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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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nicht aller Boden und aller Holt verloren gehen, so mußte mit Beiseitsetzung
von Zweckmäßigkcitsfragcn und Nebenrücksichten das in gesetzlicher Weise begrün¬
dete und entwickelte und niemals auf ordnungsmäßige Weise wieder geänderte,
mithin noch vollgiltige Verfassungsrecht im Ganzen, wie im Einzelnen, fest¬
gehalten werden. Dies ist in klarer und entschiedener Weise geschehen. Nicht
nur das Land selbst hat von jetzt an eine einfache Richtschnur für sein ferneres
Verhalten, sondern auch die Freunde und Mitstreiter in ander" Staaten ver¬
möge" genauer zu erkenne" und bestimmter auszusprechen, warum sich's handelt
und wozu man mitzuwirken hat, als dies bisher, zum Nachtheil der Sache, der Fall
war. Thatsächliche Herstellung des noch in Kraft befindlichen Verfassungsrechts von
1831--1850 und Berufung einer Landesvertretung nach dem Gesetze von 1849 --
das ist es, worauf alle Anträge und Bestrebungen gerichtet sein müssen.
Und zwar muß diese Herstellung sofort und ohne Einschränkung geschehen, mithin
als eine vollständige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erscheinen. Niemand
als die verfassungsmäßige Gesetzgebung hat ein Recht, irgend eine Bestimmung der
in anerkannter Wirksamkeit bestandenen Grundgesetze des Landes zeitweise oder für
immer aufzuheben. Sind Aenderungen bundesrechtlich nothwendig oder aus Grün¬
den der Zweckmäßigkeit geboten, so können sie nur unter verfassungsmäßiger Mit¬
wirkung der nach dem Gesetze von 1849 zu wählenden Stände geschehen, und
müssen zu dem Ende genau bezeichnet werden. Daß eine nach diesem Gesetze ge¬
wühlte Versammlung zu einer solchen Mitwirkung bereit sein würde, leidet, wie alle
mit der Stimmung des Landes vertrauten Männer bezeugen, keinen Zweifel. Auch
die Kanuner würde eine dcßhalbige Ueberzeugung ausgesprochen haben, wenn sie nicht
durch sofortige Auflösung nach obigem Beschlusse daran verhindert wurden wäre.
Die im Ausschusse bereits berathene und einstimmig genehmigte Vorstellung an den
Kurfürsten enthält, wie ich aus bester Quelle mittheilen kann, eine ausdrückliche
Versicherung dieser Art und würde sicher von der ganzen Kammer, ja vom ganzen
Lande gut geheißen worden sein. Von den neuen Stünden ist nichts zu erwarten
als Widerstand, mag die Regierung sich stellen, wie sie will. Die Stände von 1849
würden billig und nachgibig sein, denn sie Hütten -- das Recht dazu.






Verantwortlicher Redacteur: Dr. Morip Busch.
Verlag von F. L, Herbig -- Druck ron C. "5. acide^ in Leipzig.

nicht aller Boden und aller Holt verloren gehen, so mußte mit Beiseitsetzung
von Zweckmäßigkcitsfragcn und Nebenrücksichten das in gesetzlicher Weise begrün¬
dete und entwickelte und niemals auf ordnungsmäßige Weise wieder geänderte,
mithin noch vollgiltige Verfassungsrecht im Ganzen, wie im Einzelnen, fest¬
gehalten werden. Dies ist in klarer und entschiedener Weise geschehen. Nicht
nur das Land selbst hat von jetzt an eine einfache Richtschnur für sein ferneres
Verhalten, sondern auch die Freunde und Mitstreiter in ander» Staaten ver¬
möge» genauer zu erkenne» und bestimmter auszusprechen, warum sich's handelt
und wozu man mitzuwirken hat, als dies bisher, zum Nachtheil der Sache, der Fall
war. Thatsächliche Herstellung des noch in Kraft befindlichen Verfassungsrechts von
1831—1850 und Berufung einer Landesvertretung nach dem Gesetze von 1849 —
das ist es, worauf alle Anträge und Bestrebungen gerichtet sein müssen.
Und zwar muß diese Herstellung sofort und ohne Einschränkung geschehen, mithin
als eine vollständige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erscheinen. Niemand
als die verfassungsmäßige Gesetzgebung hat ein Recht, irgend eine Bestimmung der
in anerkannter Wirksamkeit bestandenen Grundgesetze des Landes zeitweise oder für
immer aufzuheben. Sind Aenderungen bundesrechtlich nothwendig oder aus Grün¬
den der Zweckmäßigkeit geboten, so können sie nur unter verfassungsmäßiger Mit¬
wirkung der nach dem Gesetze von 1849 zu wählenden Stände geschehen, und
müssen zu dem Ende genau bezeichnet werden. Daß eine nach diesem Gesetze ge¬
wühlte Versammlung zu einer solchen Mitwirkung bereit sein würde, leidet, wie alle
mit der Stimmung des Landes vertrauten Männer bezeugen, keinen Zweifel. Auch
die Kanuner würde eine dcßhalbige Ueberzeugung ausgesprochen haben, wenn sie nicht
durch sofortige Auflösung nach obigem Beschlusse daran verhindert wurden wäre.
Die im Ausschusse bereits berathene und einstimmig genehmigte Vorstellung an den
Kurfürsten enthält, wie ich aus bester Quelle mittheilen kann, eine ausdrückliche
Versicherung dieser Art und würde sicher von der ganzen Kammer, ja vom ganzen
Lande gut geheißen worden sein. Von den neuen Stünden ist nichts zu erwarten
als Widerstand, mag die Regierung sich stellen, wie sie will. Die Stände von 1849
würden billig und nachgibig sein, denn sie Hütten — das Recht dazu.






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Verlag von F. L, Herbig — Druck ron C. «5. acide^ in Leipzig.
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[0492] nicht aller Boden und aller Holt verloren gehen, so mußte mit Beiseitsetzung von Zweckmäßigkcitsfragcn und Nebenrücksichten das in gesetzlicher Weise begrün¬ dete und entwickelte und niemals auf ordnungsmäßige Weise wieder geänderte, mithin noch vollgiltige Verfassungsrecht im Ganzen, wie im Einzelnen, fest¬ gehalten werden. Dies ist in klarer und entschiedener Weise geschehen. Nicht nur das Land selbst hat von jetzt an eine einfache Richtschnur für sein ferneres Verhalten, sondern auch die Freunde und Mitstreiter in ander» Staaten ver¬ möge» genauer zu erkenne» und bestimmter auszusprechen, warum sich's handelt und wozu man mitzuwirken hat, als dies bisher, zum Nachtheil der Sache, der Fall war. Thatsächliche Herstellung des noch in Kraft befindlichen Verfassungsrechts von 1831—1850 und Berufung einer Landesvertretung nach dem Gesetze von 1849 — das ist es, worauf alle Anträge und Bestrebungen gerichtet sein müssen. Und zwar muß diese Herstellung sofort und ohne Einschränkung geschehen, mithin als eine vollständige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erscheinen. Niemand als die verfassungsmäßige Gesetzgebung hat ein Recht, irgend eine Bestimmung der in anerkannter Wirksamkeit bestandenen Grundgesetze des Landes zeitweise oder für immer aufzuheben. Sind Aenderungen bundesrechtlich nothwendig oder aus Grün¬ den der Zweckmäßigkeit geboten, so können sie nur unter verfassungsmäßiger Mit¬ wirkung der nach dem Gesetze von 1849 zu wählenden Stände geschehen, und müssen zu dem Ende genau bezeichnet werden. Daß eine nach diesem Gesetze ge¬ wühlte Versammlung zu einer solchen Mitwirkung bereit sein würde, leidet, wie alle mit der Stimmung des Landes vertrauten Männer bezeugen, keinen Zweifel. Auch die Kanuner würde eine dcßhalbige Ueberzeugung ausgesprochen haben, wenn sie nicht durch sofortige Auflösung nach obigem Beschlusse daran verhindert wurden wäre. Die im Ausschusse bereits berathene und einstimmig genehmigte Vorstellung an den Kurfürsten enthält, wie ich aus bester Quelle mittheilen kann, eine ausdrückliche Versicherung dieser Art und würde sicher von der ganzen Kammer, ja vom ganzen Lande gut geheißen worden sein. Von den neuen Stünden ist nichts zu erwarten als Widerstand, mag die Regierung sich stellen, wie sie will. Die Stände von 1849 würden billig und nachgibig sein, denn sie Hütten — das Recht dazu. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Morip Busch. Verlag von F. L, Herbig — Druck ron C. «5. acide^ in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/492>, abgerufen am 15.01.2025.