Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Die große Ausdehnung Pekings ist Ursache gewesen, daß die Reisen¬ Die Mandschurenstadt hat neun, die chinesische sieben Thore, die sich an Die Mandschurenstadt bedeckt eine Fläche von zwölf englischen Quad- Die große Ausdehnung Pekings ist Ursache gewesen, daß die Reisen¬ Die Mandschurenstadt hat neun, die chinesische sieben Thore, die sich an Die Mandschurenstadt bedeckt eine Fläche von zwölf englischen Quad- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110776"/> <p xml:id="ID_1300"> Die große Ausdehnung Pekings ist Ursache gewesen, daß die Reisen¬<lb/> den ihm eine ungeheure Einwohnerzahl gegeben haben. Timofsky sprach von<lb/> zwei Millionen, Andere fügten noch eine halbe hinzu. Wir halten uns an<lb/> Sacharosfs Angaben (Arbeiten der k. russ. Gesandschaft zu Peking 2. Bd. Ber¬<lb/> lin. Heinicke. 1858), der aus den Registern der chinesischen Polizeibehörden<lb/> schöpfte und die Zahl der Einwohner im Jahr 1845 auf 1,648.814 berechnet.<lb/> Davon kamen ungefähr 75,000 aus Beamte und deren Familien, 348.000 auf<lb/> Soldaten und Polizei. 557,000 auf Handwerker und Kaufleute, 577.000 auf<lb/> niedres Volk. Bettler ^und Mönche und 89.000 aus die Turkestaner, die seit<lb/> einiger Zeit sich hier angesiedelt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1301"> Die Mandschurenstadt hat neun, die chinesische sieben Thore, die sich an<lb/> Größe und Bauart gleichen. Sie werden von mehrstöckigen starken Thürmen<lb/> aus blauen Ziegeln überragt. In jedem befindet sich ein MiUtürposten, ein<lb/> Zollbeamter und ein Pvlizeiviener, letzterer, um den Reisenden die Pässe (Piao)<lb/> abzunehmen. Vor jedem Thore ist eine gegen 400 Fuß weite Fläche abge¬<lb/> stochen, die, von einer halbkreisförmigen Mauer umgeben, einen Waffenplatz<lb/> bildet. Daneben gehen Rampen in die Höhe, welche der Kavallerie gestatten,<lb/> auf die Stadtmauern hinaufzureiten. Letztere haben Schießscharten und ihre<lb/> Höhe beträgt bei der Mandschurcnstadt 45, bei der chinesischen 30, ihre Dicke<lb/> hier wie dort 30 Fuß, sodaß vier Wagen nebeneinander auf ihnen hinfahren<lb/> können. Die Namen der Thore sind zum Theil wunderlich gewählt. Von<lb/> den beiden im Norden heißt das eine das Thor des Entzückens der Tugend,<lb/> das andre das Thor des dauerhaften Friedens. Unter den vier östlichen be¬<lb/> findet sich das Thor der ausgehenden Sonne, unter den südlichen ein Thor<lb/> der ewigen Beständigkeit, ein Thor der vollkommenen Ruhe, ein Thor der<lb/> Weisheit würdiger Wissenschaften und ein Thor des kriegerischen Ruhmes.<lb/> An fast allen trifft man Schaaren gesattelter und gczänmter Esel, auf deuen<lb/> man für etwa 4 Silbergroschen unseres Geldes pro Stunde die Mauer um¬<lb/> reiten kann. An den Ecken der letztern erheben sich Thürme wie über den<lb/> Thoren. Ueberall öffnen Kanonen drohend ihren Schlund; doch würden sie<lb/> den Alliirten bei einem Sturm schwerlich Schaden thun, da sie nicht gegossene,<lb/> sondern nur gemalte Feuerschlünde sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1302"> Die Mandschurenstadt bedeckt eine Fläche von zwölf englischen Quad-<lb/> ratmeilen und besteht aus drei Abtheilungen: der eigentlichenStadt der Mand-<lb/> schu (Neitsching), bewohnt von den Soldaten, Kaufleuten. Beamten und<lb/> Adeligen dieser Nation, der kaiserlichen Stadt (Hoangtsching) und der „ro¬<lb/> then" oder „verbotenen Stadt" (Tsukingtsching) d. h. dem Palaste des Kaisers.<lb/> Letzterer bildet den Kern des Ganzen; die kaiserliche Stadt, durch einen tiefe»<lb/> gemauerten Graben von ihm getrennt, ist gleichsam sein innerer Vorhof, die<lb/> Ncitsching, von dieser wieder durch eine Mauer geschieden, sein äußerer.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
Die große Ausdehnung Pekings ist Ursache gewesen, daß die Reisen¬
den ihm eine ungeheure Einwohnerzahl gegeben haben. Timofsky sprach von
zwei Millionen, Andere fügten noch eine halbe hinzu. Wir halten uns an
Sacharosfs Angaben (Arbeiten der k. russ. Gesandschaft zu Peking 2. Bd. Ber¬
lin. Heinicke. 1858), der aus den Registern der chinesischen Polizeibehörden
schöpfte und die Zahl der Einwohner im Jahr 1845 auf 1,648.814 berechnet.
Davon kamen ungefähr 75,000 aus Beamte und deren Familien, 348.000 auf
Soldaten und Polizei. 557,000 auf Handwerker und Kaufleute, 577.000 auf
niedres Volk. Bettler ^und Mönche und 89.000 aus die Turkestaner, die seit
einiger Zeit sich hier angesiedelt haben.
Die Mandschurenstadt hat neun, die chinesische sieben Thore, die sich an
Größe und Bauart gleichen. Sie werden von mehrstöckigen starken Thürmen
aus blauen Ziegeln überragt. In jedem befindet sich ein MiUtürposten, ein
Zollbeamter und ein Pvlizeiviener, letzterer, um den Reisenden die Pässe (Piao)
abzunehmen. Vor jedem Thore ist eine gegen 400 Fuß weite Fläche abge¬
stochen, die, von einer halbkreisförmigen Mauer umgeben, einen Waffenplatz
bildet. Daneben gehen Rampen in die Höhe, welche der Kavallerie gestatten,
auf die Stadtmauern hinaufzureiten. Letztere haben Schießscharten und ihre
Höhe beträgt bei der Mandschurcnstadt 45, bei der chinesischen 30, ihre Dicke
hier wie dort 30 Fuß, sodaß vier Wagen nebeneinander auf ihnen hinfahren
können. Die Namen der Thore sind zum Theil wunderlich gewählt. Von
den beiden im Norden heißt das eine das Thor des Entzückens der Tugend,
das andre das Thor des dauerhaften Friedens. Unter den vier östlichen be¬
findet sich das Thor der ausgehenden Sonne, unter den südlichen ein Thor
der ewigen Beständigkeit, ein Thor der vollkommenen Ruhe, ein Thor der
Weisheit würdiger Wissenschaften und ein Thor des kriegerischen Ruhmes.
An fast allen trifft man Schaaren gesattelter und gczänmter Esel, auf deuen
man für etwa 4 Silbergroschen unseres Geldes pro Stunde die Mauer um¬
reiten kann. An den Ecken der letztern erheben sich Thürme wie über den
Thoren. Ueberall öffnen Kanonen drohend ihren Schlund; doch würden sie
den Alliirten bei einem Sturm schwerlich Schaden thun, da sie nicht gegossene,
sondern nur gemalte Feuerschlünde sind.
Die Mandschurenstadt bedeckt eine Fläche von zwölf englischen Quad-
ratmeilen und besteht aus drei Abtheilungen: der eigentlichenStadt der Mand-
schu (Neitsching), bewohnt von den Soldaten, Kaufleuten. Beamten und
Adeligen dieser Nation, der kaiserlichen Stadt (Hoangtsching) und der „ro¬
then" oder „verbotenen Stadt" (Tsukingtsching) d. h. dem Palaste des Kaisers.
Letzterer bildet den Kern des Ganzen; die kaiserliche Stadt, durch einen tiefe»
gemauerten Graben von ihm getrennt, ist gleichsam sein innerer Vorhof, die
Ncitsching, von dieser wieder durch eine Mauer geschieden, sein äußerer.
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