Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.tende Kirche, nicht allein figürlich, sondern Päpste und Propheten mit dem In,der That, wenn "ran wahrnimmt, daß die geschickteste" Diplomaten tende Kirche, nicht allein figürlich, sondern Päpste und Propheten mit dem In,der That, wenn »ran wahrnimmt, daß die geschickteste» Diplomaten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110602"/> <p xml:id="ID_721" prev="#ID_720"> tende Kirche, nicht allein figürlich, sondern Päpste und Propheten mit dem<lb/> Schwerte in der Hand, und Macchiavell bemerkt, daß »ur die unbewaffneten<lb/> Propheten unterliegen. Ebenso erzählt die Geschichte von Kriegern, welche<lb/> dos Schwert mit dem Rosenkranze vertauscht habe», von Ignaz von Loyola<lb/> bis auf den Erzbischof Ketteler von Mainz. Nicht allein in Religions- son¬<lb/> dern anch in Bürgerkriegen wie im Kampfe gegen Fremdherrschaft greife»<lb/> Priester und Mönche zu den Waffen; mancher Soldat dagegen hat seine blu¬<lb/> tige Laufbahn in der Stille eines Klosters abgeschlossen. Glieder beider<lb/> Stände wechseln nicht allein ihre Rollen, sondern treffen einander auch auf<lb/> dem Felde der Diplomatie und sind dort in der Regel nicht die am wenig¬<lb/> sten befähigten Männer. Außer den geistlich und militärisch geschulten Köpfen<lb/> bedient sich die Diplomatie noch andrer Kräfte, deren Leistungen nicht etwa<lb/> darum gering geachtet werden dürfen, weil ihnen keine äußere, amtliche Stel¬<lb/> lung entspricht; wir »reinen die Juden und die Damen. Die Namen der<lb/> Fürstin Lieven, der Herzogin von Dino sind bekannt, und andre ließen sich<lb/> ihnen zur Seite stellen; der Einfluß, den ein Gesandter an dem Hofe übt,<lb/> bei welchem er accreditirt ist. die Dienste, welche er dort seine»: Souverän<lb/> leistet, sind nicht immer sein eigenes Werk; die Orden, mit denen er decorirt<lb/> wird, müßten, wenn sie das wahre Verdienst belohnen sollten, zuweilen die<lb/> Brust seiner schönern Hälfte schmücken. Die feinen, zähe», rührigen Welt¬<lb/> bürger jüdischen Stammes, wenn auch nicht mehr im Glauben ihrer Vä¬<lb/> ter, haben vermöge ihrer Begabung ein besondres Geschick für manche Dienst¬<lb/> leistungen un diplomatischen Fache; sie sind häusig mehr als die vertrauten<lb/> und vermittelnden Personen, als welche sie erscheinen, oder verborgen bleiben;<lb/> ihr Rath, ihre stille Thätigkeit üben zuweilen entscheidenden Einfluß, aber sel¬<lb/> ten bringe» sie es zu einem Gesandtschaftsposten, wie jener ausgezeichnete<lb/> Vertreter einer nordischen Macht a» einem westlichen Hofe, welcher Lieferant<lb/> gewesen und in dieser Sphäre als diplomatisches Genie erkannt worden<lb/> war. —</p><lb/> <p xml:id="ID_722" next="#ID_723"> In,der That, wenn »ran wahrnimmt, daß die geschickteste» Diplomaten<lb/> Männer waren, welche sich vorher auf einem andern Felde des Wissens und<lb/> der Thätigkeit bewegt und bewährt hatten, so liegt der Gedanke nahe, daß<lb/> ein besonderes Talent, ein hoher Grad von Anlage und ernstem Streben da¬<lb/> zu gehört, wenn ein junger Mann, der nur die diplomatische Schule durch¬<lb/> gemacht, nachdem er das Examen bestanden hat, sich in seinem Fache aus¬<lb/> zeichnet. Diese besondere Anlage, welche schließlich die Schule überwindet,<lb/> scheint unter den edeln Sprossen der romanischen und slavischen Stämme häu¬<lb/> figer zu sein als unter den biedern Deutschen; vielleicht ist dies mit ein Grund,<lb/> warum manche deutsche Gesandte französische Namen tragen. Auf der andern<lb/> Seite ist auch nicht zu verkennen, daß die Anforderungen an den deutschen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0254]
tende Kirche, nicht allein figürlich, sondern Päpste und Propheten mit dem
Schwerte in der Hand, und Macchiavell bemerkt, daß »ur die unbewaffneten
Propheten unterliegen. Ebenso erzählt die Geschichte von Kriegern, welche
dos Schwert mit dem Rosenkranze vertauscht habe», von Ignaz von Loyola
bis auf den Erzbischof Ketteler von Mainz. Nicht allein in Religions- son¬
dern anch in Bürgerkriegen wie im Kampfe gegen Fremdherrschaft greife»
Priester und Mönche zu den Waffen; mancher Soldat dagegen hat seine blu¬
tige Laufbahn in der Stille eines Klosters abgeschlossen. Glieder beider
Stände wechseln nicht allein ihre Rollen, sondern treffen einander auch auf
dem Felde der Diplomatie und sind dort in der Regel nicht die am wenig¬
sten befähigten Männer. Außer den geistlich und militärisch geschulten Köpfen
bedient sich die Diplomatie noch andrer Kräfte, deren Leistungen nicht etwa
darum gering geachtet werden dürfen, weil ihnen keine äußere, amtliche Stel¬
lung entspricht; wir »reinen die Juden und die Damen. Die Namen der
Fürstin Lieven, der Herzogin von Dino sind bekannt, und andre ließen sich
ihnen zur Seite stellen; der Einfluß, den ein Gesandter an dem Hofe übt,
bei welchem er accreditirt ist. die Dienste, welche er dort seine»: Souverän
leistet, sind nicht immer sein eigenes Werk; die Orden, mit denen er decorirt
wird, müßten, wenn sie das wahre Verdienst belohnen sollten, zuweilen die
Brust seiner schönern Hälfte schmücken. Die feinen, zähe», rührigen Welt¬
bürger jüdischen Stammes, wenn auch nicht mehr im Glauben ihrer Vä¬
ter, haben vermöge ihrer Begabung ein besondres Geschick für manche Dienst¬
leistungen un diplomatischen Fache; sie sind häusig mehr als die vertrauten
und vermittelnden Personen, als welche sie erscheinen, oder verborgen bleiben;
ihr Rath, ihre stille Thätigkeit üben zuweilen entscheidenden Einfluß, aber sel¬
ten bringe» sie es zu einem Gesandtschaftsposten, wie jener ausgezeichnete
Vertreter einer nordischen Macht a» einem westlichen Hofe, welcher Lieferant
gewesen und in dieser Sphäre als diplomatisches Genie erkannt worden
war. —
In,der That, wenn »ran wahrnimmt, daß die geschickteste» Diplomaten
Männer waren, welche sich vorher auf einem andern Felde des Wissens und
der Thätigkeit bewegt und bewährt hatten, so liegt der Gedanke nahe, daß
ein besonderes Talent, ein hoher Grad von Anlage und ernstem Streben da¬
zu gehört, wenn ein junger Mann, der nur die diplomatische Schule durch¬
gemacht, nachdem er das Examen bestanden hat, sich in seinem Fache aus¬
zeichnet. Diese besondere Anlage, welche schließlich die Schule überwindet,
scheint unter den edeln Sprossen der romanischen und slavischen Stämme häu¬
figer zu sein als unter den biedern Deutschen; vielleicht ist dies mit ein Grund,
warum manche deutsche Gesandte französische Namen tragen. Auf der andern
Seite ist auch nicht zu verkennen, daß die Anforderungen an den deutschen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |