marschiren, oft wochenlang hintereinander, um sich an die 4--6 deutsche Mei¬ len langen Etappen im Römischen zu gewöhnen, und Sack und Pack im dor¬ tigen Clima unter brennender Sonne tragen zu lernen. Die Nacht wurde meistens im Zeltlager zugebracht. Lamoricivre ließ baun aus mehreren be¬ reits einmarschirten Truppentheilen größere Uebungslager beziehen und prüfte in größern und kleinern Manövern die Fähigkeiten der Stabs- und Subal¬ ternoffiziere, sowie die Ausbildung der Leute. --
In administrativer Hinsicht theilte er das ganze Land in die 5 Militär- divisioncn: Viterbo, Perugia, Spvleto, Ancona und Pesaro. In jeder der¬ selben war entweder ein General oder ein höherer Stabsoffizier der militä¬ rische Truppcnkommandant, während die Unter-Intendanten für die richtige Verpflegung und Kasernirung verantwortlich waren. Wehe dem, dessen Schuld es war, daß' nur das Geringste mangelte!
Aber nicht nur in militärischer, sondern auch in staatsbürgerlicher Hin¬ sicht griff der Obergeneral energisch für das Wohl des Staates ein. Er ließ unter Anderm neue Telegraphcnlinicn legen, beschäftigte arbeitsuchende Leute bei Eisenbahn- und Festungsbauten, bekümmerte sich um die Gasbeleuchtung u. s. w. Für sein einziges festes Rednit, Ancona, that er soviel als irgend möglich war. An den Festungswerken, welche von den Oestreichern nach und nach wieder erneuert und erweitert, jedoch lange noch nicht vollendet waren, beschäftigte er täglich mehrere hundert Arbeiter, theils Militär, theils arme Bürger, und so entstanden als Festungswerke neu unter ihm die Lünette San Stefano und Monte Gardetto, welcher letztere gänzlich geschleift war, ebenso schuf er für die Hafcnvertheidigung mehrere verschanzte Strandbatterien. Der Hasen selbst wurde gegen einen Ueberfall feindlicher Schiffe durch eine Niescn- tette gesperrt, und in demselben entstand eine kleine Flotille: 4 Fischerbarken wurden zu Kanonierschaluppen, und 2 alte hölzerne Baggerschisse (Hasenrci- nigungs-Maschinen) zu schwimmenden Batterien umgewandelt. --
Der General selbst war niemals stabil an einem Orte,' sondem verwendete den größten Theil seiner Zeit auf Jnspcctions-Reisen aus einer Militärdivision in die andere. Seinen eigenen Reisewagen benutzend, flog er stets unter Begleitung weniger berittener Gensdarmen von Ort zu Ort, indem er wo¬ möglich niemals hin und zurück dem gleichen Wege folgte. In der Regel kam er an, ohne daß die militärischen oder Civil-Autoritäten davon benach¬ richtigt waren.
Als die Erfolge Garibaldi's im Süden eine Landung seiner Freiwilligen um irgend einem Orte des Kirchenstaates erwarten ließen, und zugleich bei der immer sichtbarer werdenden Gährung im Volke der Ausbruch einer Revolution zu befürchten stayd, mußte auch General Lamoriciörc auf alles gefaßt sein und eine strategische Stellung einnehmen. Rom selbst brauchte nicht beachtet
marschiren, oft wochenlang hintereinander, um sich an die 4—6 deutsche Mei¬ len langen Etappen im Römischen zu gewöhnen, und Sack und Pack im dor¬ tigen Clima unter brennender Sonne tragen zu lernen. Die Nacht wurde meistens im Zeltlager zugebracht. Lamoricivre ließ baun aus mehreren be¬ reits einmarschirten Truppentheilen größere Uebungslager beziehen und prüfte in größern und kleinern Manövern die Fähigkeiten der Stabs- und Subal¬ ternoffiziere, sowie die Ausbildung der Leute. —
In administrativer Hinsicht theilte er das ganze Land in die 5 Militär- divisioncn: Viterbo, Perugia, Spvleto, Ancona und Pesaro. In jeder der¬ selben war entweder ein General oder ein höherer Stabsoffizier der militä¬ rische Truppcnkommandant, während die Unter-Intendanten für die richtige Verpflegung und Kasernirung verantwortlich waren. Wehe dem, dessen Schuld es war, daß' nur das Geringste mangelte!
Aber nicht nur in militärischer, sondern auch in staatsbürgerlicher Hin¬ sicht griff der Obergeneral energisch für das Wohl des Staates ein. Er ließ unter Anderm neue Telegraphcnlinicn legen, beschäftigte arbeitsuchende Leute bei Eisenbahn- und Festungsbauten, bekümmerte sich um die Gasbeleuchtung u. s. w. Für sein einziges festes Rednit, Ancona, that er soviel als irgend möglich war. An den Festungswerken, welche von den Oestreichern nach und nach wieder erneuert und erweitert, jedoch lange noch nicht vollendet waren, beschäftigte er täglich mehrere hundert Arbeiter, theils Militär, theils arme Bürger, und so entstanden als Festungswerke neu unter ihm die Lünette San Stefano und Monte Gardetto, welcher letztere gänzlich geschleift war, ebenso schuf er für die Hafcnvertheidigung mehrere verschanzte Strandbatterien. Der Hasen selbst wurde gegen einen Ueberfall feindlicher Schiffe durch eine Niescn- tette gesperrt, und in demselben entstand eine kleine Flotille: 4 Fischerbarken wurden zu Kanonierschaluppen, und 2 alte hölzerne Baggerschisse (Hasenrci- nigungs-Maschinen) zu schwimmenden Batterien umgewandelt. —
Der General selbst war niemals stabil an einem Orte,' sondem verwendete den größten Theil seiner Zeit auf Jnspcctions-Reisen aus einer Militärdivision in die andere. Seinen eigenen Reisewagen benutzend, flog er stets unter Begleitung weniger berittener Gensdarmen von Ort zu Ort, indem er wo¬ möglich niemals hin und zurück dem gleichen Wege folgte. In der Regel kam er an, ohne daß die militärischen oder Civil-Autoritäten davon benach¬ richtigt waren.
Als die Erfolge Garibaldi's im Süden eine Landung seiner Freiwilligen um irgend einem Orte des Kirchenstaates erwarten ließen, und zugleich bei der immer sichtbarer werdenden Gährung im Volke der Ausbruch einer Revolution zu befürchten stayd, mußte auch General Lamoriciörc auf alles gefaßt sein und eine strategische Stellung einnehmen. Rom selbst brauchte nicht beachtet
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tigen Clima unter brennender Sonne tragen zu lernen. Die Nacht wurde
meistens im Zeltlager zugebracht. Lamoricivre ließ baun aus mehreren be¬
reits einmarschirten Truppentheilen größere Uebungslager beziehen und prüfte
in größern und kleinern Manövern die Fähigkeiten der Stabs- und Subal¬
ternoffiziere, sowie die Ausbildung der Leute. —
In administrativer Hinsicht theilte er das ganze Land in die 5 Militär-
divisioncn: Viterbo, Perugia, Spvleto, Ancona und Pesaro. In jeder der¬
selben war entweder ein General oder ein höherer Stabsoffizier der militä¬
rische Truppcnkommandant, während die Unter-Intendanten für die richtige
Verpflegung und Kasernirung verantwortlich waren. Wehe dem, dessen Schuld
es war, daß' nur das Geringste mangelte!
Aber nicht nur in militärischer, sondern auch in staatsbürgerlicher Hin¬
sicht griff der Obergeneral energisch für das Wohl des Staates ein. Er ließ
unter Anderm neue Telegraphcnlinicn legen, beschäftigte arbeitsuchende Leute
bei Eisenbahn- und Festungsbauten, bekümmerte sich um die Gasbeleuchtung
u. s. w. Für sein einziges festes Rednit, Ancona, that er soviel als irgend
möglich war. An den Festungswerken, welche von den Oestreichern nach und
nach wieder erneuert und erweitert, jedoch lange noch nicht vollendet waren,
beschäftigte er täglich mehrere hundert Arbeiter, theils Militär, theils arme
Bürger, und so entstanden als Festungswerke neu unter ihm die Lünette San
Stefano und Monte Gardetto, welcher letztere gänzlich geschleift war, ebenso
schuf er für die Hafcnvertheidigung mehrere verschanzte Strandbatterien. Der
Hasen selbst wurde gegen einen Ueberfall feindlicher Schiffe durch eine Niescn-
tette gesperrt, und in demselben entstand eine kleine Flotille: 4 Fischerbarken
wurden zu Kanonierschaluppen, und 2 alte hölzerne Baggerschisse (Hasenrci-
nigungs-Maschinen) zu schwimmenden Batterien umgewandelt. —
Der General selbst war niemals stabil an einem Orte,' sondem verwendete
den größten Theil seiner Zeit auf Jnspcctions-Reisen aus einer Militärdivision
in die andere. Seinen eigenen Reisewagen benutzend, flog er stets unter
Begleitung weniger berittener Gensdarmen von Ort zu Ort, indem er wo¬
möglich niemals hin und zurück dem gleichen Wege folgte. In der Regel
kam er an, ohne daß die militärischen oder Civil-Autoritäten davon benach¬
richtigt waren.
Als die Erfolge Garibaldi's im Süden eine Landung seiner Freiwilligen
um irgend einem Orte des Kirchenstaates erwarten ließen, und zugleich bei der
immer sichtbarer werdenden Gährung im Volke der Ausbruch einer Revolution
zu befürchten stayd, mußte auch General Lamoriciörc auf alles gefaßt sein
und eine strategische Stellung einnehmen. Rom selbst brauchte nicht beachtet
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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/390>, abgerufen am 24.01.2025.
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