Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

gewöhnlichen Kanonaden wechseln zu können, allein heute verrechneten wir uns.
Die Hülste der Flotte, bestehend aus der Fregatte Carlo Alberto und vier Kor¬
vetten (im Ganzen über 250 Geschütze), legte sich in die Bai außerhalb der
Häfen aus die Nordseite, von wo aus sie den Hasen und dessen Batterien voll¬
ständig einsehen und im Rücken angreifen konnte. Ihr Plan schien heute der
zu sein, sich die Hafeneinfahrt erzwingen zu wollen.

Die Leuchtthurmbatterie mit acht großen Geschützen wendete sich gegen sie,
ebenso mußte die dazu gehörige Hafenbatterie, welche gegen das Meer gerichtet
steht, vollständig umgekehrt werden. Zwei schwimmende Batterien, aus alten
hölzernen Baggern umgeformt, von denen jede zwei Geschütze trug, und zwei
Kanonierschaluppen und eingerichtete Fischerbarken (vom Volke witzig die Jntre-
pida und Jmpetuosa genannt), nahmen ebenfalls das Gefecht auf, welches die
Schiffe eir edwlons stehend, auf eine Distanz von 3000 Metres begannen.
So standen ungefähr 24 Geschütze gegen mehr als die zehnfache Ueberzahl,
denn die rings um den Hafen neu angelegten kleinen bastionsartigen Schanzen
konnten der Entfernung wegen vorläufig keinen Antheil nehmen. Nachdem
das Gefecht über eine Stunde gedauert und weder uns noch den Schiffen
großen Schaden gebracht, legte sich der Carlo Alberto, nachdem er vorher einen
der Bagger durch eine Breitseite vollständig über der Oberfläche des Wassers
abrasirt hatte, in einer Distanz von 1000 Metres vor den Leuchtthurm und
sendete einen Hagel von Vollkugeln gegen diesen. Er wurde aber nicht min¬
der warm empfangen, und mußte nach kurzer Zeit hinwegdampfen. Da aber
eilte das Admiralschiff, die Fregatte Victor Emanuel heran, auf welcher der
Vice-Admiral Persano höchst eigen commandirte. Dieser legte sich auf die un¬
glaublich nahe Distanz von 150 Metres neben der Hasensperrkette vis g, vis
dem Leuchtthurm hin, und begann mit seinen 00 Stück Armstrongs breitseiten¬
weise ein derartiges Feuer zu speien, daß die den Leuchtthurm umgebende
Bastion, dieser zum Theil selbst und die feste Mauer der Hafenbatterie in Zeit
von I Vs Stunden zur Ruine zusammengeschossen waren. Die feindlichen Kugeln
demolirten die meisten Stücke, die Kanoniere Jnger Einer nach dem Andern
gräßlich zerfetzt oder verstümmelt am Boden, oder wurden von der einfallenden
Mauer verschüttet. Nichtsdestoweniger setzte der Nest den Kampf fort, und wo
ein Geschütz noch brauchbar war und noch zwei Leute von der Mannschaft
unversehrt waren, wurde immer noch brav geantwortet. Dem Oberlieutenant
Weißmantcl, welcher ein Geschütz aus Mangel an Artilleristen selbst richten wollte,
wurde in diesem Augenblick der Kops heruntergerissen und somit war die
noch lebende Mannschaft ihrers Führers beraubt. -- Die weiße Fahne flat¬
terte gleich darauf am Leuchtthurm und im nämlichen Moment auch auf dem
Castell und den übrigen Werken. -- Man glaubte mit dem so eben geschehe¬
nen Act spartanischer Tapferkeit die militärische Ehre der Vertheidiger geret-


gewöhnlichen Kanonaden wechseln zu können, allein heute verrechneten wir uns.
Die Hülste der Flotte, bestehend aus der Fregatte Carlo Alberto und vier Kor¬
vetten (im Ganzen über 250 Geschütze), legte sich in die Bai außerhalb der
Häfen aus die Nordseite, von wo aus sie den Hasen und dessen Batterien voll¬
ständig einsehen und im Rücken angreifen konnte. Ihr Plan schien heute der
zu sein, sich die Hafeneinfahrt erzwingen zu wollen.

Die Leuchtthurmbatterie mit acht großen Geschützen wendete sich gegen sie,
ebenso mußte die dazu gehörige Hafenbatterie, welche gegen das Meer gerichtet
steht, vollständig umgekehrt werden. Zwei schwimmende Batterien, aus alten
hölzernen Baggern umgeformt, von denen jede zwei Geschütze trug, und zwei
Kanonierschaluppen und eingerichtete Fischerbarken (vom Volke witzig die Jntre-
pida und Jmpetuosa genannt), nahmen ebenfalls das Gefecht auf, welches die
Schiffe eir edwlons stehend, auf eine Distanz von 3000 Metres begannen.
So standen ungefähr 24 Geschütze gegen mehr als die zehnfache Ueberzahl,
denn die rings um den Hafen neu angelegten kleinen bastionsartigen Schanzen
konnten der Entfernung wegen vorläufig keinen Antheil nehmen. Nachdem
das Gefecht über eine Stunde gedauert und weder uns noch den Schiffen
großen Schaden gebracht, legte sich der Carlo Alberto, nachdem er vorher einen
der Bagger durch eine Breitseite vollständig über der Oberfläche des Wassers
abrasirt hatte, in einer Distanz von 1000 Metres vor den Leuchtthurm und
sendete einen Hagel von Vollkugeln gegen diesen. Er wurde aber nicht min¬
der warm empfangen, und mußte nach kurzer Zeit hinwegdampfen. Da aber
eilte das Admiralschiff, die Fregatte Victor Emanuel heran, auf welcher der
Vice-Admiral Persano höchst eigen commandirte. Dieser legte sich auf die un¬
glaublich nahe Distanz von 150 Metres neben der Hasensperrkette vis g, vis
dem Leuchtthurm hin, und begann mit seinen 00 Stück Armstrongs breitseiten¬
weise ein derartiges Feuer zu speien, daß die den Leuchtthurm umgebende
Bastion, dieser zum Theil selbst und die feste Mauer der Hafenbatterie in Zeit
von I Vs Stunden zur Ruine zusammengeschossen waren. Die feindlichen Kugeln
demolirten die meisten Stücke, die Kanoniere Jnger Einer nach dem Andern
gräßlich zerfetzt oder verstümmelt am Boden, oder wurden von der einfallenden
Mauer verschüttet. Nichtsdestoweniger setzte der Nest den Kampf fort, und wo
ein Geschütz noch brauchbar war und noch zwei Leute von der Mannschaft
unversehrt waren, wurde immer noch brav geantwortet. Dem Oberlieutenant
Weißmantcl, welcher ein Geschütz aus Mangel an Artilleristen selbst richten wollte,
wurde in diesem Augenblick der Kops heruntergerissen und somit war die
noch lebende Mannschaft ihrers Führers beraubt. — Die weiße Fahne flat¬
terte gleich darauf am Leuchtthurm und im nämlichen Moment auch auf dem
Castell und den übrigen Werken. — Man glaubte mit dem so eben geschehe¬
nen Act spartanischer Tapferkeit die militärische Ehre der Vertheidiger geret-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110832"/>
          <p xml:id="ID_1453" prev="#ID_1452"> gewöhnlichen Kanonaden wechseln zu können, allein heute verrechneten wir uns.<lb/>
Die Hülste der Flotte, bestehend aus der Fregatte Carlo Alberto und vier Kor¬<lb/>
vetten (im Ganzen über 250 Geschütze), legte sich in die Bai außerhalb der<lb/>
Häfen aus die Nordseite, von wo aus sie den Hasen und dessen Batterien voll¬<lb/>
ständig einsehen und im Rücken angreifen konnte. Ihr Plan schien heute der<lb/>
zu sein, sich die Hafeneinfahrt erzwingen zu wollen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1454" next="#ID_1455"> Die Leuchtthurmbatterie mit acht großen Geschützen wendete sich gegen sie,<lb/>
ebenso mußte die dazu gehörige Hafenbatterie, welche gegen das Meer gerichtet<lb/>
steht, vollständig umgekehrt werden. Zwei schwimmende Batterien, aus alten<lb/>
hölzernen Baggern umgeformt, von denen jede zwei Geschütze trug, und zwei<lb/>
Kanonierschaluppen und eingerichtete Fischerbarken (vom Volke witzig die Jntre-<lb/>
pida und Jmpetuosa genannt), nahmen ebenfalls das Gefecht auf, welches die<lb/>
Schiffe eir edwlons stehend, auf eine Distanz von 3000 Metres begannen.<lb/>
So standen ungefähr 24 Geschütze gegen mehr als die zehnfache Ueberzahl,<lb/>
denn die rings um den Hafen neu angelegten kleinen bastionsartigen Schanzen<lb/>
konnten der Entfernung wegen vorläufig keinen Antheil nehmen. Nachdem<lb/>
das Gefecht über eine Stunde gedauert und weder uns noch den Schiffen<lb/>
großen Schaden gebracht, legte sich der Carlo Alberto, nachdem er vorher einen<lb/>
der Bagger durch eine Breitseite vollständig über der Oberfläche des Wassers<lb/>
abrasirt hatte, in einer Distanz von 1000 Metres vor den Leuchtthurm und<lb/>
sendete einen Hagel von Vollkugeln gegen diesen. Er wurde aber nicht min¬<lb/>
der warm empfangen, und mußte nach kurzer Zeit hinwegdampfen. Da aber<lb/>
eilte das Admiralschiff, die Fregatte Victor Emanuel heran, auf welcher der<lb/>
Vice-Admiral Persano höchst eigen commandirte. Dieser legte sich auf die un¬<lb/>
glaublich nahe Distanz von 150 Metres neben der Hasensperrkette vis g, vis<lb/>
dem Leuchtthurm hin, und begann mit seinen 00 Stück Armstrongs breitseiten¬<lb/>
weise ein derartiges Feuer zu speien, daß die den Leuchtthurm umgebende<lb/>
Bastion, dieser zum Theil selbst und die feste Mauer der Hafenbatterie in Zeit<lb/>
von I Vs Stunden zur Ruine zusammengeschossen waren. Die feindlichen Kugeln<lb/>
demolirten die meisten Stücke, die Kanoniere Jnger Einer nach dem Andern<lb/>
gräßlich zerfetzt oder verstümmelt am Boden, oder wurden von der einfallenden<lb/>
Mauer verschüttet. Nichtsdestoweniger setzte der Nest den Kampf fort, und wo<lb/>
ein Geschütz noch brauchbar war und noch zwei Leute von der Mannschaft<lb/>
unversehrt waren, wurde immer noch brav geantwortet. Dem Oberlieutenant<lb/>
Weißmantcl, welcher ein Geschütz aus Mangel an Artilleristen selbst richten wollte,<lb/>
wurde in diesem Augenblick der Kops heruntergerissen und somit war die<lb/>
noch lebende Mannschaft ihrers Führers beraubt. &#x2014; Die weiße Fahne flat¬<lb/>
terte gleich darauf am Leuchtthurm und im nämlichen Moment auch auf dem<lb/>
Castell und den übrigen Werken. &#x2014; Man glaubte mit dem so eben geschehe¬<lb/>
nen Act spartanischer Tapferkeit die militärische Ehre der Vertheidiger geret-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0484] gewöhnlichen Kanonaden wechseln zu können, allein heute verrechneten wir uns. Die Hülste der Flotte, bestehend aus der Fregatte Carlo Alberto und vier Kor¬ vetten (im Ganzen über 250 Geschütze), legte sich in die Bai außerhalb der Häfen aus die Nordseite, von wo aus sie den Hasen und dessen Batterien voll¬ ständig einsehen und im Rücken angreifen konnte. Ihr Plan schien heute der zu sein, sich die Hafeneinfahrt erzwingen zu wollen. Die Leuchtthurmbatterie mit acht großen Geschützen wendete sich gegen sie, ebenso mußte die dazu gehörige Hafenbatterie, welche gegen das Meer gerichtet steht, vollständig umgekehrt werden. Zwei schwimmende Batterien, aus alten hölzernen Baggern umgeformt, von denen jede zwei Geschütze trug, und zwei Kanonierschaluppen und eingerichtete Fischerbarken (vom Volke witzig die Jntre- pida und Jmpetuosa genannt), nahmen ebenfalls das Gefecht auf, welches die Schiffe eir edwlons stehend, auf eine Distanz von 3000 Metres begannen. So standen ungefähr 24 Geschütze gegen mehr als die zehnfache Ueberzahl, denn die rings um den Hafen neu angelegten kleinen bastionsartigen Schanzen konnten der Entfernung wegen vorläufig keinen Antheil nehmen. Nachdem das Gefecht über eine Stunde gedauert und weder uns noch den Schiffen großen Schaden gebracht, legte sich der Carlo Alberto, nachdem er vorher einen der Bagger durch eine Breitseite vollständig über der Oberfläche des Wassers abrasirt hatte, in einer Distanz von 1000 Metres vor den Leuchtthurm und sendete einen Hagel von Vollkugeln gegen diesen. Er wurde aber nicht min¬ der warm empfangen, und mußte nach kurzer Zeit hinwegdampfen. Da aber eilte das Admiralschiff, die Fregatte Victor Emanuel heran, auf welcher der Vice-Admiral Persano höchst eigen commandirte. Dieser legte sich auf die un¬ glaublich nahe Distanz von 150 Metres neben der Hasensperrkette vis g, vis dem Leuchtthurm hin, und begann mit seinen 00 Stück Armstrongs breitseiten¬ weise ein derartiges Feuer zu speien, daß die den Leuchtthurm umgebende Bastion, dieser zum Theil selbst und die feste Mauer der Hafenbatterie in Zeit von I Vs Stunden zur Ruine zusammengeschossen waren. Die feindlichen Kugeln demolirten die meisten Stücke, die Kanoniere Jnger Einer nach dem Andern gräßlich zerfetzt oder verstümmelt am Boden, oder wurden von der einfallenden Mauer verschüttet. Nichtsdestoweniger setzte der Nest den Kampf fort, und wo ein Geschütz noch brauchbar war und noch zwei Leute von der Mannschaft unversehrt waren, wurde immer noch brav geantwortet. Dem Oberlieutenant Weißmantcl, welcher ein Geschütz aus Mangel an Artilleristen selbst richten wollte, wurde in diesem Augenblick der Kops heruntergerissen und somit war die noch lebende Mannschaft ihrers Führers beraubt. — Die weiße Fahne flat¬ terte gleich darauf am Leuchtthurm und im nämlichen Moment auch auf dem Castell und den übrigen Werken. — Man glaubte mit dem so eben geschehe¬ nen Act spartanischer Tapferkeit die militärische Ehre der Vertheidiger geret-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/484
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/484>, abgerufen am 15.01.2025.