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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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umherging, belohnte und ermunterte die Kanoniere, welche jeden guten Schuh
mit Hurrahruf und Mützenschwcnken begleiteten; auch hier bildete die Infan¬
terie einen Theil der Bedienungsmannschaft, Währenddem hatten die Schiffe
ihren Kampf mit den Strand- und Hafenbatterien fortgesetzt und beschossen
denk unnützer Weise das Wassercastcll, wo kein lebendes Wesen mehr war. --
Indem mir heute ein Antrag behufs Uebertritt zur Geniecompagnie als Feld¬
webel gemacht wurde, mußte ich den General um Erlaubniß fragen. Er ent¬
ließ mich mit den Worten: "I^nes votre äevmr, et ^6 xensei-ki ^ vous."

Meine neue Compagnie war den Tag über an verschiedenen Punkten der
Stadt und Festung zu Befestigungsarbeiten verwendet und hatte ihren Posten
während der Nacht auf dem Monte Gardetto in einer dünn gemauerten Baracke
in welcher ich als Bureau einen kleinen abgesonderten Raum besaß. -- Den
Rest der Belagerung habe ich also vom Monte Gardetto mit angesehen, welcher
auf der einen Seite steil gegen das Meer abfällt, auf der andern ebenso steil
gegen das Land, wo er gegen das in Süden und Westen gelegene, Thal in
Gemeinschaft mit dem jenseits liegenden Monte Pulito und San Stefano ein
festes Bollwerk bildet; er selbst ist vom Monte Capuccino durch ein tiefes
schmales Thal getrennt, welches durch eine crenelirte Mauer im Westen gegen
Landangriffe geschützt wird.

Hier standen außer der Artillerie und uns noch einige Compagnien Ber-
saglieri. Meine Compagnie war schwach und bestand aus gemischten Ele¬
menten. Ein Theil waren Italiener, der größte Theil jedoch Oestreicher, wie
auch unser junger Capitän.

Indem ich mich ans den ausdrücklichen Wunsch des Capitäns mehr um
die Administration, als um den Dienst zu kümmern hatte, war ich viel unter¬
wegs, behufs Herbeischaffung der nothwendigen Lebensmittel aus der Stadt,
sowie der Gelder von der Intendanz. Trotz dessen aber mußte ich mich öfter
um die Plätze begeben wo gearbeitet wurde. -- Der Weg nach der Arabe hin
und zurück war immer gefahrvoll; denn das Thal und die darin gelegenen
Häuser der Vorstadt wurden von den zu hoch geschossenen Projectilen der Schiffe
und der Landbatterie so zu sagen rasirt. Links und rechts neben mir schlugen
dieselben ein, und mehreremal ließ sich ihr Pfeifen dicht hinter mir vernehmen.
Das Aussehen der Stadt wurde immer trauriger, der Trümmer immer mehr.
Die Pausen, in welchen man früher noch Einwohner zu sehen bekam, fielen
ganz weg, da das Feuer jetzt ohne Unterbrechung Tag und Nacht dauerte.

Am 23. früh war Kriegsrath auf dem Castell. Man wollte die Stimmung
des Officiercorps zu Rathe ziehen. Dieses jedoch, meist aus Oestreichern be¬
stehend, beschloß die Vertheidigung fortzusetzen. An diesem und dem folgenden
Tage machte das feindliche Feuer von Früh bis Abend keine Pause, wenigstens
von der Landseite nicht. Die Schiffe wurden am 24. von, Monte Gardetto


umherging, belohnte und ermunterte die Kanoniere, welche jeden guten Schuh
mit Hurrahruf und Mützenschwcnken begleiteten; auch hier bildete die Infan¬
terie einen Theil der Bedienungsmannschaft, Währenddem hatten die Schiffe
ihren Kampf mit den Strand- und Hafenbatterien fortgesetzt und beschossen
denk unnützer Weise das Wassercastcll, wo kein lebendes Wesen mehr war. —
Indem mir heute ein Antrag behufs Uebertritt zur Geniecompagnie als Feld¬
webel gemacht wurde, mußte ich den General um Erlaubniß fragen. Er ent¬
ließ mich mit den Worten: „I^nes votre äevmr, et ^6 xensei-ki ^ vous."

Meine neue Compagnie war den Tag über an verschiedenen Punkten der
Stadt und Festung zu Befestigungsarbeiten verwendet und hatte ihren Posten
während der Nacht auf dem Monte Gardetto in einer dünn gemauerten Baracke
in welcher ich als Bureau einen kleinen abgesonderten Raum besaß. — Den
Rest der Belagerung habe ich also vom Monte Gardetto mit angesehen, welcher
auf der einen Seite steil gegen das Meer abfällt, auf der andern ebenso steil
gegen das Land, wo er gegen das in Süden und Westen gelegene, Thal in
Gemeinschaft mit dem jenseits liegenden Monte Pulito und San Stefano ein
festes Bollwerk bildet; er selbst ist vom Monte Capuccino durch ein tiefes
schmales Thal getrennt, welches durch eine crenelirte Mauer im Westen gegen
Landangriffe geschützt wird.

Hier standen außer der Artillerie und uns noch einige Compagnien Ber-
saglieri. Meine Compagnie war schwach und bestand aus gemischten Ele¬
menten. Ein Theil waren Italiener, der größte Theil jedoch Oestreicher, wie
auch unser junger Capitän.

Indem ich mich ans den ausdrücklichen Wunsch des Capitäns mehr um
die Administration, als um den Dienst zu kümmern hatte, war ich viel unter¬
wegs, behufs Herbeischaffung der nothwendigen Lebensmittel aus der Stadt,
sowie der Gelder von der Intendanz. Trotz dessen aber mußte ich mich öfter
um die Plätze begeben wo gearbeitet wurde. — Der Weg nach der Arabe hin
und zurück war immer gefahrvoll; denn das Thal und die darin gelegenen
Häuser der Vorstadt wurden von den zu hoch geschossenen Projectilen der Schiffe
und der Landbatterie so zu sagen rasirt. Links und rechts neben mir schlugen
dieselben ein, und mehreremal ließ sich ihr Pfeifen dicht hinter mir vernehmen.
Das Aussehen der Stadt wurde immer trauriger, der Trümmer immer mehr.
Die Pausen, in welchen man früher noch Einwohner zu sehen bekam, fielen
ganz weg, da das Feuer jetzt ohne Unterbrechung Tag und Nacht dauerte.

Am 23. früh war Kriegsrath auf dem Castell. Man wollte die Stimmung
des Officiercorps zu Rathe ziehen. Dieses jedoch, meist aus Oestreichern be¬
stehend, beschloß die Vertheidigung fortzusetzen. An diesem und dem folgenden
Tage machte das feindliche Feuer von Früh bis Abend keine Pause, wenigstens
von der Landseite nicht. Die Schiffe wurden am 24. von, Monte Gardetto


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/425>, abgerufen am 15.01.2025.