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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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lieben Vernehmung Zeugen dn Unschuld, Menschenliebe. Ehrlichkeit und Un-
eigennützigkeit Richters. das angebliche Gewebe von ungeheurem Lug und Trug
zerriß, als der frische Hauch eines freien Wortes dazwischen fuhr. Nicht nur
daß alle, die über Richters Handlungen und Charakter vernommen wurden,
ihm das ehrenvollste Zeugniß gaben, daß sie den angeblichen Betrüger als
einen Mann schilderten, welcher der angeschuldeten Verbrechen unfähig war,
auch Männer, die, wie Freiherr von Brentano, außerhalb jedes Angriffes
standen, fanden sich durch die schiefe Darstellung der Anklage verletzt. Der
Staatsanwalt mäkelte anfangs bei jedem Zeugen, der für Richter günstig
aussagte, wegen der Beeidigung, selbst den wackern Oberst v. Georgi wollte
er erst dann zum Schwüre zulassen, wenn Sachverständige seine Ansichten
als richtig bestätigt hätten, bald aber zeigte sich, daß man alle Zeugen ver¬
werfen müsse, wenn sie blos das Lob des Angeklagten verdächtig machen
sollte. Nur Ein Vorwurf blieb an ihm haften, jener der falschen Angabe.

Freiherr v. Eynatten war es. der seiner Frau die Jnformation gab. wie
sie vor Gericht aussagen müsse. Sie selbst gestand. er sei vor sie getreten
Mit einem von ihm geschriebenen Zettel, den sie auswendig lernen mußte,
des Inhalts: "sie Hütte Richtern das Geld für die angekauften Nordbahn-
actien gebracht." Richter that ihr. wie er angab, den Gefallen, zu bestätigen:
>,sie habe die 25 Nordbcchnacticn vollständig bezahlt," und glaubte nachher
sich über diese falsche Aussage am leichtesten dadurch zu rechtfertigen, daß er
sich nach deren Ankauf entschlossen habe, den Mehrbetrag über die daran er¬
haltenen 20.000 si., "wenn nöthig, ans seinem Eignen zu tragen, da ihm
sure Verhältnisse gestatteten, ein solches Cadeau zu machen." Das Geschenk
sollte also die Zahlung vollständig machen, dies aber auch nur dann, wenn
^ genöthigt würde, ein solches Opfer zu bringen. Der Staatsanwalt und
°le Richter fanden nun in diesem Nothbehelf zwei Umstünde zur gesetzlichen
Überweisung: die falsche Verantwortung und das Gestündniß. das nur eine
willkürliche Deutung in jene Worte hineinlegen kann. Es war überdies
Tage des Kaufes der Nordbahnactien. am 15. Juli 1860. kein Grund
in einer Bestechung vorhanden, weil der Friede bereits abgeschlossen, somit
in neuen Geschüften mit dem Armeeobercommando keine Aussicht offen stand,
Gewinn der beHangenden aber keinen Anlaß dazu bot. Es fehlte also
Gegenstand der Parteilichkeit und die Absicht der Verleitung. Gegen die
^Wahrung des zweiten Antlagcpunctes, die Rückdatirung des Devisenkanfes.
Aachen sich alle dazu in einiger Beziehung stehenden Zeugen aus. Schiff,
^lentono. Hvrnbostel, Hoppe. Selbst der Leiter des Finanzministeriums gab
sein Gutachten zu Gunsten Richters ab. Ja was an Beweisen aufzubringen
^ar. deutete aus den am 7. Juli erfolgten Kaufsabschluß und keinen späte¬
rn. Der ganze Rest der Anklage war durch die Zeugen bis auf die kleinsten


lieben Vernehmung Zeugen dn Unschuld, Menschenliebe. Ehrlichkeit und Un-
eigennützigkeit Richters. das angebliche Gewebe von ungeheurem Lug und Trug
zerriß, als der frische Hauch eines freien Wortes dazwischen fuhr. Nicht nur
daß alle, die über Richters Handlungen und Charakter vernommen wurden,
ihm das ehrenvollste Zeugniß gaben, daß sie den angeblichen Betrüger als
einen Mann schilderten, welcher der angeschuldeten Verbrechen unfähig war,
auch Männer, die, wie Freiherr von Brentano, außerhalb jedes Angriffes
standen, fanden sich durch die schiefe Darstellung der Anklage verletzt. Der
Staatsanwalt mäkelte anfangs bei jedem Zeugen, der für Richter günstig
aussagte, wegen der Beeidigung, selbst den wackern Oberst v. Georgi wollte
er erst dann zum Schwüre zulassen, wenn Sachverständige seine Ansichten
als richtig bestätigt hätten, bald aber zeigte sich, daß man alle Zeugen ver¬
werfen müsse, wenn sie blos das Lob des Angeklagten verdächtig machen
sollte. Nur Ein Vorwurf blieb an ihm haften, jener der falschen Angabe.

Freiherr v. Eynatten war es. der seiner Frau die Jnformation gab. wie
sie vor Gericht aussagen müsse. Sie selbst gestand. er sei vor sie getreten
Mit einem von ihm geschriebenen Zettel, den sie auswendig lernen mußte,
des Inhalts: „sie Hütte Richtern das Geld für die angekauften Nordbahn-
actien gebracht." Richter that ihr. wie er angab, den Gefallen, zu bestätigen:
>,sie habe die 25 Nordbcchnacticn vollständig bezahlt," und glaubte nachher
sich über diese falsche Aussage am leichtesten dadurch zu rechtfertigen, daß er
sich nach deren Ankauf entschlossen habe, den Mehrbetrag über die daran er¬
haltenen 20.000 si., „wenn nöthig, ans seinem Eignen zu tragen, da ihm
sure Verhältnisse gestatteten, ein solches Cadeau zu machen." Das Geschenk
sollte also die Zahlung vollständig machen, dies aber auch nur dann, wenn
^ genöthigt würde, ein solches Opfer zu bringen. Der Staatsanwalt und
°le Richter fanden nun in diesem Nothbehelf zwei Umstünde zur gesetzlichen
Überweisung: die falsche Verantwortung und das Gestündniß. das nur eine
willkürliche Deutung in jene Worte hineinlegen kann. Es war überdies
Tage des Kaufes der Nordbahnactien. am 15. Juli 1860. kein Grund
in einer Bestechung vorhanden, weil der Friede bereits abgeschlossen, somit
in neuen Geschüften mit dem Armeeobercommando keine Aussicht offen stand,
Gewinn der beHangenden aber keinen Anlaß dazu bot. Es fehlte also
Gegenstand der Parteilichkeit und die Absicht der Verleitung. Gegen die
^Wahrung des zweiten Antlagcpunctes, die Rückdatirung des Devisenkanfes.
Aachen sich alle dazu in einiger Beziehung stehenden Zeugen aus. Schiff,
^lentono. Hvrnbostel, Hoppe. Selbst der Leiter des Finanzministeriums gab
sein Gutachten zu Gunsten Richters ab. Ja was an Beweisen aufzubringen
^ar. deutete aus den am 7. Juli erfolgten Kaufsabschluß und keinen späte¬
rn. Der ganze Rest der Anklage war durch die Zeugen bis auf die kleinsten


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[0121] lieben Vernehmung Zeugen dn Unschuld, Menschenliebe. Ehrlichkeit und Un- eigennützigkeit Richters. das angebliche Gewebe von ungeheurem Lug und Trug zerriß, als der frische Hauch eines freien Wortes dazwischen fuhr. Nicht nur daß alle, die über Richters Handlungen und Charakter vernommen wurden, ihm das ehrenvollste Zeugniß gaben, daß sie den angeblichen Betrüger als einen Mann schilderten, welcher der angeschuldeten Verbrechen unfähig war, auch Männer, die, wie Freiherr von Brentano, außerhalb jedes Angriffes standen, fanden sich durch die schiefe Darstellung der Anklage verletzt. Der Staatsanwalt mäkelte anfangs bei jedem Zeugen, der für Richter günstig aussagte, wegen der Beeidigung, selbst den wackern Oberst v. Georgi wollte er erst dann zum Schwüre zulassen, wenn Sachverständige seine Ansichten als richtig bestätigt hätten, bald aber zeigte sich, daß man alle Zeugen ver¬ werfen müsse, wenn sie blos das Lob des Angeklagten verdächtig machen sollte. Nur Ein Vorwurf blieb an ihm haften, jener der falschen Angabe. Freiherr v. Eynatten war es. der seiner Frau die Jnformation gab. wie sie vor Gericht aussagen müsse. Sie selbst gestand. er sei vor sie getreten Mit einem von ihm geschriebenen Zettel, den sie auswendig lernen mußte, des Inhalts: „sie Hütte Richtern das Geld für die angekauften Nordbahn- actien gebracht." Richter that ihr. wie er angab, den Gefallen, zu bestätigen: >,sie habe die 25 Nordbcchnacticn vollständig bezahlt," und glaubte nachher sich über diese falsche Aussage am leichtesten dadurch zu rechtfertigen, daß er sich nach deren Ankauf entschlossen habe, den Mehrbetrag über die daran er¬ haltenen 20.000 si., „wenn nöthig, ans seinem Eignen zu tragen, da ihm sure Verhältnisse gestatteten, ein solches Cadeau zu machen." Das Geschenk sollte also die Zahlung vollständig machen, dies aber auch nur dann, wenn ^ genöthigt würde, ein solches Opfer zu bringen. Der Staatsanwalt und °le Richter fanden nun in diesem Nothbehelf zwei Umstünde zur gesetzlichen Überweisung: die falsche Verantwortung und das Gestündniß. das nur eine willkürliche Deutung in jene Worte hineinlegen kann. Es war überdies Tage des Kaufes der Nordbahnactien. am 15. Juli 1860. kein Grund in einer Bestechung vorhanden, weil der Friede bereits abgeschlossen, somit in neuen Geschüften mit dem Armeeobercommando keine Aussicht offen stand, Gewinn der beHangenden aber keinen Anlaß dazu bot. Es fehlte also Gegenstand der Parteilichkeit und die Absicht der Verleitung. Gegen die ^Wahrung des zweiten Antlagcpunctes, die Rückdatirung des Devisenkanfes. Aachen sich alle dazu in einiger Beziehung stehenden Zeugen aus. Schiff, ^lentono. Hvrnbostel, Hoppe. Selbst der Leiter des Finanzministeriums gab sein Gutachten zu Gunsten Richters ab. Ja was an Beweisen aufzubringen ^ar. deutete aus den am 7. Juli erfolgten Kaufsabschluß und keinen späte¬ rn. Der ganze Rest der Anklage war durch die Zeugen bis auf die kleinsten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/121>, abgerufen am 25.08.2024.