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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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procurator von Bonn, Herr v. Ammon, in einer etwas kurz gehaltenen amt¬
lichen Erklärung in Ur 263 der Kölnischen Zeitung mittheilt, geschah am
folgenden Tage, 13. September,, die Vernehmung vor dem Jnstructionsrichter
und begann damit das gerichtliche Verfahren. Aber spater erschien in der
Cölnischen Zeitung vom 30. October eine Zuschrift aus offenbar gut unterrich¬
teter Feder, welche behauptete, der gerichtliche Haftbefehl sei erst am 15. Sep¬
tember Nachmittags nach vier Uhr übergeben worden, und blieb ohne Er¬
wiederung. Diese Unregelmäßigkeit ist in den folgenden Verhandlungen von
Herrn v. Ammon zugegeben und durch eine dringende dienstliche Abwesenheit
des betreffenden Beamten' entschuldigt worden. Leider ist das Gesetz, welches
die Ausdehnung der blos polizeilichen Verwahrung über die Frist von 24
Stunden hinaus verbietet, anderswo in Preußen zu oft und zu schwer ver¬
letzt morde", als daß wir nicht in einem Falle wie der vorliegende seine
strengste Beobachtung auf das dringendste gewünscht hätten.

Am 18. September wurde der Proceß gegen Macdonald in öffentlicher
Sitzung des Zuchtpolizeigerichts zu Bonn verhandelt, der Angeklagte des ihm
zur Last gelegten Vergehens schuldig befunden und zu einer Geldbuße ver-
urtheilt. Im Interesse einer schnellen Erledigung der Sache hatte man.das
Zeugenverhör auf das knappste Maaß beschränkt, so daß die Entscheidung
eigentlich ganz auf dem Zeugnisse des Herrn Hoffman beruhte. Juristisch be¬
frachtet ist hiergegen wenig einzuwenden, da die Beleidigung eines Beamten
in Bezug auf seinen Beruf, aus die es ankam, am einfachsten durch den Amts¬
eid des Betheiligten constatirt werden konnte, allein wie der Fall moralisch
zu beurtheilen sei, blieb dabei ziemlich im Dunkeln. Hierfür kam alles auf
die Entstehung und Entwicklung des Streites mit Parow an; war Capt.
Macdonald bei diesem nicht im Unrecht, so mochte er, als Herr Hoffmann
hinzukam, schon gereizt sein und sich dem fremden Manne gegenüber, dessen
Stellung ihm unbekannt war, im Zustande einer gezwungenen Nothwehr glau¬
ben. Dr. Parow. der von Bonn abwesend war. wurde nicht geladen, ebenso
wenig aber anch eine Dame aus Cöln, die während des Vorganges in dem
welthistorischen Coupv gesessen hatte und deren für Macdonald günstige, der
Parow'sehen theilweise entgegenstehende Aussage merkwürdiger Weise erst in
dem im December geführten Processe gegen die Unterzeichner des Protestes
zum Vorschein gekommen ist. Was die Hauptsache betrifft, so kann nie¬
mand darüber im Zweifel sein. daß. wenn nicht die größten Gefahren für die
Sicherheit der Personen entstehen sollen, die Anordnungen einer Eisenbahn¬
polizei eine ebenso unbedingte Autorität in Anspruch nehmen müssen, wie
die eines Schisfscapitäns und daß ein Widerstand gegen die damit Betrauten
straffällig sein muß.

Ein Incidenzfall in der Sitzung vom 18. September ließ jene ersten Keime


procurator von Bonn, Herr v. Ammon, in einer etwas kurz gehaltenen amt¬
lichen Erklärung in Ur 263 der Kölnischen Zeitung mittheilt, geschah am
folgenden Tage, 13. September,, die Vernehmung vor dem Jnstructionsrichter
und begann damit das gerichtliche Verfahren. Aber spater erschien in der
Cölnischen Zeitung vom 30. October eine Zuschrift aus offenbar gut unterrich¬
teter Feder, welche behauptete, der gerichtliche Haftbefehl sei erst am 15. Sep¬
tember Nachmittags nach vier Uhr übergeben worden, und blieb ohne Er¬
wiederung. Diese Unregelmäßigkeit ist in den folgenden Verhandlungen von
Herrn v. Ammon zugegeben und durch eine dringende dienstliche Abwesenheit
des betreffenden Beamten' entschuldigt worden. Leider ist das Gesetz, welches
die Ausdehnung der blos polizeilichen Verwahrung über die Frist von 24
Stunden hinaus verbietet, anderswo in Preußen zu oft und zu schwer ver¬
letzt morde», als daß wir nicht in einem Falle wie der vorliegende seine
strengste Beobachtung auf das dringendste gewünscht hätten.

Am 18. September wurde der Proceß gegen Macdonald in öffentlicher
Sitzung des Zuchtpolizeigerichts zu Bonn verhandelt, der Angeklagte des ihm
zur Last gelegten Vergehens schuldig befunden und zu einer Geldbuße ver-
urtheilt. Im Interesse einer schnellen Erledigung der Sache hatte man.das
Zeugenverhör auf das knappste Maaß beschränkt, so daß die Entscheidung
eigentlich ganz auf dem Zeugnisse des Herrn Hoffman beruhte. Juristisch be¬
frachtet ist hiergegen wenig einzuwenden, da die Beleidigung eines Beamten
in Bezug auf seinen Beruf, aus die es ankam, am einfachsten durch den Amts¬
eid des Betheiligten constatirt werden konnte, allein wie der Fall moralisch
zu beurtheilen sei, blieb dabei ziemlich im Dunkeln. Hierfür kam alles auf
die Entstehung und Entwicklung des Streites mit Parow an; war Capt.
Macdonald bei diesem nicht im Unrecht, so mochte er, als Herr Hoffmann
hinzukam, schon gereizt sein und sich dem fremden Manne gegenüber, dessen
Stellung ihm unbekannt war, im Zustande einer gezwungenen Nothwehr glau¬
ben. Dr. Parow. der von Bonn abwesend war. wurde nicht geladen, ebenso
wenig aber anch eine Dame aus Cöln, die während des Vorganges in dem
welthistorischen Coupv gesessen hatte und deren für Macdonald günstige, der
Parow'sehen theilweise entgegenstehende Aussage merkwürdiger Weise erst in
dem im December geführten Processe gegen die Unterzeichner des Protestes
zum Vorschein gekommen ist. Was die Hauptsache betrifft, so kann nie¬
mand darüber im Zweifel sein. daß. wenn nicht die größten Gefahren für die
Sicherheit der Personen entstehen sollen, die Anordnungen einer Eisenbahn¬
polizei eine ebenso unbedingte Autorität in Anspruch nehmen müssen, wie
die eines Schisfscapitäns und daß ein Widerstand gegen die damit Betrauten
straffällig sein muß.

Ein Incidenzfall in der Sitzung vom 18. September ließ jene ersten Keime


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[0112] procurator von Bonn, Herr v. Ammon, in einer etwas kurz gehaltenen amt¬ lichen Erklärung in Ur 263 der Kölnischen Zeitung mittheilt, geschah am folgenden Tage, 13. September,, die Vernehmung vor dem Jnstructionsrichter und begann damit das gerichtliche Verfahren. Aber spater erschien in der Cölnischen Zeitung vom 30. October eine Zuschrift aus offenbar gut unterrich¬ teter Feder, welche behauptete, der gerichtliche Haftbefehl sei erst am 15. Sep¬ tember Nachmittags nach vier Uhr übergeben worden, und blieb ohne Er¬ wiederung. Diese Unregelmäßigkeit ist in den folgenden Verhandlungen von Herrn v. Ammon zugegeben und durch eine dringende dienstliche Abwesenheit des betreffenden Beamten' entschuldigt worden. Leider ist das Gesetz, welches die Ausdehnung der blos polizeilichen Verwahrung über die Frist von 24 Stunden hinaus verbietet, anderswo in Preußen zu oft und zu schwer ver¬ letzt morde», als daß wir nicht in einem Falle wie der vorliegende seine strengste Beobachtung auf das dringendste gewünscht hätten. Am 18. September wurde der Proceß gegen Macdonald in öffentlicher Sitzung des Zuchtpolizeigerichts zu Bonn verhandelt, der Angeklagte des ihm zur Last gelegten Vergehens schuldig befunden und zu einer Geldbuße ver- urtheilt. Im Interesse einer schnellen Erledigung der Sache hatte man.das Zeugenverhör auf das knappste Maaß beschränkt, so daß die Entscheidung eigentlich ganz auf dem Zeugnisse des Herrn Hoffman beruhte. Juristisch be¬ frachtet ist hiergegen wenig einzuwenden, da die Beleidigung eines Beamten in Bezug auf seinen Beruf, aus die es ankam, am einfachsten durch den Amts¬ eid des Betheiligten constatirt werden konnte, allein wie der Fall moralisch zu beurtheilen sei, blieb dabei ziemlich im Dunkeln. Hierfür kam alles auf die Entstehung und Entwicklung des Streites mit Parow an; war Capt. Macdonald bei diesem nicht im Unrecht, so mochte er, als Herr Hoffmann hinzukam, schon gereizt sein und sich dem fremden Manne gegenüber, dessen Stellung ihm unbekannt war, im Zustande einer gezwungenen Nothwehr glau¬ ben. Dr. Parow. der von Bonn abwesend war. wurde nicht geladen, ebenso wenig aber anch eine Dame aus Cöln, die während des Vorganges in dem welthistorischen Coupv gesessen hatte und deren für Macdonald günstige, der Parow'sehen theilweise entgegenstehende Aussage merkwürdiger Weise erst in dem im December geführten Processe gegen die Unterzeichner des Protestes zum Vorschein gekommen ist. Was die Hauptsache betrifft, so kann nie¬ mand darüber im Zweifel sein. daß. wenn nicht die größten Gefahren für die Sicherheit der Personen entstehen sollen, die Anordnungen einer Eisenbahn¬ polizei eine ebenso unbedingte Autorität in Anspruch nehmen müssen, wie die eines Schisfscapitäns und daß ein Widerstand gegen die damit Betrauten straffällig sein muß. Ein Incidenzfall in der Sitzung vom 18. September ließ jene ersten Keime

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/112>, abgerufen am 26.08.2024.