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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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ab geschwärmt, haben die Spielleute tapfer ausstreichen lassen, endlich sich in
der Mitte des Marktes niedergesetzt und gesoffen wie die jungen Grasteufel,
Als sie das Bier ausgeschlacket, haben sie sich von bannen und ohne Zweifel
ein jeder nach Hause begeben. --

Donnerstag früh kam Härtung zu mir und erzählte den ganzen Verlauf
der Sache. Da ich nicht gewohnt bin, Bärenhäuter zu verdauen, so war ich
sogleich resolvirt, Nachfrage zu halten, wo man Matthäi antreffen könne,
Damals waren aber vier Studiosi dieses Namens vorhanden, und deshalb
erfuhr ich erst nach längern Erkundigungen, er würde wahrscheinlich in des
Conrectors Hause, auf Herrn von Felde's, seines Landmanns Stube sein. In,
demselben Hause hatte ich auch mein Logement, und bemeldete Stube lag der
meinigen gegenüber. Ich klopfte an und Herr von Felde berichtete mich auf
meine Frage, daß Matthäi ihn schon wieder verlassen habe und er nicht wisse,
wo er sei. Da es schon Abend zu werden anfing, so schlenderte ich aus
meine Stube, und ließ es für diesmal sein Bewenden haben. --

Freitags ließ sich mein Stubengenoß und Landsmann Rost von Herrn
Vorhauern, I>. I,. send. das Französische lehren, an welcher Stunde Härtung
und andere Theil nahmen. Nachdem dieselbe vorbei war, blieben sie sämmt¬
lich sitzen, und wollten, weil es an selbigem Tage schön liebliches und also
durstiges Wetter war, meinen Stubengenossen beschmausen. Da aber die
Spinnen in seinem Beutel gesponnen, und das letzte Viertel eingetreten, bei
mir dagegen vor zwei Tagen erst der Vollmond erschienen war, so hatte ich
die unverhoffte Ehre beschmaust zu werden. Ich konnte dies nicht ablehnen,
weil ich im Fische geboren bin, und mich zum Trinken niemals schlagen ließ.
Es wurde also eine Wasserkanne voll Bier geholt, und als diese xrimo "zMsis
inwiw ausgeleert war. noch etliche andkre nebst den mzesssariis, d. h. Ta¬
bak und Pfeifen. Als wir nun 1'/- Stunden gesessen und in bona, e^ritat
et kratsrnitats eine Kanne se yuoä exeui-rit getrunken hatten, wurden die
Köpfe warm, und auch die am Mittwoch vorgekommenen Sachen wieder rege
gemacht. Härtung behauptete dabei mit eignen Ohren gehört zu haben, daß
Matthäi die ganze Gesellschaft "Bärenhäuter" gescholten habe. Deshalb und
weil ich der Aelteste von den Anwesenden war, wurde ich gebeten, die Sache
auf mich zu nehmen, und den Matthäi zu befragen, welche Ursachen ihn zu>
Beschimpfung der damals versammelt gewesenen Compagnie getrieben hätten.
Ich ließ mich bereden und ging gegen 4 Uhr in des Superintendenten P"'
vathaus. allwo Matthäi wohnte. Als ich an seine Stubenthür, welche offe"
stand, kam, klopfte ich an die linke Thürpfoste, worauf Matthäi herausgetreten
kam. Er war im Schlafpelze, und weil ich ihn am Sonntag im theologische"
Habit gesehen hatte, erkannte ich ihn nicht und begrüßte ihn:

Ego: Sein Diener. Monsieur!


ab geschwärmt, haben die Spielleute tapfer ausstreichen lassen, endlich sich in
der Mitte des Marktes niedergesetzt und gesoffen wie die jungen Grasteufel,
Als sie das Bier ausgeschlacket, haben sie sich von bannen und ohne Zweifel
ein jeder nach Hause begeben. —

Donnerstag früh kam Härtung zu mir und erzählte den ganzen Verlauf
der Sache. Da ich nicht gewohnt bin, Bärenhäuter zu verdauen, so war ich
sogleich resolvirt, Nachfrage zu halten, wo man Matthäi antreffen könne,
Damals waren aber vier Studiosi dieses Namens vorhanden, und deshalb
erfuhr ich erst nach längern Erkundigungen, er würde wahrscheinlich in des
Conrectors Hause, auf Herrn von Felde's, seines Landmanns Stube sein. In,
demselben Hause hatte ich auch mein Logement, und bemeldete Stube lag der
meinigen gegenüber. Ich klopfte an und Herr von Felde berichtete mich auf
meine Frage, daß Matthäi ihn schon wieder verlassen habe und er nicht wisse,
wo er sei. Da es schon Abend zu werden anfing, so schlenderte ich aus
meine Stube, und ließ es für diesmal sein Bewenden haben. —

Freitags ließ sich mein Stubengenoß und Landsmann Rost von Herrn
Vorhauern, I>. I,. send. das Französische lehren, an welcher Stunde Härtung
und andere Theil nahmen. Nachdem dieselbe vorbei war, blieben sie sämmt¬
lich sitzen, und wollten, weil es an selbigem Tage schön liebliches und also
durstiges Wetter war, meinen Stubengenossen beschmausen. Da aber die
Spinnen in seinem Beutel gesponnen, und das letzte Viertel eingetreten, bei
mir dagegen vor zwei Tagen erst der Vollmond erschienen war, so hatte ich
die unverhoffte Ehre beschmaust zu werden. Ich konnte dies nicht ablehnen,
weil ich im Fische geboren bin, und mich zum Trinken niemals schlagen ließ.
Es wurde also eine Wasserkanne voll Bier geholt, und als diese xrimo «zMsis
inwiw ausgeleert war. noch etliche andkre nebst den mzesssariis, d. h. Ta¬
bak und Pfeifen. Als wir nun 1'/- Stunden gesessen und in bona, e^ritat
et kratsrnitats eine Kanne se yuoä exeui-rit getrunken hatten, wurden die
Köpfe warm, und auch die am Mittwoch vorgekommenen Sachen wieder rege
gemacht. Härtung behauptete dabei mit eignen Ohren gehört zu haben, daß
Matthäi die ganze Gesellschaft „Bärenhäuter" gescholten habe. Deshalb und
weil ich der Aelteste von den Anwesenden war, wurde ich gebeten, die Sache
auf mich zu nehmen, und den Matthäi zu befragen, welche Ursachen ihn zu>
Beschimpfung der damals versammelt gewesenen Compagnie getrieben hätten.
Ich ließ mich bereden und ging gegen 4 Uhr in des Superintendenten P"'
vathaus. allwo Matthäi wohnte. Als ich an seine Stubenthür, welche offe»
stand, kam, klopfte ich an die linke Thürpfoste, worauf Matthäi herausgetreten
kam. Er war im Schlafpelze, und weil ich ihn am Sonntag im theologische"
Habit gesehen hatte, erkannte ich ihn nicht und begrüßte ihn:

Ego: Sein Diener. Monsieur!


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[0222] ab geschwärmt, haben die Spielleute tapfer ausstreichen lassen, endlich sich in der Mitte des Marktes niedergesetzt und gesoffen wie die jungen Grasteufel, Als sie das Bier ausgeschlacket, haben sie sich von bannen und ohne Zweifel ein jeder nach Hause begeben. — Donnerstag früh kam Härtung zu mir und erzählte den ganzen Verlauf der Sache. Da ich nicht gewohnt bin, Bärenhäuter zu verdauen, so war ich sogleich resolvirt, Nachfrage zu halten, wo man Matthäi antreffen könne, Damals waren aber vier Studiosi dieses Namens vorhanden, und deshalb erfuhr ich erst nach längern Erkundigungen, er würde wahrscheinlich in des Conrectors Hause, auf Herrn von Felde's, seines Landmanns Stube sein. In, demselben Hause hatte ich auch mein Logement, und bemeldete Stube lag der meinigen gegenüber. Ich klopfte an und Herr von Felde berichtete mich auf meine Frage, daß Matthäi ihn schon wieder verlassen habe und er nicht wisse, wo er sei. Da es schon Abend zu werden anfing, so schlenderte ich aus meine Stube, und ließ es für diesmal sein Bewenden haben. — Freitags ließ sich mein Stubengenoß und Landsmann Rost von Herrn Vorhauern, I>. I,. send. das Französische lehren, an welcher Stunde Härtung und andere Theil nahmen. Nachdem dieselbe vorbei war, blieben sie sämmt¬ lich sitzen, und wollten, weil es an selbigem Tage schön liebliches und also durstiges Wetter war, meinen Stubengenossen beschmausen. Da aber die Spinnen in seinem Beutel gesponnen, und das letzte Viertel eingetreten, bei mir dagegen vor zwei Tagen erst der Vollmond erschienen war, so hatte ich die unverhoffte Ehre beschmaust zu werden. Ich konnte dies nicht ablehnen, weil ich im Fische geboren bin, und mich zum Trinken niemals schlagen ließ. Es wurde also eine Wasserkanne voll Bier geholt, und als diese xrimo «zMsis inwiw ausgeleert war. noch etliche andkre nebst den mzesssariis, d. h. Ta¬ bak und Pfeifen. Als wir nun 1'/- Stunden gesessen und in bona, e^ritat et kratsrnitats eine Kanne se yuoä exeui-rit getrunken hatten, wurden die Köpfe warm, und auch die am Mittwoch vorgekommenen Sachen wieder rege gemacht. Härtung behauptete dabei mit eignen Ohren gehört zu haben, daß Matthäi die ganze Gesellschaft „Bärenhäuter" gescholten habe. Deshalb und weil ich der Aelteste von den Anwesenden war, wurde ich gebeten, die Sache auf mich zu nehmen, und den Matthäi zu befragen, welche Ursachen ihn zu> Beschimpfung der damals versammelt gewesenen Compagnie getrieben hätten. Ich ließ mich bereden und ging gegen 4 Uhr in des Superintendenten P"' vathaus. allwo Matthäi wohnte. Als ich an seine Stubenthür, welche offe» stand, kam, klopfte ich an die linke Thürpfoste, worauf Matthäi herausgetreten kam. Er war im Schlafpelze, und weil ich ihn am Sonntag im theologische" Habit gesehen hatte, erkannte ich ihn nicht und begrüßte ihn: Ego: Sein Diener. Monsieur!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/222>, abgerufen am 27.08.2024.