade endlich wurde dieselbe auf 77 Thlr. 4 Ggr.
^gesetzt, und laut Quittung vom 20. November 1690 bezahlt.

Der Stubengenosse. Herr Rost, welcher sich im Kampfe mit den Phili-


Grenzbotc» I, igvi. 28
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111121"/>
          <p xml:id="ID_739" prev="#ID_738"> genugsam verbüßt zu haben vermeint; dennoch aber und dieweil die angezo¬<lb/>
gene Action den 17. Juli ergangen, er nicht alsobald des andern Morgens,<lb/>
sondern erst etliche Tage hernach und zwar gegen Abends um fünf Uhr in<lb/>
einem solchen Orte, dessen er billig schonen sollen, das unzuläßliche Besprechen<lb/>
vorgenommen; Monsieur Matthäi so ganz unbewehrt und sich seiner nicht ver¬<lb/>
sehend nicht nur an den Hals geschlagen, sondern auch heftig beschädigt; die<lb/>
vorgeschützte, einem Studioso übel auslesende Trunkenheit und Zorn, wie auch<lb/>
das erlittene, von ihm selbst verschuldete Gefängniß, ihm wenig zu Statten<lb/>
kommen mag, so ist Jnquisitus I. I. K. dem beschädigten Martin Matthäi<lb/>
das aufgewendete Arztlohn. Schmerzensgeld und Unkosten nach vorhergehender<lb/>
Liquidation und richterlicher Ermäßigung zu bezahlen, ebenso die fol. 53 Act.<lb/>
angegebenen gerichtlichen ExPensen abzustatten schuldig; und wird hierüber<lb/>
willkürlich mit zweijähriger Relegation oder um 40 Thaler in Strafe genom¬<lb/>
men.  V. N. W.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_740"> Gegen dieses Urtheil kam K. beim Landesfürsten, dem Herzog von Wei-<lb/>
war, mit ein,er Supplik ein. Dieselbe hatte aber keinen Erfolg, und sonach<lb/>
sollte K. die früher erwähnten auf öl Thlr. 20 Ggr. berechneten Untersu¬<lb/>
chungskosten, obwol sie vom Herzog schon einmal auf 44 Thlr. 4 Ggr. 9 Pf&gt;-<lb/>
ermäßigt worden waren, dennoch voll bezahlen. In Folge dieses Falles wurde<lb/>
aber für die Zukunft angeordnet, daß die Zchrungskosten der Wache nie höher<lb/>
als täglich 3 Ggr. für den Musketier und 4 Ggr. für den Corpora! be-<lb/>
rechnet werden sollten. - Matthäi reichte nun auch seine Kostenrechnung ein,<lb/>
und liquidirte 200 Thlr. Schmerzensgeld und 5, Thlr. 12 Ggr. gehabte<lb/>
Unkosten. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_741"> Da K. auf dem Gnadenwege nichts erreicht hatte, ergriff er das Rechts¬<lb/>
mittel der Apellation. Er führte namentlich an. daß der Vorfall nicht in der<lb/>
Superintendentur, sondern in des Superintendenten Privathaus, welches er<lb/>
an Studenten vermiethe. sich ereignet habe; und dann, daß die Verwundung<lb/>
nur durch verkehrte Behandlung gefährlich geworden, aber trotzdem keine nach¬<lb/>
theiligen Folgen gehabt habe. &#x2014; Allein der Schöppenstuhl zu Jena, die Ap¬<lb/>
pellationsinstanz, bestätigte unterm 15. October 1688 das erste Erkenntniß.<lb/>
Aber schon am 15 April desselben Jahres hatte K. seine Studien absolvirt,<lb/>
und die Universität vor beendigter Untersuchung verlassen. Wegen dieses neuen<lb/>
Vergehens wurde er am 4. August 1088 auf zwei Jahre relegirt, welches<lb/>
Schicksal mit ihm zugleich noch drei andere Studenten betraf, die sich im<lb/>
gleichen Falle befunden hatten. &#x2014; Es wurde nun noch ein Verfahren einge¬<lb/>
leitet, um den Betrag der dem Matthäi zugesprochenen Entschädigung fest-<lb/>
Wellen. Im Wege der Gnade endlich wurde dieselbe auf 77 Thlr. 4 Ggr.<lb/>
^gesetzt, und laut Quittung vom 20. November 1690 bezahlt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_742" next="#ID_743"> Der Stubengenosse. Herr Rost, welcher sich im Kampfe mit den Phili-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbotc» I, igvi. 28</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0227] genugsam verbüßt zu haben vermeint; dennoch aber und dieweil die angezo¬ gene Action den 17. Juli ergangen, er nicht alsobald des andern Morgens, sondern erst etliche Tage hernach und zwar gegen Abends um fünf Uhr in einem solchen Orte, dessen er billig schonen sollen, das unzuläßliche Besprechen vorgenommen; Monsieur Matthäi so ganz unbewehrt und sich seiner nicht ver¬ sehend nicht nur an den Hals geschlagen, sondern auch heftig beschädigt; die vorgeschützte, einem Studioso übel auslesende Trunkenheit und Zorn, wie auch das erlittene, von ihm selbst verschuldete Gefängniß, ihm wenig zu Statten kommen mag, so ist Jnquisitus I. I. K. dem beschädigten Martin Matthäi das aufgewendete Arztlohn. Schmerzensgeld und Unkosten nach vorhergehender Liquidation und richterlicher Ermäßigung zu bezahlen, ebenso die fol. 53 Act. angegebenen gerichtlichen ExPensen abzustatten schuldig; und wird hierüber willkürlich mit zweijähriger Relegation oder um 40 Thaler in Strafe genom¬ men. V. N. W. Gegen dieses Urtheil kam K. beim Landesfürsten, dem Herzog von Wei- war, mit ein,er Supplik ein. Dieselbe hatte aber keinen Erfolg, und sonach sollte K. die früher erwähnten auf öl Thlr. 20 Ggr. berechneten Untersu¬ chungskosten, obwol sie vom Herzog schon einmal auf 44 Thlr. 4 Ggr. 9 Pf>- ermäßigt worden waren, dennoch voll bezahlen. In Folge dieses Falles wurde aber für die Zukunft angeordnet, daß die Zchrungskosten der Wache nie höher als täglich 3 Ggr. für den Musketier und 4 Ggr. für den Corpora! be- rechnet werden sollten. - Matthäi reichte nun auch seine Kostenrechnung ein, und liquidirte 200 Thlr. Schmerzensgeld und 5, Thlr. 12 Ggr. gehabte Unkosten. — Da K. auf dem Gnadenwege nichts erreicht hatte, ergriff er das Rechts¬ mittel der Apellation. Er führte namentlich an. daß der Vorfall nicht in der Superintendentur, sondern in des Superintendenten Privathaus, welches er an Studenten vermiethe. sich ereignet habe; und dann, daß die Verwundung nur durch verkehrte Behandlung gefährlich geworden, aber trotzdem keine nach¬ theiligen Folgen gehabt habe. — Allein der Schöppenstuhl zu Jena, die Ap¬ pellationsinstanz, bestätigte unterm 15. October 1688 das erste Erkenntniß. Aber schon am 15 April desselben Jahres hatte K. seine Studien absolvirt, und die Universität vor beendigter Untersuchung verlassen. Wegen dieses neuen Vergehens wurde er am 4. August 1088 auf zwei Jahre relegirt, welches Schicksal mit ihm zugleich noch drei andere Studenten betraf, die sich im gleichen Falle befunden hatten. — Es wurde nun noch ein Verfahren einge¬ leitet, um den Betrag der dem Matthäi zugesprochenen Entschädigung fest- Wellen. Im Wege der Gnade endlich wurde dieselbe auf 77 Thlr. 4 Ggr. ^gesetzt, und laut Quittung vom 20. November 1690 bezahlt. Der Stubengenosse. Herr Rost, welcher sich im Kampfe mit den Phili- Grenzbotc» I, igvi. 28

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/227
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/227>, abgerufen am 26.08.2024.