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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese Kerzen Reste der alten Weihnachts-
feuer, die man an dem Dreikönigstage, auf den vor der Reform des Kalen¬
ders der Weihnachtstag siel, anzuzünden und über die dann das junge Volk
in der Weise zu springen Pflegte, wie noch jetzt in verschiedenen deutschen
Gegenden das Landvolk über die Osterfeuer und die Feuer der sommerlichen
Sonnenwende hüpft. Herrschen doch auch in England, wo auf dem Lande
der "tveMi 63,7" noch "<M ekristirms äa^" genannt wird, in manchen
Strichen ganz ähnliche Sitten.

Ganz entschieden verwandt'mit deutschen Gebräuchen ist eine im Limburg-
schen noch hin und wieder vorkommende Kindersitte, nach welcher am Abend
des Drcitönigstags die Schuljugend, als Magier herausgeputzt, mit einem
Stern von Haus zu Haus ziehen und die Leute ansingen. Der-Stern wird
auf einer Stange getragen. Er ist von Pappe und mit Figuren versehen,
die mit buntem, geölten Papier verklebt sind, durch welches das im Centrum
brennende Licht hindurchscheint. An der Stange hängt ein Bindfaden herab,
mit welchem der Stern fortwährend gedreht wird. Das Lied, das die Kin¬
der, bisweilen von einem Dudelsack begleitet, dabei singen, lautet:

Auf deutsch:

In andern Gegenden Belgiens ist dieser Gebrauch nicht (wol nicht mehr)
>n Uebung. Doch gehen hier Sänger umher, welche gewöhnlich gekleidet,
mehre Tage wie in der Zeit des Christfests Weihnachtslieder und Gesänge
von den drei Königen vortragen und dafür Geld einsammeln. In Alost. wo
dieselben ihre Wanderung schon am Abend vor Epiphanias begannen, ist
die Sitte 1858 eingestellt worden, wogegen sie in Antwerpen noch in vol¬
ler Blüthe ist. Die "Kersliedekcns", welche hier von den Kindern und alten
Leuten von Epiphanias bis zu Lichtmeß gesungen werden, sind größtentheils
von dem Volksdichter Jan Koch, der im vorigen Jahrhundert in der Nach-


Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese Kerzen Reste der alten Weihnachts-
feuer, die man an dem Dreikönigstage, auf den vor der Reform des Kalen¬
ders der Weihnachtstag siel, anzuzünden und über die dann das junge Volk
in der Weise zu springen Pflegte, wie noch jetzt in verschiedenen deutschen
Gegenden das Landvolk über die Osterfeuer und die Feuer der sommerlichen
Sonnenwende hüpft. Herrschen doch auch in England, wo auf dem Lande
der „tveMi 63,7" noch „<M ekristirms äa^" genannt wird, in manchen
Strichen ganz ähnliche Sitten.

Ganz entschieden verwandt'mit deutschen Gebräuchen ist eine im Limburg-
schen noch hin und wieder vorkommende Kindersitte, nach welcher am Abend
des Drcitönigstags die Schuljugend, als Magier herausgeputzt, mit einem
Stern von Haus zu Haus ziehen und die Leute ansingen. Der-Stern wird
auf einer Stange getragen. Er ist von Pappe und mit Figuren versehen,
die mit buntem, geölten Papier verklebt sind, durch welches das im Centrum
brennende Licht hindurchscheint. An der Stange hängt ein Bindfaden herab,
mit welchem der Stern fortwährend gedreht wird. Das Lied, das die Kin¬
der, bisweilen von einem Dudelsack begleitet, dabei singen, lautet:

Auf deutsch:

In andern Gegenden Belgiens ist dieser Gebrauch nicht (wol nicht mehr)
>n Uebung. Doch gehen hier Sänger umher, welche gewöhnlich gekleidet,
mehre Tage wie in der Zeit des Christfests Weihnachtslieder und Gesänge
von den drei Königen vortragen und dafür Geld einsammeln. In Alost. wo
dieselben ihre Wanderung schon am Abend vor Epiphanias begannen, ist
die Sitte 1858 eingestellt worden, wogegen sie in Antwerpen noch in vol¬
ler Blüthe ist. Die „Kersliedekcns", welche hier von den Kindern und alten
Leuten von Epiphanias bis zu Lichtmeß gesungen werden, sind größtentheils
von dem Volksdichter Jan Koch, der im vorigen Jahrhundert in der Nach-


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[0523] Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese Kerzen Reste der alten Weihnachts- feuer, die man an dem Dreikönigstage, auf den vor der Reform des Kalen¬ ders der Weihnachtstag siel, anzuzünden und über die dann das junge Volk in der Weise zu springen Pflegte, wie noch jetzt in verschiedenen deutschen Gegenden das Landvolk über die Osterfeuer und die Feuer der sommerlichen Sonnenwende hüpft. Herrschen doch auch in England, wo auf dem Lande der „tveMi 63,7" noch „<M ekristirms äa^" genannt wird, in manchen Strichen ganz ähnliche Sitten. Ganz entschieden verwandt'mit deutschen Gebräuchen ist eine im Limburg- schen noch hin und wieder vorkommende Kindersitte, nach welcher am Abend des Drcitönigstags die Schuljugend, als Magier herausgeputzt, mit einem Stern von Haus zu Haus ziehen und die Leute ansingen. Der-Stern wird auf einer Stange getragen. Er ist von Pappe und mit Figuren versehen, die mit buntem, geölten Papier verklebt sind, durch welches das im Centrum brennende Licht hindurchscheint. An der Stange hängt ein Bindfaden herab, mit welchem der Stern fortwährend gedreht wird. Das Lied, das die Kin¬ der, bisweilen von einem Dudelsack begleitet, dabei singen, lautet: Auf deutsch: In andern Gegenden Belgiens ist dieser Gebrauch nicht (wol nicht mehr) >n Uebung. Doch gehen hier Sänger umher, welche gewöhnlich gekleidet, mehre Tage wie in der Zeit des Christfests Weihnachtslieder und Gesänge von den drei Königen vortragen und dafür Geld einsammeln. In Alost. wo dieselben ihre Wanderung schon am Abend vor Epiphanias begannen, ist die Sitte 1858 eingestellt worden, wogegen sie in Antwerpen noch in vol¬ ler Blüthe ist. Die „Kersliedekcns", welche hier von den Kindern und alten Leuten von Epiphanias bis zu Lichtmeß gesungen werden, sind größtentheils von dem Volksdichter Jan Koch, der im vorigen Jahrhundert in der Nach-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/523>, abgerufen am 15.01.2025.