Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.und diinn massenweise ab. Die Hochverräther haben das Vorrecht, zu allen Richtet man seine Schritte von diesem Ort des Grauens nach Nord- Südlich von der Juwelierstraße zieht sich die der Theater hin. Es gibt Besonders interessante Bauwerke im Wailotsching sind die beiden Tempel, und diinn massenweise ab. Die Hochverräther haben das Vorrecht, zu allen Richtet man seine Schritte von diesem Ort des Grauens nach Nord- Südlich von der Juwelierstraße zieht sich die der Theater hin. Es gibt Besonders interessante Bauwerke im Wailotsching sind die beiden Tempel, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0434" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110782"/> <p xml:id="ID_1320" prev="#ID_1319"> und diinn massenweise ab. Die Hochverräther haben das Vorrecht, zu allen<lb/> Zeiten des Jahres vom Leben zum Tode gebracht werden zu können. Der<lb/> Scharfrichter ist in seinem blutigen Handwerk durch Uebung sehr geschickt ge¬<lb/> worden. Er trägt einen rothen Rock mit einer weißen Schürze und einen<lb/> rothen Hut mit einer hohen gcradstelienden Feder. Von den sehr zahlreichen<lb/> Hinrichtungen bilden sich tiefe Blutlachen, die jetzt, wo in Peking in Folge<lb/> der Empörungen in den Südprovinzen ein Kriegsgericht niedergesetzt ist, zu<lb/> förmlichen Blutseen angeschwollen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1321"> Richtet man seine Schritte von diesem Ort des Grauens nach Nord-<lb/> Westen, so kommt man auf die Straße der Goldarbeiter und Juwelenhändler.<lb/> Sehr eigenthümlich ist die Art, wie man hier die Vornehmen handeln sieht.<lb/> Betrachte» wir jenen reichen Mandschu, wie er von seinem Pferde steigt und<lb/> mit seinem Hausmeister in das Gewölbe eines dieser Juweliere tritt. Derselbe<lb/> zeigt ihm ein kostbares Halsband aus Perlen von Ceylon. Der Edelmann<lb/> öffnet den Mund nicht, sein Benehmen ist würdevolle Kalt-, obwol er von<lb/> leidenschaftlicher Begier nach dem Schmucke brennt. Kein Wort wird zwi¬<lb/> schen den drei Personen gewechselt, und doch sprechen sie mit einander. Nur<lb/> mit den Fingern, die man bei ihren langen Aermeln kaum bemerkt, deuten sie<lb/> ihre Absichten an, der Kaufmann, was er fordert, der Edelmann, was er ge¬<lb/> ben will, der Hausmeister das Geschenk, welches er vom Händler dafür er¬<lb/> wartet, daß er seinen Herrn ihm zugeführt. So hört man auf der ganzen<lb/> Straße fast nie einen lauten Wortwechsel, nie einen Zank, und wo dies ja<lb/> einmal geschieht, ist sofort der Polizeimandarin bei der Hand, um den Streit<lb/> summarisch zu schlichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1322"> Südlich von der Juwelierstraße zieht sich die der Theater hin. Es gibt<lb/> deren sechs in Peking, und man spielt in ihnen ununterbrochen vom Morgen<lb/> bis an den Abend, Trauer- und Lustspiele, häufig auch Stücke, die man<lb/> Opern nennen könnte. Leute von Lebensart gehen indeß niemals hinein, ja<lb/> den Mandschu ist ihr Besuch geradezu verboten, und sie verlieren, wenn sie<lb/> dort betroffen werden, von ihren Mützen die Knöpfe, welche als Rangbezeich¬<lb/> nung dienen. Ein Stück vom Ende der Theaterstraße betritt man eine an¬<lb/> dere, wo fast nur Buchhändler wohnen, welche an jedem Neujahrstag eine<lb/> große Messe halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1323" next="#ID_1324"> Besonders interessante Bauwerke im Wailotsching sind die beiden Tempel,<lb/> am südlichen Ende der obenerwähnten von Süden nach Norden laufenden Haupt¬<lb/> straße. Der auf der Ostseite ist der berühmte Tianthcm, ein längliches Viereck,<lb/> dessen Seiten zusammen 9 L>, d. h. 15,984 Fuß Länge haben. Prächtige Treppen<lb/> von weißem Marmor führen nach dem Heiligthum hinauf, an den vier Ein¬<lb/> gängen erheben sich Triumphbogen von demselben Material. Der Tempel zer¬<lb/> fällt in mehre Abtheilungen, von denen wir folgende erwähnen: Ein kreisrundes</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0434]
und diinn massenweise ab. Die Hochverräther haben das Vorrecht, zu allen
Zeiten des Jahres vom Leben zum Tode gebracht werden zu können. Der
Scharfrichter ist in seinem blutigen Handwerk durch Uebung sehr geschickt ge¬
worden. Er trägt einen rothen Rock mit einer weißen Schürze und einen
rothen Hut mit einer hohen gcradstelienden Feder. Von den sehr zahlreichen
Hinrichtungen bilden sich tiefe Blutlachen, die jetzt, wo in Peking in Folge
der Empörungen in den Südprovinzen ein Kriegsgericht niedergesetzt ist, zu
förmlichen Blutseen angeschwollen sind.
Richtet man seine Schritte von diesem Ort des Grauens nach Nord-
Westen, so kommt man auf die Straße der Goldarbeiter und Juwelenhändler.
Sehr eigenthümlich ist die Art, wie man hier die Vornehmen handeln sieht.
Betrachte» wir jenen reichen Mandschu, wie er von seinem Pferde steigt und
mit seinem Hausmeister in das Gewölbe eines dieser Juweliere tritt. Derselbe
zeigt ihm ein kostbares Halsband aus Perlen von Ceylon. Der Edelmann
öffnet den Mund nicht, sein Benehmen ist würdevolle Kalt-, obwol er von
leidenschaftlicher Begier nach dem Schmucke brennt. Kein Wort wird zwi¬
schen den drei Personen gewechselt, und doch sprechen sie mit einander. Nur
mit den Fingern, die man bei ihren langen Aermeln kaum bemerkt, deuten sie
ihre Absichten an, der Kaufmann, was er fordert, der Edelmann, was er ge¬
ben will, der Hausmeister das Geschenk, welches er vom Händler dafür er¬
wartet, daß er seinen Herrn ihm zugeführt. So hört man auf der ganzen
Straße fast nie einen lauten Wortwechsel, nie einen Zank, und wo dies ja
einmal geschieht, ist sofort der Polizeimandarin bei der Hand, um den Streit
summarisch zu schlichten.
Südlich von der Juwelierstraße zieht sich die der Theater hin. Es gibt
deren sechs in Peking, und man spielt in ihnen ununterbrochen vom Morgen
bis an den Abend, Trauer- und Lustspiele, häufig auch Stücke, die man
Opern nennen könnte. Leute von Lebensart gehen indeß niemals hinein, ja
den Mandschu ist ihr Besuch geradezu verboten, und sie verlieren, wenn sie
dort betroffen werden, von ihren Mützen die Knöpfe, welche als Rangbezeich¬
nung dienen. Ein Stück vom Ende der Theaterstraße betritt man eine an¬
dere, wo fast nur Buchhändler wohnen, welche an jedem Neujahrstag eine
große Messe halten.
Besonders interessante Bauwerke im Wailotsching sind die beiden Tempel,
am südlichen Ende der obenerwähnten von Süden nach Norden laufenden Haupt¬
straße. Der auf der Ostseite ist der berühmte Tianthcm, ein längliches Viereck,
dessen Seiten zusammen 9 L>, d. h. 15,984 Fuß Länge haben. Prächtige Treppen
von weißem Marmor führen nach dem Heiligthum hinauf, an den vier Ein¬
gängen erheben sich Triumphbogen von demselben Material. Der Tempel zer¬
fällt in mehre Abtheilungen, von denen wir folgende erwähnen: Ein kreisrundes
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