Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Anlaß zu Besorgnissen vorhanden, daß von dieser Seite her die schwere Arbeit Anlaß zu Besorgnissen vorhanden, daß von dieser Seite her die schwere Arbeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0062" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110410"/> <p xml:id="ID_136" prev="#ID_135" next="#ID_137"> Anlaß zu Besorgnissen vorhanden, daß von dieser Seite her die schwere Arbeit<lb/> der Neubildung des Handelsbundes von ihren nächsten und wichtigsten Aus¬<lb/> gaben hinweg auf Abwege geleitet werden könne. Das Nothwendige und<lb/> Nützliche in dieser Beziehung ist 1853 erreicht worden, weil Preußen sich ent¬<lb/> schlossen hatte, es für erreichbar zu halten, und weil ihm Hannover, Oldenburg<lb/> und Schaumburg-Lippe die Hand dazu geboten hatten. Das Unzweckmäßige,<lb/> der Eintritt Oestreichs, ist damals vermieden worden, obgleich Fürst Schwarzen¬<lb/> berg es für erreichbar hielt und die Darmstädter ihm zu Diensten waren.<lb/> Das eine ist geschehn, das andre unterblieben, weil die öffentliche Stimme<lb/> sich gegen das Zerreißen des Bandes zwischen Süd und Nord erklärte, das<lb/> Gefühl der Verantwortlichkeit bei den unzweckmäßig handelnden Personen<lb/> weckte und den Ausschlag gab. — Gegenwärtig liegen die Dinge etwas an¬<lb/> ders und weniger gefährlich. In Wien unterhandeln für den Zollverein Preu¬<lb/> ßen, Bayern und Sachsen mit Oestreich über weitere Erleichterungen des Ver¬<lb/> kehrs auf Grund der Vereinbarung vom 19. Februar 1853. Den Eintritt<lb/> Oestreichs in den Verband hat Preußen von der Tagesordnung gestrichen, und<lb/> wir müssen gestehn, daß wir die schroffe Form, in welcher dies geschah, den<lb/> Drohungen des Fürsten Schwarzenberg 1850 und 1851 gegenüber, die damals<lb/> angewendete Höflichkeit dagegen der jetzigen Lage Oestreichs gegenüber sür<lb/> passender gehalten hätten. Für den' Augenblick hat es keine Noth mit dem<lb/> Beitritte Oestreichs; man ist dort nicht zudringlich, und die seit 1853 und seit<lb/> dem Münzvertrage von 1857, welchen Oestreich brach, indem es die Einlösung<lb/> seiner Banknoten einstellte, bevor sie recht angefangen hatte, so schlimm ge-<lb/> wordnen Geld- und Crcditverhältnisse an her Donau müßten selbst den ver¬<lb/> wegensten Darmstädter abhalten, seine Zollrevenüen für eine Verlorne Sache<lb/> in die Schanze zu schlagen. Dagegen wünschten wir sehr, daß aus den Unter¬<lb/> handlungen in Wien weitere Erleichterungen des gegenseitigen Verkehrs her¬<lb/> vorgehn, daß namentlich die östreichischen Weine zu Gunsten der vereinslän-<lb/> dischen Consumenten, welche die Rhein- und Moselweine sehr theuer bezahlen<lb/> müssen, zollfrei eingelassen werden und für Oestreich ein weitres Tauschmittel<lb/> gegen vereinsländische Fabricate, ein bessres als seine Banknoten, abgeben<lb/> möchten. Für die Zukunft, wenn Oestreich auf einem oder dem andern Wege<lb/> zu einer leidlichen Ordnung seiner Finanzen und seiner Valuta gelangt sein<lb/> wird, denken wir uns eine innigere Verbindung zwischen dem Kaiserstaate und<lb/> Deutschland, — Aufhebung der Zölle an den gegenseitigen Grenzen, keine<lb/> Vertheilung der Revenüen (jeder Theil behalte, was an seinen Zoll¬<lb/> stätten erhoben wird), Zollämter nur noch wegen der Ausnahmen vom freien<lb/> Verkehr, z. B. wegen des Tabaks, so lange das östreichische Staatsmonopol<lb/> besteht, wegen etwaiger Uebcrgangsabgaben und wegen der statistischen Er¬<lb/> hebungen; eine Commission aus Beamten des Zollvereins und Oestreichs,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
Anlaß zu Besorgnissen vorhanden, daß von dieser Seite her die schwere Arbeit
der Neubildung des Handelsbundes von ihren nächsten und wichtigsten Aus¬
gaben hinweg auf Abwege geleitet werden könne. Das Nothwendige und
Nützliche in dieser Beziehung ist 1853 erreicht worden, weil Preußen sich ent¬
schlossen hatte, es für erreichbar zu halten, und weil ihm Hannover, Oldenburg
und Schaumburg-Lippe die Hand dazu geboten hatten. Das Unzweckmäßige,
der Eintritt Oestreichs, ist damals vermieden worden, obgleich Fürst Schwarzen¬
berg es für erreichbar hielt und die Darmstädter ihm zu Diensten waren.
Das eine ist geschehn, das andre unterblieben, weil die öffentliche Stimme
sich gegen das Zerreißen des Bandes zwischen Süd und Nord erklärte, das
Gefühl der Verantwortlichkeit bei den unzweckmäßig handelnden Personen
weckte und den Ausschlag gab. — Gegenwärtig liegen die Dinge etwas an¬
ders und weniger gefährlich. In Wien unterhandeln für den Zollverein Preu¬
ßen, Bayern und Sachsen mit Oestreich über weitere Erleichterungen des Ver¬
kehrs auf Grund der Vereinbarung vom 19. Februar 1853. Den Eintritt
Oestreichs in den Verband hat Preußen von der Tagesordnung gestrichen, und
wir müssen gestehn, daß wir die schroffe Form, in welcher dies geschah, den
Drohungen des Fürsten Schwarzenberg 1850 und 1851 gegenüber, die damals
angewendete Höflichkeit dagegen der jetzigen Lage Oestreichs gegenüber sür
passender gehalten hätten. Für den' Augenblick hat es keine Noth mit dem
Beitritte Oestreichs; man ist dort nicht zudringlich, und die seit 1853 und seit
dem Münzvertrage von 1857, welchen Oestreich brach, indem es die Einlösung
seiner Banknoten einstellte, bevor sie recht angefangen hatte, so schlimm ge-
wordnen Geld- und Crcditverhältnisse an her Donau müßten selbst den ver¬
wegensten Darmstädter abhalten, seine Zollrevenüen für eine Verlorne Sache
in die Schanze zu schlagen. Dagegen wünschten wir sehr, daß aus den Unter¬
handlungen in Wien weitere Erleichterungen des gegenseitigen Verkehrs her¬
vorgehn, daß namentlich die östreichischen Weine zu Gunsten der vereinslän-
dischen Consumenten, welche die Rhein- und Moselweine sehr theuer bezahlen
müssen, zollfrei eingelassen werden und für Oestreich ein weitres Tauschmittel
gegen vereinsländische Fabricate, ein bessres als seine Banknoten, abgeben
möchten. Für die Zukunft, wenn Oestreich auf einem oder dem andern Wege
zu einer leidlichen Ordnung seiner Finanzen und seiner Valuta gelangt sein
wird, denken wir uns eine innigere Verbindung zwischen dem Kaiserstaate und
Deutschland, — Aufhebung der Zölle an den gegenseitigen Grenzen, keine
Vertheilung der Revenüen (jeder Theil behalte, was an seinen Zoll¬
stätten erhoben wird), Zollämter nur noch wegen der Ausnahmen vom freien
Verkehr, z. B. wegen des Tabaks, so lange das östreichische Staatsmonopol
besteht, wegen etwaiger Uebcrgangsabgaben und wegen der statistischen Er¬
hebungen; eine Commission aus Beamten des Zollvereins und Oestreichs,
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