Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.vollständig ab von der alten Erfahrung, daß in der Fremde geworbene Trup¬ Die Italiener, der größere Theil der Armee, waren zunächst den Wüh¬ Die Frcmdcntruppen, vom Volke fälschlich Schweizer genannt, bestanden vollständig ab von der alten Erfahrung, daß in der Fremde geworbene Trup¬ Die Italiener, der größere Theil der Armee, waren zunächst den Wüh¬ Die Frcmdcntruppen, vom Volke fälschlich Schweizer genannt, bestanden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110732"/> <p xml:id="ID_1149" prev="#ID_1148"> vollständig ab von der alten Erfahrung, daß in der Fremde geworbene Trup¬<lb/> pen niemals, oder doch nur in seltenen Fällen, die Ergebenheit gegen ihren<lb/> Kriegsherrn haben können, wie sie die Kinder eines Landes ihrem angestamm¬<lb/> ten Souverän und ihrem eigenen Vaterlande erweisen werden' (das Beispiel<lb/> Friedrichs des Großen paßt nur so weit, als die betreffenden Fürsten auch<lb/> große Männer sind) so kam hier hinzu, daß die päpstliche Regierung Vieles<lb/> verabsäumte, um ihre gewordenen Truppen an sich zu fesseln.</p><lb/> <p xml:id="ID_1150"> Die Italiener, der größere Theil der Armee, waren zunächst den Wüh¬<lb/> lereien der geheimen revolutionären Vereine sehr zugängig und konnten andrer¬<lb/> seits keine besondere Neigung zu einer Negierung besitzen, welche von dem<lb/> falsche,? Principe ausging, bei jeder Gelegenheit ihre nichtitalienischen Solda¬<lb/> ten zu bevorzugen. Ein Fremdensoldat erhielt bei seinem Engagement fast<lb/> doppelt so viel Handgeld als ein Eingeborner; sein täglicher Sold war um<lb/> einen Bajocco (gleich V- Sgr.) hoher als der des letzter»; sogar in der Be¬<lb/> kleidung waren die Ausländer besser gestellt, als die Italiener, und endlich<lb/> wurden jene ihnen auch im Avancement und bei jeder Art von Auszeichnung<lb/> vorgezogen. Bei dem Abscheu, den jeder Italiener vor dem Soldatenhand¬<lb/> werk hat, bei der Verachtung, welche er bisher sogar gegen die Uniform hegte,<lb/> kann man sich leicht denken, daß nur im äußersten Nothfall ein Italiener sich<lb/> in die päpstliche Armee einreihen ließ, und so kann man sich eine Vorstellung<lb/> machen, aus welchen unzuverlässigen Elementen der italienische Theil derselben<lb/> bestand. Eine Ausnahme hievon war jedoch die 4000 Mann starke Gen¬<lb/> darmerie (Carabinieri), eine Elitcntruppe, theils zu Pferde, theils zu Fuß,<lb/> sehr gut besoldet,, welche das eigeutlicke land- und stadtpolizeilichc Sicherhcits-<lb/> organ bildete. Da dieselben als Spione und Schergen der Negierung mehr<lb/> noch als alle übrigen Hcerestherle gehaßt wurden, so kamen sie nur auf dienst¬<lb/> lichen Wege mit dem Volke in Berührung, und Folge davon wieder war,<lb/> daß die Gendarmerie bis zu Ende die treuste Truppe des Papstes blieb.</p><lb/> <p xml:id="ID_1151" next="#ID_1152"> Die Frcmdcntruppen, vom Volke fälschlich Schweizer genannt, bestanden<lb/> aus sehr verschiedenen Nationalitäten^ deutschen, französischen und italienischen<lb/> Schweizern aller zweiundzwanzig Cantone, kaiserlichen Franzosen, kaiserlichen,<lb/> königlichen und herzoglichen Deutschen aus allen Gauen, einigen Spaniern<lb/> und Belgiern, und in der allerletzten Periode auch aus Ungarn, Polen und<lb/> Croaten. Dieses zusammengewürfelte Corps rekrutirte sich aus drei Werbe-<lb/> depütsl Feldkirch in Vorarlberg, Pontarlier und Marseille in Frankreich.<lb/> Diese Depots wurden von den betreffenden Regierungen stillschweigend gedul-<lb/> dkt; auf jedem derselben befand sich ein Werbeofsizier mit zwei bis drei Unter¬<lb/> offizieren, welche auf unglückliche Leute so zu sagen angelten. Namentlich<lb/> lieferte Feldkirch in Vorarlberg vermöge seiner günstigen Lage in der Nähe<lb/> der Schweiz, Würtembergs, Badens, Bayerns und Tirols die reichste Bente,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
vollständig ab von der alten Erfahrung, daß in der Fremde geworbene Trup¬
pen niemals, oder doch nur in seltenen Fällen, die Ergebenheit gegen ihren
Kriegsherrn haben können, wie sie die Kinder eines Landes ihrem angestamm¬
ten Souverän und ihrem eigenen Vaterlande erweisen werden' (das Beispiel
Friedrichs des Großen paßt nur so weit, als die betreffenden Fürsten auch
große Männer sind) so kam hier hinzu, daß die päpstliche Regierung Vieles
verabsäumte, um ihre gewordenen Truppen an sich zu fesseln.
Die Italiener, der größere Theil der Armee, waren zunächst den Wüh¬
lereien der geheimen revolutionären Vereine sehr zugängig und konnten andrer¬
seits keine besondere Neigung zu einer Negierung besitzen, welche von dem
falsche,? Principe ausging, bei jeder Gelegenheit ihre nichtitalienischen Solda¬
ten zu bevorzugen. Ein Fremdensoldat erhielt bei seinem Engagement fast
doppelt so viel Handgeld als ein Eingeborner; sein täglicher Sold war um
einen Bajocco (gleich V- Sgr.) hoher als der des letzter»; sogar in der Be¬
kleidung waren die Ausländer besser gestellt, als die Italiener, und endlich
wurden jene ihnen auch im Avancement und bei jeder Art von Auszeichnung
vorgezogen. Bei dem Abscheu, den jeder Italiener vor dem Soldatenhand¬
werk hat, bei der Verachtung, welche er bisher sogar gegen die Uniform hegte,
kann man sich leicht denken, daß nur im äußersten Nothfall ein Italiener sich
in die päpstliche Armee einreihen ließ, und so kann man sich eine Vorstellung
machen, aus welchen unzuverlässigen Elementen der italienische Theil derselben
bestand. Eine Ausnahme hievon war jedoch die 4000 Mann starke Gen¬
darmerie (Carabinieri), eine Elitcntruppe, theils zu Pferde, theils zu Fuß,
sehr gut besoldet,, welche das eigeutlicke land- und stadtpolizeilichc Sicherhcits-
organ bildete. Da dieselben als Spione und Schergen der Negierung mehr
noch als alle übrigen Hcerestherle gehaßt wurden, so kamen sie nur auf dienst¬
lichen Wege mit dem Volke in Berührung, und Folge davon wieder war,
daß die Gendarmerie bis zu Ende die treuste Truppe des Papstes blieb.
Die Frcmdcntruppen, vom Volke fälschlich Schweizer genannt, bestanden
aus sehr verschiedenen Nationalitäten^ deutschen, französischen und italienischen
Schweizern aller zweiundzwanzig Cantone, kaiserlichen Franzosen, kaiserlichen,
königlichen und herzoglichen Deutschen aus allen Gauen, einigen Spaniern
und Belgiern, und in der allerletzten Periode auch aus Ungarn, Polen und
Croaten. Dieses zusammengewürfelte Corps rekrutirte sich aus drei Werbe-
depütsl Feldkirch in Vorarlberg, Pontarlier und Marseille in Frankreich.
Diese Depots wurden von den betreffenden Regierungen stillschweigend gedul-
dkt; auf jedem derselben befand sich ein Werbeofsizier mit zwei bis drei Unter¬
offizieren, welche auf unglückliche Leute so zu sagen angelten. Namentlich
lieferte Feldkirch in Vorarlberg vermöge seiner günstigen Lage in der Nähe
der Schweiz, Würtembergs, Badens, Bayerns und Tirols die reichste Bente,
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