Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.hoffen wollen -- der damit übereinstimmenden Consistorialvorschläge eine Ord¬ Dem Reichsrath Maager hatte es sein "Gefühl" gesagt, daß die Befrie¬ hoffen wollen — der damit übereinstimmenden Consistorialvorschläge eine Ord¬ Dem Reichsrath Maager hatte es sein „Gefühl" gesagt, daß die Befrie¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110828"/> <p xml:id="ID_1443" prev="#ID_1442"> hoffen wollen — der damit übereinstimmenden Consistorialvorschläge eine Ord¬<lb/> nung festzustellen, welche die vielfach zerstreuten Elemente zu einer organischen<lb/> und lebensvollen Einheit zusammen fasse und denselben ein neues, frisches und<lb/> selbstthätiges Leben einhauche. Allem noch viel wichtiger ist sür die Evange¬<lb/> lischen im Consistorialsprengel die Frage ,hrer rechtlichen Stellung zum Staate,<lb/> vor Allem aber zur römischen Kirche. Schon der westfälische Friede hat in<lb/> Deutschland die evangelischen Konfessionen der katholischen rechtlich gleichgestellt.<lb/> Noch bestimmter hat dies der 16. Art. der deutschen Bundesacte gethan. Von<lb/> der gewiß ganz richtigen Ansicht ausgehend, daß jener Staat, welchem es um<lb/> die Aufrechthaltung der deutschen Bundesverfassung so sehr zu thun ist. auch<lb/> vorzugsweise dazu berufen sein müsse, den Bundesgesctzen Geltung zu verschaffen,<lb/> haben daher die evangelischen Gemeinden innerhalb der deutschen Bundeslande<lb/> in Oestreich, die Wiener Gemeinden an der Spitze, in Denkschriften und Ge¬<lb/> suchen mit dankenswerthen Freimuthe es ausgesprochen, wie die strenge Durch¬<lb/> führung des Grundsatzes confessioneller Rechtsgleichheit gleichmäßig eine For¬<lb/> derung der Bundesgesetze wie nicht minder eine Forderung ihres Gewissens<lb/> und ein Act der Staatsklugheit sei. Sie haben deshalb vollkommene Gegen¬<lb/> seitigkeit in Betreff der gemischten Ehen und die Abstellung der Reversalicn,<lb/> ferner vollständige Reciprocität bezüglich des Mitübertrittes jener Kinder, deren<lb/> Aeltern von einer christlichen Confession zu einer andern übertreten, das Recht<lb/> der ungehinderten Verbreitung der Bibel und d.er Bildung von Gustav-Adolph-<lb/> Vereinen, die Beseitigung aller aus dem Toleranzpatente fließenden sonstigen<lb/> Beschränkungen und die Bewilligung einer jährlichen Beihilfe aus Staatsmit¬<lb/> teln verlangt. In Beziehung auf das Unterrichtswesen haben sie die Anstellung<lb/> eines evangelischen Volksschulrathes, die Einsetzung einer evangelischen Schul-<lb/> lehrerprüsungscommission. ferner die Beseitigung der in dem Concordcite be¬<lb/> gründeten confessionellen Ausschließlichkeit für jene Gymnasien und Realschulen,,<lb/> welche aus öffentlichen Mitteln erhalten werden, rücksichtlich des höhern Unter¬<lb/> richtswesens aber die Errichtung einer vollständigen evangelischen Universität<lb/> oder die Umgestaltung mehrerer ausschließlich katholischer Universitäten in pa¬<lb/> ritätische oder die Verbindung beider Mahregeln in der Weise in Anspruch<lb/> genommen, daß der katholisch-theologischen Facultät eine evangelisch-theologische<lb/> Facultät coordinirt werde, daß für alle Lehrerstellcn katholische und evangelische<lb/> Gelehrte gleich zulässig seien und daß ver Lehrstuhl der Philosophie und der<lb/> Geschichte gleichzeitig immer durch einen Katholiken und einen Evangelischen<lb/> besetzt sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1444" next="#ID_1445"> Dem Reichsrath Maager hatte es sein „Gefühl" gesagt, daß die Befrie¬<lb/> digung dieser berechtigten Wünsche eine „Revision" des Concordates zur Vor¬<lb/> aussetzung haben müsse-, uns sagt es der klare Wortlaut des Concordates<lb/> selbst. Schon der erste Artikel dieses Staatsvertrages spricht von Befugnissen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
hoffen wollen — der damit übereinstimmenden Consistorialvorschläge eine Ord¬
nung festzustellen, welche die vielfach zerstreuten Elemente zu einer organischen
und lebensvollen Einheit zusammen fasse und denselben ein neues, frisches und
selbstthätiges Leben einhauche. Allem noch viel wichtiger ist sür die Evange¬
lischen im Consistorialsprengel die Frage ,hrer rechtlichen Stellung zum Staate,
vor Allem aber zur römischen Kirche. Schon der westfälische Friede hat in
Deutschland die evangelischen Konfessionen der katholischen rechtlich gleichgestellt.
Noch bestimmter hat dies der 16. Art. der deutschen Bundesacte gethan. Von
der gewiß ganz richtigen Ansicht ausgehend, daß jener Staat, welchem es um
die Aufrechthaltung der deutschen Bundesverfassung so sehr zu thun ist. auch
vorzugsweise dazu berufen sein müsse, den Bundesgesctzen Geltung zu verschaffen,
haben daher die evangelischen Gemeinden innerhalb der deutschen Bundeslande
in Oestreich, die Wiener Gemeinden an der Spitze, in Denkschriften und Ge¬
suchen mit dankenswerthen Freimuthe es ausgesprochen, wie die strenge Durch¬
führung des Grundsatzes confessioneller Rechtsgleichheit gleichmäßig eine For¬
derung der Bundesgesetze wie nicht minder eine Forderung ihres Gewissens
und ein Act der Staatsklugheit sei. Sie haben deshalb vollkommene Gegen¬
seitigkeit in Betreff der gemischten Ehen und die Abstellung der Reversalicn,
ferner vollständige Reciprocität bezüglich des Mitübertrittes jener Kinder, deren
Aeltern von einer christlichen Confession zu einer andern übertreten, das Recht
der ungehinderten Verbreitung der Bibel und d.er Bildung von Gustav-Adolph-
Vereinen, die Beseitigung aller aus dem Toleranzpatente fließenden sonstigen
Beschränkungen und die Bewilligung einer jährlichen Beihilfe aus Staatsmit¬
teln verlangt. In Beziehung auf das Unterrichtswesen haben sie die Anstellung
eines evangelischen Volksschulrathes, die Einsetzung einer evangelischen Schul-
lehrerprüsungscommission. ferner die Beseitigung der in dem Concordcite be¬
gründeten confessionellen Ausschließlichkeit für jene Gymnasien und Realschulen,,
welche aus öffentlichen Mitteln erhalten werden, rücksichtlich des höhern Unter¬
richtswesens aber die Errichtung einer vollständigen evangelischen Universität
oder die Umgestaltung mehrerer ausschließlich katholischer Universitäten in pa¬
ritätische oder die Verbindung beider Mahregeln in der Weise in Anspruch
genommen, daß der katholisch-theologischen Facultät eine evangelisch-theologische
Facultät coordinirt werde, daß für alle Lehrerstellcn katholische und evangelische
Gelehrte gleich zulässig seien und daß ver Lehrstuhl der Philosophie und der
Geschichte gleichzeitig immer durch einen Katholiken und einen Evangelischen
besetzt sei.
Dem Reichsrath Maager hatte es sein „Gefühl" gesagt, daß die Befrie¬
digung dieser berechtigten Wünsche eine „Revision" des Concordates zur Vor¬
aussetzung haben müsse-, uns sagt es der klare Wortlaut des Concordates
selbst. Schon der erste Artikel dieses Staatsvertrages spricht von Befugnissen
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