Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.bewundernswürdiger Werke, oder gar auf die idäischen Daktylen, die Telchi- Allein es bedarf aller dieser Ausführungen wenig, wenn wir darauf hin¬ Mögen auch gelehrte Mythologen die Erscheinung der ersteren noch so bewundernswürdiger Werke, oder gar auf die idäischen Daktylen, die Telchi- Allein es bedarf aller dieser Ausführungen wenig, wenn wir darauf hin¬ Mögen auch gelehrte Mythologen die Erscheinung der ersteren noch so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0070" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110418"/> <p xml:id="ID_149" prev="#ID_148"> bewundernswürdiger Werke, oder gar auf die idäischen Daktylen, die Telchi-<lb/> nen in Rhodos oder auf die Korybanten der'Großen Mutter: wir könnten<lb/> einfach an Anchises erinnern, der die Rinder weidete, als ihn die süßiächelnde<lb/> Göttin aufsuchte, um ihm ihre Gunst zu schenken, oder an Aeneas, an die<lb/> Söhne des Priamos auf dem Ida, an die sieben Brüder der Andromache.<lb/> die Achill bei den Heerden erschlug. Sie alle halsen den Knechten bei der<lb/> Arbeit, obschon sie Fürstensöhne waren. Der fingirte Wahnsinn des schlauen<lb/> Beherrschers von Ithaka ward von dem noch schlaueren Palamedes. der in<lb/> der Geschichte der Erfindungen mehrfach genannt wird, bekanntlich bei einer<lb/> banausen Beschäftigung entdeckt, und Odysseus ist es auch, der sich rühmte,<lb/> daß er Holz spalten und zum Feuer zusammenlegen, Fleisch braten und zer¬<lb/> theilen, sowie ähnliche Dienste geringer Leute verrichten könne. Sein Bett<lb/> zimmerte er mit eigner Hand; im Schiffsbau war er gleich erfahren. Vor¬<lb/> trefflich scheint sich auf den Gartenbau sein Vater Laertes verstanden zu ha¬<lb/> ben. Paris betheiligte sich mit sachkundigen Gehilfen bei dem Baue seines<lb/> Palastes; sein Bruder Lykaon schnitt Holz zum Wagen, und die Brüder der<lb/> Nausikaa leisteten ihrer Schwester Dienste, die das spätre Alterthum und unsre<lb/> Zeit nur von Stallknechten zu beanspruchen Pflegt. Und wie die niedrigsten<lb/> Verrichtungen die Männer nicht entehrten, so gab es noch weniger Anstoß,<lb/> wenn Frauen sich selbst der geringsten weiblichen Beschäftigungen befleißigten.<lb/> Die Phäakenfürstin und ihre sittige Tochter, welche recht wol gewußt zu ha¬<lb/> ben scheint, wie in dem für manche Haushaltungen so bedeutenden und drücken¬<lb/> den Wäscherlohne Ersparnisse anzubringen seien, Penelope ferner, Andromache<lb/> und andre Frauen und Töchter der Edeln sind Muster wirthschaftlicher Häus¬<lb/> lichkeit. Selbst Helena verdient insofern das Lob einer bedächtigen und flei¬<lb/> ßigen Hausfrau, als sie trotz der Unterbrechungen und mehr oder minder<lb/> freiwilligen Reisen, wozu das Unstätte ihrer Neigungen sie veranlaßte, dennoch<lb/> ganze Kästen mit den Werken ihrer emsigen Hand gefüllt hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_150"> Allein es bedarf aller dieser Ausführungen wenig, wenn wir darauf hin¬<lb/> weisen, daß der religiöse Glaube des griechischen Volks die Arbeit im eigent¬<lb/> lichen Sinne des Wortes in den Himmel erhob und sie durch die Thätigkeit<lb/> der Unsterblichen geheiligt werden ließ. Wir meinen nicht den Frohndienst,<lb/> den Poseidon und Apollon dem betrügerischen Laomedon leisteten; wir denken<lb/> nicht um die goldne Spindel der Artemis, an den Webebaum der Kalypso<lb/> und Kirke oder an die mannichfachen Verrichtungen der Hebe; auch die dunkle<lb/> Gestalt des Prometheus rufen wir nicht herbei: Athena Ergane vielmehr und<lb/> Hephästos sind es, die wir hier im Auge haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_151" next="#ID_152"> Mögen auch gelehrte Mythologen die Erscheinung der ersteren noch so<lb/> tiefsinnig deuten, dem gemeinen Manne in Athen und Sparta, in Elis, Thes-<lb/> piä und wo sie sonst noch verehrt wurde, war die Göttin in dieser Gestalt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
bewundernswürdiger Werke, oder gar auf die idäischen Daktylen, die Telchi-
nen in Rhodos oder auf die Korybanten der'Großen Mutter: wir könnten
einfach an Anchises erinnern, der die Rinder weidete, als ihn die süßiächelnde
Göttin aufsuchte, um ihm ihre Gunst zu schenken, oder an Aeneas, an die
Söhne des Priamos auf dem Ida, an die sieben Brüder der Andromache.
die Achill bei den Heerden erschlug. Sie alle halsen den Knechten bei der
Arbeit, obschon sie Fürstensöhne waren. Der fingirte Wahnsinn des schlauen
Beherrschers von Ithaka ward von dem noch schlaueren Palamedes. der in
der Geschichte der Erfindungen mehrfach genannt wird, bekanntlich bei einer
banausen Beschäftigung entdeckt, und Odysseus ist es auch, der sich rühmte,
daß er Holz spalten und zum Feuer zusammenlegen, Fleisch braten und zer¬
theilen, sowie ähnliche Dienste geringer Leute verrichten könne. Sein Bett
zimmerte er mit eigner Hand; im Schiffsbau war er gleich erfahren. Vor¬
trefflich scheint sich auf den Gartenbau sein Vater Laertes verstanden zu ha¬
ben. Paris betheiligte sich mit sachkundigen Gehilfen bei dem Baue seines
Palastes; sein Bruder Lykaon schnitt Holz zum Wagen, und die Brüder der
Nausikaa leisteten ihrer Schwester Dienste, die das spätre Alterthum und unsre
Zeit nur von Stallknechten zu beanspruchen Pflegt. Und wie die niedrigsten
Verrichtungen die Männer nicht entehrten, so gab es noch weniger Anstoß,
wenn Frauen sich selbst der geringsten weiblichen Beschäftigungen befleißigten.
Die Phäakenfürstin und ihre sittige Tochter, welche recht wol gewußt zu ha¬
ben scheint, wie in dem für manche Haushaltungen so bedeutenden und drücken¬
den Wäscherlohne Ersparnisse anzubringen seien, Penelope ferner, Andromache
und andre Frauen und Töchter der Edeln sind Muster wirthschaftlicher Häus¬
lichkeit. Selbst Helena verdient insofern das Lob einer bedächtigen und flei¬
ßigen Hausfrau, als sie trotz der Unterbrechungen und mehr oder minder
freiwilligen Reisen, wozu das Unstätte ihrer Neigungen sie veranlaßte, dennoch
ganze Kästen mit den Werken ihrer emsigen Hand gefüllt hatte.
Allein es bedarf aller dieser Ausführungen wenig, wenn wir darauf hin¬
weisen, daß der religiöse Glaube des griechischen Volks die Arbeit im eigent¬
lichen Sinne des Wortes in den Himmel erhob und sie durch die Thätigkeit
der Unsterblichen geheiligt werden ließ. Wir meinen nicht den Frohndienst,
den Poseidon und Apollon dem betrügerischen Laomedon leisteten; wir denken
nicht um die goldne Spindel der Artemis, an den Webebaum der Kalypso
und Kirke oder an die mannichfachen Verrichtungen der Hebe; auch die dunkle
Gestalt des Prometheus rufen wir nicht herbei: Athena Ergane vielmehr und
Hephästos sind es, die wir hier im Auge haben.
Mögen auch gelehrte Mythologen die Erscheinung der ersteren noch so
tiefsinnig deuten, dem gemeinen Manne in Athen und Sparta, in Elis, Thes-
piä und wo sie sonst noch verehrt wurde, war die Göttin in dieser Gestalt
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