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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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die Schehabiden zur Alleinherrschaft über das ganze Gebirge gelangt waren,
standen diese Scheichs im Verhältniß von Vasallen oder Unterfürsten zu ihnen.
Als die Herrschaft jener von der Pforte aufgehoben und der Libanon unter
zwei Emirs, einen drusischen und einen maronitischen getheilt wurde, blieb fast
kein einziger Scheich von ihnen unter der Oberherrschaft des Emirs der Christen,
sondern sie traten mit alleiniger Ausnahme der Vorsteher des Stammes Mezher
unter die Herrschaft des im südlichen Libanon regierenden Drusenemirs. Die
Drusenscheichs gebieten über alles Volk, das in ihren Districten wohnt: Drusen,
Mohammedaner, Christen und Motualis, und die Zahl der Christen unter
ihnen betrügt etwa das dreifache der Zahl der Drusen.

Die vornehmsten und reichsten Scheichs der Drusen sind die von der Fa¬
milie Dschunbalat. Sie beherrschen den Dschebel Esch schuf, den Bezirk
Dschezzin, den Dschebel Er Nisan, und den District Charnub. 1853 stand
an ihrer Spitze Said Bey.

Dann sind zu nennen: das Geschlecht Amat, welches von dem schehabidischcn
Emir das untere Arkub erhalten hat. das aus Nordafrika stammende Geschlecht
Beni Neked, welches von jenem über die Districte El Menasef und Esch Scha-
l,ar sowie über den frühern Regierungssitz Dejr El Kamar gesetzt wurde"(den
sie indeß -1841 im Kriege mit den Maroniten verloren, worauf der Pascha
von Saida dorthin einen besondern Kaimakam sandte), ferner das Geschlecht
Telchuk, welches im vorigen Jahrhundert mit der Scheichwürde über den obern
Westen des Gebirgs belehnt wurde, dann das Geschlecht Abdul Melik. welches
die Scheichs des Dschurd liefert.

Diese fünf Familien erfreuen sich eines größern Ansehens als alle andern
Scheichs der Drusen. Andere sind: die Scheichs der Familie Id, welche das
obere Arknb. und die Beni Hamadi, welche den Flecken B'alcun beherrschen.

Die Stämme des Libanon zerfallen rücksichtlich der Gemeinschaft der
Emire, Scheichs und Unterthanen in zwei Theile: die Dschunbalati und die
Iezbeki. Zu de" erstem gehören die Dschunbalat, die Ruslan und die Id.
zu den letztern die Amat, die Telchuk und die Abdul Melik, sodaß die Emire
des Gebirges, die Schehab und die Abu Lama unter die Dschunbalati und
Jezbeki vertheilt sind. Nur das Geschlecht Relat steht zwischen beiden Gruppe"
in der Mitte und neigt bald zu der einen, bald zu der andern hin.

In Chasbeya herrscht die mit den Dschunbalat verwandte Familie Sehens
und die Familie Kis. Die Scheichs von Nascheya stehen unter denen von
Chasbeya, die größten unter ihnen sind die Familie Orjan und die Familie
Nassar. Die Scheichs von Chasbeya wieder sind dem mohammedanischen
Emir aus dem Geschlecht Schehab unterworfen, der seinerseits unter dem Pascli^
von Damaskus steht. Unter den Adelsfamilien des Hauran sind die Bein
Hamdan die vornehmsten, aus denen der Scheich der Scheichs über ihre Ort-


die Schehabiden zur Alleinherrschaft über das ganze Gebirge gelangt waren,
standen diese Scheichs im Verhältniß von Vasallen oder Unterfürsten zu ihnen.
Als die Herrschaft jener von der Pforte aufgehoben und der Libanon unter
zwei Emirs, einen drusischen und einen maronitischen getheilt wurde, blieb fast
kein einziger Scheich von ihnen unter der Oberherrschaft des Emirs der Christen,
sondern sie traten mit alleiniger Ausnahme der Vorsteher des Stammes Mezher
unter die Herrschaft des im südlichen Libanon regierenden Drusenemirs. Die
Drusenscheichs gebieten über alles Volk, das in ihren Districten wohnt: Drusen,
Mohammedaner, Christen und Motualis, und die Zahl der Christen unter
ihnen betrügt etwa das dreifache der Zahl der Drusen.

Die vornehmsten und reichsten Scheichs der Drusen sind die von der Fa¬
milie Dschunbalat. Sie beherrschen den Dschebel Esch schuf, den Bezirk
Dschezzin, den Dschebel Er Nisan, und den District Charnub. 1853 stand
an ihrer Spitze Said Bey.

Dann sind zu nennen: das Geschlecht Amat, welches von dem schehabidischcn
Emir das untere Arkub erhalten hat. das aus Nordafrika stammende Geschlecht
Beni Neked, welches von jenem über die Districte El Menasef und Esch Scha-
l,ar sowie über den frühern Regierungssitz Dejr El Kamar gesetzt wurde»(den
sie indeß -1841 im Kriege mit den Maroniten verloren, worauf der Pascha
von Saida dorthin einen besondern Kaimakam sandte), ferner das Geschlecht
Telchuk, welches im vorigen Jahrhundert mit der Scheichwürde über den obern
Westen des Gebirgs belehnt wurde, dann das Geschlecht Abdul Melik. welches
die Scheichs des Dschurd liefert.

Diese fünf Familien erfreuen sich eines größern Ansehens als alle andern
Scheichs der Drusen. Andere sind: die Scheichs der Familie Id, welche das
obere Arknb. und die Beni Hamadi, welche den Flecken B'alcun beherrschen.

Die Stämme des Libanon zerfallen rücksichtlich der Gemeinschaft der
Emire, Scheichs und Unterthanen in zwei Theile: die Dschunbalati und die
Iezbeki. Zu de» erstem gehören die Dschunbalat, die Ruslan und die Id.
zu den letztern die Amat, die Telchuk und die Abdul Melik, sodaß die Emire
des Gebirges, die Schehab und die Abu Lama unter die Dschunbalati und
Jezbeki vertheilt sind. Nur das Geschlecht Relat steht zwischen beiden Gruppe»
in der Mitte und neigt bald zu der einen, bald zu der andern hin.

In Chasbeya herrscht die mit den Dschunbalat verwandte Familie Sehens
und die Familie Kis. Die Scheichs von Nascheya stehen unter denen von
Chasbeya, die größten unter ihnen sind die Familie Orjan und die Familie
Nassar. Die Scheichs von Chasbeya wieder sind dem mohammedanischen
Emir aus dem Geschlecht Schehab unterworfen, der seinerseits unter dem Pascli^
von Damaskus steht. Unter den Adelsfamilien des Hauran sind die Bein
Hamdan die vornehmsten, aus denen der Scheich der Scheichs über ihre Ort-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/190>, abgerufen am 26.08.2024.