Leibnitz dahingestellt sein ließ, "ob solcher Gott weiß auf was für einen Trieb und Respect über das und soviel Raffiniren nicht in Jndifferentismum ge¬ rathen sei, daß man nicht eben wie der h. Hieronymus vormals von Rnffino gesagt, gleichfalls von ihm billig sagen könne: (Zuisyuis est, irostvi- non oft".
Seinen Korrespondenten gegenüber hatte der alte Herr mit seinen Bekeh¬ rungsversuchen, so eifrig er sie fortsetzt, kein Glück: er hat keinen Einzigen zu seiner Kirche herübergezogen. Ein größerer Erfolg wurde ihm bei einer an¬ dern Classe: junge Mädchen von 14--18 Jahren, die er seit 1671 aus seinem Schloß hielt und zuweilen auch mit nach Venedig nahm. Er wünschte von ihnen caressirt zu sein, aber durchaus in Ehren, wie er sehr ernsthaft ver¬ sichert; gewöhnlich entließ er sie, bekehrt und mit einer reichen Aussteuer ver¬ sehn, in ihre Heimath. Im Februar 1692 heirathete er, 09 Jahr alt, ein sieb¬ zehnjähriges Fräulein zur linken Hand. Ueber die Ehe dachte Leibnitz noch freier; was er den Katholiken am heftigsten vorwarf, war das Dogma von der Unauflöslichkeir der Ehe: er wies mit vollem Recht auf die unsittlichen Folgen hin, die daraus entsprangen, (z. B. Rommel II. S. 391--92) und kam mehrmals auf die Berechtigung der Vielweiberei zurück, wenigstens in Aus¬ nahmefällen: schon weil man dadurch die Asiaten viel leichter werde zum Christenthum bekehren. Der Landgraf fand die Ansicht theologisch nicht correct, aber im Ganzen war er auch dafür.
Leibnitz machte ihn (December 1691) darauf aufmerksam, daß die Vereinigung zwischen Rom und Augsburg um so denkbarer sei, da die Kirche in ihrem Schooß doch auch die Jansenisten und Molinisten ertrüge, die weit mehr von einander abwichen: denn die (theoretischen) Streitigkeiten zwischen Jenen seien nur speculativer Art; während diese sich auf das Wesen der Frömmigkeit be¬ zögen. Denn ob die Liebe Gottes zur Seligkeit nothwendig sei, das zu wissen sei viel wichtiger, als die Frage, ob und wieviel Brod sich in Fleisch ver¬ wandle. Ueber solche Ausdrücke wurde der Landgraf etwas wild: "es ist nichts so absurd, schreibt er 18. Januar 1692, als zu glauben, daß die von einigen Lutheranern Spinola gemachten Anerbietungen nur im kleinsten Punkt haltbar seien; man sollte sich schämen daran zu denken, als könnten wir in einem Concil verheirateten Superintendenten den Zutritt verstatten: g, ciuoi songes- vous, noir von Ur. I^öidmtü, ac eroirs "M'co. csls. sois ne votre sentt- mont et. äösir? -- Desto schlimmer! antwortet Leibnitz (30. Januar), wenn man um solcher Spitzfindigkeiten willen die Einigung verzögert, durch bloße Macht¬ sprüche ohne Gründe. Freilich ist es von den Protestanten unhöflich, den Papst den Antichrist zu nennen: soviel aber ist gewiß, daß es in der Kirche nichts Schlimmeres gibt, als einen schlimmen Papst. Freilich ist die Union zwischen Augsburg und Genf leichter als die zwischen Augsburg und Rom: denn dort handelt es sich nur um speculative Fragen, hier um praktische (jetzt end-
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Leibnitz dahingestellt sein ließ, „ob solcher Gott weiß auf was für einen Trieb und Respect über das und soviel Raffiniren nicht in Jndifferentismum ge¬ rathen sei, daß man nicht eben wie der h. Hieronymus vormals von Rnffino gesagt, gleichfalls von ihm billig sagen könne: (Zuisyuis est, irostvi- non oft".
Seinen Korrespondenten gegenüber hatte der alte Herr mit seinen Bekeh¬ rungsversuchen, so eifrig er sie fortsetzt, kein Glück: er hat keinen Einzigen zu seiner Kirche herübergezogen. Ein größerer Erfolg wurde ihm bei einer an¬ dern Classe: junge Mädchen von 14—18 Jahren, die er seit 1671 aus seinem Schloß hielt und zuweilen auch mit nach Venedig nahm. Er wünschte von ihnen caressirt zu sein, aber durchaus in Ehren, wie er sehr ernsthaft ver¬ sichert; gewöhnlich entließ er sie, bekehrt und mit einer reichen Aussteuer ver¬ sehn, in ihre Heimath. Im Februar 1692 heirathete er, 09 Jahr alt, ein sieb¬ zehnjähriges Fräulein zur linken Hand. Ueber die Ehe dachte Leibnitz noch freier; was er den Katholiken am heftigsten vorwarf, war das Dogma von der Unauflöslichkeir der Ehe: er wies mit vollem Recht auf die unsittlichen Folgen hin, die daraus entsprangen, (z. B. Rommel II. S. 391—92) und kam mehrmals auf die Berechtigung der Vielweiberei zurück, wenigstens in Aus¬ nahmefällen: schon weil man dadurch die Asiaten viel leichter werde zum Christenthum bekehren. Der Landgraf fand die Ansicht theologisch nicht correct, aber im Ganzen war er auch dafür.
Leibnitz machte ihn (December 1691) darauf aufmerksam, daß die Vereinigung zwischen Rom und Augsburg um so denkbarer sei, da die Kirche in ihrem Schooß doch auch die Jansenisten und Molinisten ertrüge, die weit mehr von einander abwichen: denn die (theoretischen) Streitigkeiten zwischen Jenen seien nur speculativer Art; während diese sich auf das Wesen der Frömmigkeit be¬ zögen. Denn ob die Liebe Gottes zur Seligkeit nothwendig sei, das zu wissen sei viel wichtiger, als die Frage, ob und wieviel Brod sich in Fleisch ver¬ wandle. Ueber solche Ausdrücke wurde der Landgraf etwas wild: „es ist nichts so absurd, schreibt er 18. Januar 1692, als zu glauben, daß die von einigen Lutheranern Spinola gemachten Anerbietungen nur im kleinsten Punkt haltbar seien; man sollte sich schämen daran zu denken, als könnten wir in einem Concil verheirateten Superintendenten den Zutritt verstatten: g, ciuoi songes- vous, noir von Ur. I^öidmtü, ac eroirs «M'co. csls. sois ne votre sentt- mont et. äösir? — Desto schlimmer! antwortet Leibnitz (30. Januar), wenn man um solcher Spitzfindigkeiten willen die Einigung verzögert, durch bloße Macht¬ sprüche ohne Gründe. Freilich ist es von den Protestanten unhöflich, den Papst den Antichrist zu nennen: soviel aber ist gewiß, daß es in der Kirche nichts Schlimmeres gibt, als einen schlimmen Papst. Freilich ist die Union zwischen Augsburg und Genf leichter als die zwischen Augsburg und Rom: denn dort handelt es sich nur um speculative Fragen, hier um praktische (jetzt end-
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und Respect über das und soviel Raffiniren nicht in Jndifferentismum ge¬
rathen sei, daß man nicht eben wie der h. Hieronymus vormals von Rnffino
gesagt, gleichfalls von ihm billig sagen könne: (Zuisyuis est, irostvi- non oft".
Seinen Korrespondenten gegenüber hatte der alte Herr mit seinen Bekeh¬
rungsversuchen, so eifrig er sie fortsetzt, kein Glück: er hat keinen Einzigen zu
seiner Kirche herübergezogen. Ein größerer Erfolg wurde ihm bei einer an¬
dern Classe: junge Mädchen von 14—18 Jahren, die er seit 1671 aus seinem
Schloß hielt und zuweilen auch mit nach Venedig nahm. Er wünschte von
ihnen caressirt zu sein, aber durchaus in Ehren, wie er sehr ernsthaft ver¬
sichert; gewöhnlich entließ er sie, bekehrt und mit einer reichen Aussteuer ver¬
sehn, in ihre Heimath. Im Februar 1692 heirathete er, 09 Jahr alt, ein sieb¬
zehnjähriges Fräulein zur linken Hand. Ueber die Ehe dachte Leibnitz noch
freier; was er den Katholiken am heftigsten vorwarf, war das Dogma von
der Unauflöslichkeir der Ehe: er wies mit vollem Recht auf die unsittlichen
Folgen hin, die daraus entsprangen, (z. B. Rommel II. S. 391—92) und kam
mehrmals auf die Berechtigung der Vielweiberei zurück, wenigstens in Aus¬
nahmefällen: schon weil man dadurch die Asiaten viel leichter werde zum
Christenthum bekehren. Der Landgraf fand die Ansicht theologisch nicht correct,
aber im Ganzen war er auch dafür.
Leibnitz machte ihn (December 1691) darauf aufmerksam, daß die Vereinigung
zwischen Rom und Augsburg um so denkbarer sei, da die Kirche in ihrem
Schooß doch auch die Jansenisten und Molinisten ertrüge, die weit mehr von
einander abwichen: denn die (theoretischen) Streitigkeiten zwischen Jenen seien
nur speculativer Art; während diese sich auf das Wesen der Frömmigkeit be¬
zögen. Denn ob die Liebe Gottes zur Seligkeit nothwendig sei, das zu wissen
sei viel wichtiger, als die Frage, ob und wieviel Brod sich in Fleisch ver¬
wandle. Ueber solche Ausdrücke wurde der Landgraf etwas wild: „es ist nichts
so absurd, schreibt er 18. Januar 1692, als zu glauben, daß die von einigen
Lutheranern Spinola gemachten Anerbietungen nur im kleinsten Punkt haltbar
seien; man sollte sich schämen daran zu denken, als könnten wir in einem
Concil verheirateten Superintendenten den Zutritt verstatten: g, ciuoi songes-
vous, noir von Ur. I^öidmtü, ac eroirs «M'co. csls. sois ne votre sentt-
mont et. äösir? — Desto schlimmer! antwortet Leibnitz (30. Januar), wenn man
um solcher Spitzfindigkeiten willen die Einigung verzögert, durch bloße Macht¬
sprüche ohne Gründe. Freilich ist es von den Protestanten unhöflich, den
Papst den Antichrist zu nennen: soviel aber ist gewiß, daß es in der Kirche
nichts Schlimmeres gibt, als einen schlimmen Papst. Freilich ist die Union
zwischen Augsburg und Genf leichter als die zwischen Augsburg und Rom:
denn dort handelt es sich nur um speculative Fragen, hier um praktische (jetzt end-
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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/215>, abgerufen am 25.01.2025.
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