Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Jahr nach Hause, was entschieden auf heidnischen Ursprung der ganzen Cere¬ Auch an Ostern knüpfen sich heidnische Sitten, so die rothen Ostereier Bon den vielen Feiergebräuchen, mit denen noch das späte Mittelalter Am 24. Juni, dem Tag Johannis des Täufers, stammen noch immer Jahr nach Hause, was entschieden auf heidnischen Ursprung der ganzen Cere¬ Auch an Ostern knüpfen sich heidnische Sitten, so die rothen Ostereier Bon den vielen Feiergebräuchen, mit denen noch das späte Mittelalter Am 24. Juni, dem Tag Johannis des Täufers, stammen noch immer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110586"/> <p xml:id="ID_653" prev="#ID_652"> Jahr nach Hause, was entschieden auf heidnischen Ursprung der ganzen Cere¬<lb/> monie deutet.</p><lb/> <p xml:id="ID_654"> Auch an Ostern knüpfen sich heidnische Sitten, so die rothen Ostereier<lb/> und der Glaube an die geheimnißvollen Segenswirkungen des Osterwassers.<lb/> Sehr eigenthümlich war ein erst seit sechs Jahren in der Jachenau außer<lb/> Uebung gekommener Gebrauch, nach welchem in jedem Jahre von einem der<lb/> 36 Hofbesitzer der Reihe nach ein Widder zum Besten gegeben wurde, den<lb/> man in Vierteln briet, dann wieder in einen Korb ganz znsammenrichtete,<lb/> am Kops mit einem Kranz von Buchsbaum und Bändern zierte und, gleich<lb/> den Opferthieren des germanischen Heidenthums an den Hörnern vergoldete.<lb/> Der Erbe des Hauses oder der Oberknecht trug dann den Widder zur Weihe<lb/> in die Kirche und von da ins Wirthshaus, wo ihn der Wirth zerhackte und<lb/> an die Hirten der einzelnen Höfe und andere arme Leute vertheilte.</p><lb/> <p xml:id="ID_655"> Bon den vielen Feiergebräuchen, mit denen noch das späte Mittelalter<lb/> den ersten Maitag begrüßte, hat sich nur das Setzen von Maibäumen<lb/> erhalten, und zwar zunächst solcher, die, von den Burschen in feierlichem Zug<lb/> aus dem Walde geholt und festlich vor dem Wirthshaus aufgepflanzt, dem<lb/> ganzen Dorfe gelten. Namentlich im Ampergrund, aber auch im Jnnthal<lb/> und im Chiemgau sieht man die Maibäume reich verziert und alle drei bis<lb/> fünf Jahre erneut. Neben bloßen Zierrathen, Fahnen, Wappen, Kränzen haben<lb/> sie auch unerläßliche Bestandtheile, oben einen grünen Tannenwipfel, dann<lb/> das „Leiden Christi", d. h. alle bei demselben gebrauchten Instrumente, als<lb/> Geißel, Ruthe, Leiter, Würfel, Nägel. Hammer, Schwamm und Speer, dann<lb/> Kirche und Bauernhaus, Bauer'und Bäuerin, die Zeichen der Gewerke und<lb/> zu unterst vier Armbrüste, gegen alle vier Winde gerichtet und wol aus der<lb/> Zeit stammend, wo die hergebrachte Waffe des Bauern im Heerbann Pfeil<lb/> und Bogen war. Außer diesem allgemeinen Baum pflanzt man im Jnnthal<lb/> besonders braven Mädchen, tüchtigen Pfarrern, freigebigen Wirthen und an¬<lb/> deren wohlbeliebten Personen, sowie in einigen Dörfern des linken Ufers auch<lb/> dem jüngst verheiratheten Ehepaare solche Maien von geringerer Größe vor<lb/> das Fenster oder aus das Dach.</p><lb/> <p xml:id="ID_656" next="#ID_657"> Am 24. Juni, dem Tag Johannis des Täufers, stammen noch immer<lb/> in Altbayern, namentlich auf den Bergen, aber anch hin und wieder in der<lb/> Ebene die alten Sunwendfeuer. Den Sinn derselben hat das Volk wie<lb/> überall vergessen, indeß hat sich noch nicht völlig die Empfindung verloren,<lb/> daß es sich hier um kein gewöhnliches, sondern um ein heiliges Feuer handle.<lb/> An manchen Orten nährt man die Flamme nur mit geweihtem Holz, z. B.<lb/> mit Bäumen, an denen die Frohnleichnainsprocession vorübergegangen. An¬<lb/> derwärts sammeln die Kinder am Borabend von Haus zu Haus ziehend mit<lb/> Gesang den Brennstoff zu dem Scheiterhaufen ein, so daß es scheint, als</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0238]
Jahr nach Hause, was entschieden auf heidnischen Ursprung der ganzen Cere¬
monie deutet.
Auch an Ostern knüpfen sich heidnische Sitten, so die rothen Ostereier
und der Glaube an die geheimnißvollen Segenswirkungen des Osterwassers.
Sehr eigenthümlich war ein erst seit sechs Jahren in der Jachenau außer
Uebung gekommener Gebrauch, nach welchem in jedem Jahre von einem der
36 Hofbesitzer der Reihe nach ein Widder zum Besten gegeben wurde, den
man in Vierteln briet, dann wieder in einen Korb ganz znsammenrichtete,
am Kops mit einem Kranz von Buchsbaum und Bändern zierte und, gleich
den Opferthieren des germanischen Heidenthums an den Hörnern vergoldete.
Der Erbe des Hauses oder der Oberknecht trug dann den Widder zur Weihe
in die Kirche und von da ins Wirthshaus, wo ihn der Wirth zerhackte und
an die Hirten der einzelnen Höfe und andere arme Leute vertheilte.
Bon den vielen Feiergebräuchen, mit denen noch das späte Mittelalter
den ersten Maitag begrüßte, hat sich nur das Setzen von Maibäumen
erhalten, und zwar zunächst solcher, die, von den Burschen in feierlichem Zug
aus dem Walde geholt und festlich vor dem Wirthshaus aufgepflanzt, dem
ganzen Dorfe gelten. Namentlich im Ampergrund, aber auch im Jnnthal
und im Chiemgau sieht man die Maibäume reich verziert und alle drei bis
fünf Jahre erneut. Neben bloßen Zierrathen, Fahnen, Wappen, Kränzen haben
sie auch unerläßliche Bestandtheile, oben einen grünen Tannenwipfel, dann
das „Leiden Christi", d. h. alle bei demselben gebrauchten Instrumente, als
Geißel, Ruthe, Leiter, Würfel, Nägel. Hammer, Schwamm und Speer, dann
Kirche und Bauernhaus, Bauer'und Bäuerin, die Zeichen der Gewerke und
zu unterst vier Armbrüste, gegen alle vier Winde gerichtet und wol aus der
Zeit stammend, wo die hergebrachte Waffe des Bauern im Heerbann Pfeil
und Bogen war. Außer diesem allgemeinen Baum pflanzt man im Jnnthal
besonders braven Mädchen, tüchtigen Pfarrern, freigebigen Wirthen und an¬
deren wohlbeliebten Personen, sowie in einigen Dörfern des linken Ufers auch
dem jüngst verheiratheten Ehepaare solche Maien von geringerer Größe vor
das Fenster oder aus das Dach.
Am 24. Juni, dem Tag Johannis des Täufers, stammen noch immer
in Altbayern, namentlich auf den Bergen, aber anch hin und wieder in der
Ebene die alten Sunwendfeuer. Den Sinn derselben hat das Volk wie
überall vergessen, indeß hat sich noch nicht völlig die Empfindung verloren,
daß es sich hier um kein gewöhnliches, sondern um ein heiliges Feuer handle.
An manchen Orten nährt man die Flamme nur mit geweihtem Holz, z. B.
mit Bäumen, an denen die Frohnleichnainsprocession vorübergegangen. An¬
derwärts sammeln die Kinder am Borabend von Haus zu Haus ziehend mit
Gesang den Brennstoff zu dem Scheiterhaufen ein, so daß es scheint, als
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