Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.zur Unterstützung und Pflege der Verwundeten. Im großartigsten Maßstabe Diese Ziffer erscheint um so bedeutungsvoller, wenn man bedenkt, daß Aber diese Begeisterung sollte sehr bald erlöschen und Unmuth, Ermattung Denn trotz der ungeheuren Geldopfer und der überstürzenden Hast, mit Aber schon die ersten Unfälle, besonders der Tag bei Montebello, erzeugten Grenzboten I. 18L1. 22
zur Unterstützung und Pflege der Verwundeten. Im großartigsten Maßstabe Diese Ziffer erscheint um so bedeutungsvoller, wenn man bedenkt, daß Aber diese Begeisterung sollte sehr bald erlöschen und Unmuth, Ermattung Denn trotz der ungeheuren Geldopfer und der überstürzenden Hast, mit Aber schon die ersten Unfälle, besonders der Tag bei Montebello, erzeugten Grenzboten I. 18L1. 22
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zur Unterstützung und Pflege der Verwundeten. Im großartigsten Maßstabe
bethätigte sich die Opferwilligkeit der Provinzen an der Errichtung der Frei-
corps. Fünsunddreißigtausend Mann, theils zu Pferd theils zu Fuß waren
binnen wenigen Wochen nach dem ersten Aufrufe zu den Waffen geeilt, un¬
gerechnet Jene, welche sich zu den stehenden Truppen anwerben ließen, und
ohne Einschluß der tirolischen Landesvertheidiger und der Trichter Milizen!
Diese Ziffer erscheint um so bedeutungsvoller, wenn man bedenkt, daß
man die Freicorps in Oestreich von jeher, wie etwa die Fremdenregimenter
in Frankreich, d. h. als Kanonenfutter verwendete.
Aber diese Begeisterung sollte sehr bald erlöschen und Unmuth, Ermattung
und Abgestumpftheit an ihre Stelle treten.
Denn trotz der ungeheuren Geldopfer und der überstürzenden Hast, mit
welcher die Rüstungen betrieben worden waren, zeigte es sich gleich bei der
Eröffnung des Feldzuges, daß es eigentlich an Allem fehlte. Das Kriegs-
commissariat, welches erst kurz vorher, zum Belorusse der ganzen Armee, reor-
ganisirt und ungebührlich bevorzugt worden war, erwies sich als gänzlich
unentsprechend, indem es jetzt mit - der Verpflegung mißlicher wie je aus¬
sah. Oft mußte der Soldat ohne genügende Nahrung auf den ermüdendsten
Märschen und auf Vorposten tagelang allen Unbilden der Witterung trotzen,
während die für ihn bestimmten Brod-, Fleisch- und Wcinvorräthe an entle¬
genen Orten theils verdarben, theils später dem Feinde zu Gute kamen. .
Zwecklose Hin- und Hermärsche und der bei jeder Gelegenheit sich, breit ma¬
chende Parade- und Kamaschendienst ermüdeten und verstimmten die Truppen.
Unter den Generalen herrschten Uneinigkeit und Neid, wozu eine" fast unglaub¬
liche Unschlüssigkeit hinzukam, welche bei einigen in dem Gefühle ihrer eigenen
Unfähigkeit, meistens aber darin ihren Grund hatte, daß der alte berüchtigte
Hofkriegsrath? — zwar unter anderem Namen — aber in noch ärgerer Gestalt
wieder erstanden war, indem man die Operationen bis in das kleinste Detail
von Wien aus leiten zu können vermeinte. Demungeachtet wiegten sich höhere
und niedere Offiziere selbst jetzt noch in Siegesträumen.
Aber schon die ersten Unfälle, besonders der Tag bei Montebello, erzeugten
>n dem Hauptquartier die maßloseste Verwirrung. Furcht vor der Größe der
Zu übernehmenden Verantwortlichkeit lähmte die Thatkraft der Einen, während
Andere in gut gemeintem, aber schlecht angewendeten Eifer sich in ihnen nicht
zugewiesene Dinge mengten und dadurch Unordnung hervorriefen. Jene end-
uch, welche Willen und Einsicht besaßen, wurden am Bessermcichcn durch das
Mißtrauen der Uebrigen oder durch den zu beschränkten Wirkungskreis ihrer
Stellung verhindert. So bei Magenta nach der Ankunft des Feldzeugmeisters
Heß- Das Erscheinen, des Letzteren wurde mit Jubel begrüßt, da man längst
°'nen Wechsel im Oberbefehle als das einzige Rettungsmittel erkannt hatte.
Grenzboten I. 18L1. 22
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