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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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unserer Seite, aber dieser Vortheil liegt in der Natur der Sache; warum seid
ihr abgefallen? -- Daran schließt sich eine neue Darstellung der Kirchenge¬
schichte in 62 Artikeln vom katholischen Standpunkt, damit Leibnitz nicht be¬
haupten könne, er habe ihn widerlegt (II. 396--426).

Nun wirft auch Leibnitz alle Rücksichten bei Seite. -- Gut declamirt!
ruft er aus; aber wir unsrerseits müssen euch bitten, <Ze laisser Zur la, terre
ach Heus <mi s'oxxoseirt g-u torrent des abus, qui ne xermetteut xoint
<^us 1'autorite as 1'eglise soit avilie xg,r as msuvaiseL xr^edle^usf et <M
ne soutkrent xoiut <in'c>u aduss clef xromesses dö ^schuf - Llrrist xour
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(ÜKrist, unicjue eLpers-nec ach ekretieus, trof obscure et trof iueertame.
Also ihr konnt nichts zurücknehmen? -- vergebens schmeichelt ihr euch, daß
ihr darin einen Vortheil habt, eomme s'it elf.it xermis a. une danae ac
xetits evehues italieus, eourtisg,us et nourrissous as Roms, xeu
iustruits et xeu soiMeux an or^i elrristianisme, as Mriizuer alö-us un
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les plus graves ac leur temps, des cleeiKioirs c^ni ckoiveirt odliZer toute
I'eglise si nous les voulons croire. Mu, NonseiMeur, un tel eoueile ne
Mssera ^jams-is. -- Auf Bossuets kirchengeschichtliche Darstellung sendet er
5. Febr. 1702 eine Entgegnung ein (II S. 429--43), die ein ausführliches
Studium verdient, die wir aber hier übergehn müssen. Er kommt zu dem
Resultat: auch auf die heil. Schrift sind die Gesetze der gewöhnlichen Kritik
anzuwenden; er sagt von Luther, daß ihm das Menschengeschlecht Hoffnung
und Freiheit verdankt; er wird einige Male sogar recht spöttisch. Nicht mit
Unrecht ^bezeichnet der Herausgeber diese Denkschrift als die Grundlage der
modernen Exegese.

In Rom war man mit Bossuet nicht ganz zufrieden (vgl. Introd. I
S. 62--66); man wollte die Unterhandlungen nicht aufgeben. In einem
Brief an den Cardinal Davia, 1702, schreibt Leibnitz, ein neuer Versuch
könne nicht sud ausxieiis Karmeverimis, weil nunmehr England im
Wege steht, sondern Se. hochfürstl. Durchlaucht zu Wolfenbüttel geschehn-
Der sächsische und preußische Hos -- vielleicht auch der russische -- könnten
nützlich concurriren. Vor allem müßte der Papst einem gelehrten und 'ge¬
mäßigten Mann unbedingte Vollmacht ertheilen. -- Die Sache war die: im
Sommer 1701 war eine englische Gesandtschaft in Hannover angekommen, um
Sophie als Nachfolgerin der Königin Anna zu erklären: eine Thronfolge¬
ordnung, die auf den Protestantismus gegründet war. -- Die berliner Ver¬
suche 1703, die evangelische Kirche zu constituiren und die helmstädter In¬
triguen 1708, die mit dem Uebertritt Anton Ulrichs endeten, übergehn wir


Grenzboten IV. 1860. 28

unserer Seite, aber dieser Vortheil liegt in der Natur der Sache; warum seid
ihr abgefallen? — Daran schließt sich eine neue Darstellung der Kirchenge¬
schichte in 62 Artikeln vom katholischen Standpunkt, damit Leibnitz nicht be¬
haupten könne, er habe ihn widerlegt (II. 396—426).

Nun wirft auch Leibnitz alle Rücksichten bei Seite. — Gut declamirt!
ruft er aus; aber wir unsrerseits müssen euch bitten, <Ze laisser Zur la, terre
ach Heus <mi s'oxxoseirt g-u torrent des abus, qui ne xermetteut xoint
<^us 1'autorite as 1'eglise soit avilie xg,r as msuvaiseL xr^edle^usf et <M
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(ÜKrist, unicjue eLpers-nec ach ekretieus, trof obscure et trof iueertame.
Also ihr konnt nichts zurücknehmen? — vergebens schmeichelt ihr euch, daß
ihr darin einen Vortheil habt, eomme s'it elf.it xermis a. une danae ac
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iustruits et xeu soiMeux an or^i elrristianisme, as Mriizuer alö-us un
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les plus graves ac leur temps, des cleeiKioirs c^ni ckoiveirt odliZer toute
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Mssera ^jams-is. — Auf Bossuets kirchengeschichtliche Darstellung sendet er
5. Febr. 1702 eine Entgegnung ein (II S. 429—43), die ein ausführliches
Studium verdient, die wir aber hier übergehn müssen. Er kommt zu dem
Resultat: auch auf die heil. Schrift sind die Gesetze der gewöhnlichen Kritik
anzuwenden; er sagt von Luther, daß ihm das Menschengeschlecht Hoffnung
und Freiheit verdankt; er wird einige Male sogar recht spöttisch. Nicht mit
Unrecht ^bezeichnet der Herausgeber diese Denkschrift als die Grundlage der
modernen Exegese.

In Rom war man mit Bossuet nicht ganz zufrieden (vgl. Introd. I
S. 62—66); man wollte die Unterhandlungen nicht aufgeben. In einem
Brief an den Cardinal Davia, 1702, schreibt Leibnitz, ein neuer Versuch
könne nicht sud ausxieiis Karmeverimis, weil nunmehr England im
Wege steht, sondern Se. hochfürstl. Durchlaucht zu Wolfenbüttel geschehn-
Der sächsische und preußische Hos — vielleicht auch der russische — könnten
nützlich concurriren. Vor allem müßte der Papst einem gelehrten und 'ge¬
mäßigten Mann unbedingte Vollmacht ertheilen. — Die Sache war die: im
Sommer 1701 war eine englische Gesandtschaft in Hannover angekommen, um
Sophie als Nachfolgerin der Königin Anna zu erklären: eine Thronfolge¬
ordnung, die auf den Protestantismus gegründet war. — Die berliner Ver¬
suche 1703, die evangelische Kirche zu constituiren und die helmstädter In¬
triguen 1708, die mit dem Uebertritt Anton Ulrichs endeten, übergehn wir


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[0229] unserer Seite, aber dieser Vortheil liegt in der Natur der Sache; warum seid ihr abgefallen? — Daran schließt sich eine neue Darstellung der Kirchenge¬ schichte in 62 Artikeln vom katholischen Standpunkt, damit Leibnitz nicht be¬ haupten könne, er habe ihn widerlegt (II. 396—426). Nun wirft auch Leibnitz alle Rücksichten bei Seite. — Gut declamirt! ruft er aus; aber wir unsrerseits müssen euch bitten, <Ze laisser Zur la, terre ach Heus <mi s'oxxoseirt g-u torrent des abus, qui ne xermetteut xoint <^us 1'autorite as 1'eglise soit avilie xg,r as msuvaiseL xr^edle^usf et <M ne soutkrent xoiut <in'c>u aduss clef xromesses dö ^schuf - Llrrist xour etsblir 1'iilole ach erreurs: autrement e'est reuäre l'sssistauee 6e ^68U8- (ÜKrist, unicjue eLpers-nec ach ekretieus, trof obscure et trof iueertame. Also ihr konnt nichts zurücknehmen? — vergebens schmeichelt ihr euch, daß ihr darin einen Vortheil habt, eomme s'it elf.it xermis a. une danae ac xetits evehues italieus, eourtisg,us et nourrissous as Roms, xeu iustruits et xeu soiMeux an or^i elrristianisme, as Mriizuer alö-us un coin clef ^Ixes, ä'une maniere äesg-ppreu^ce lurutement par les Irommes les plus graves ac leur temps, des cleeiKioirs c^ni ckoiveirt odliZer toute I'eglise si nous les voulons croire. Mu, NonseiMeur, un tel eoueile ne Mssera ^jams-is. — Auf Bossuets kirchengeschichtliche Darstellung sendet er 5. Febr. 1702 eine Entgegnung ein (II S. 429—43), die ein ausführliches Studium verdient, die wir aber hier übergehn müssen. Er kommt zu dem Resultat: auch auf die heil. Schrift sind die Gesetze der gewöhnlichen Kritik anzuwenden; er sagt von Luther, daß ihm das Menschengeschlecht Hoffnung und Freiheit verdankt; er wird einige Male sogar recht spöttisch. Nicht mit Unrecht ^bezeichnet der Herausgeber diese Denkschrift als die Grundlage der modernen Exegese. In Rom war man mit Bossuet nicht ganz zufrieden (vgl. Introd. I S. 62—66); man wollte die Unterhandlungen nicht aufgeben. In einem Brief an den Cardinal Davia, 1702, schreibt Leibnitz, ein neuer Versuch könne nicht sud ausxieiis Karmeverimis, weil nunmehr England im Wege steht, sondern Se. hochfürstl. Durchlaucht zu Wolfenbüttel geschehn- Der sächsische und preußische Hos — vielleicht auch der russische — könnten nützlich concurriren. Vor allem müßte der Papst einem gelehrten und 'ge¬ mäßigten Mann unbedingte Vollmacht ertheilen. — Die Sache war die: im Sommer 1701 war eine englische Gesandtschaft in Hannover angekommen, um Sophie als Nachfolgerin der Königin Anna zu erklären: eine Thronfolge¬ ordnung, die auf den Protestantismus gegründet war. — Die berliner Ver¬ suche 1703, die evangelische Kirche zu constituiren und die helmstädter In¬ triguen 1708, die mit dem Uebertritt Anton Ulrichs endeten, übergehn wir Grenzboten IV. 1860. 28

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/229>, abgerufen am 15.01.2025.