Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.allerdings auf einer soliden staatlichen Grundlage, wie sie für Griechenland Allein wir müssen diesen Satz sofort einschränken durch die Bemerkung, Die Beschäftigung mit diesen ländlichen Verrichtungen scheint das In¬ allerdings auf einer soliden staatlichen Grundlage, wie sie für Griechenland Allein wir müssen diesen Satz sofort einschränken durch die Bemerkung, Die Beschäftigung mit diesen ländlichen Verrichtungen scheint das In¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110464"/> <p xml:id="ID_287" prev="#ID_286"> allerdings auf einer soliden staatlichen Grundlage, wie sie für Griechenland<lb/> nicht vorhanden war, und diese Grundlage hatte sich gebildet durch die Rich¬<lb/> tung der Nation auf eine angestrengte Arbeitsthntigkeit und durch die Ach¬<lb/> tung vor der Arbeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_288"> Allein wir müssen diesen Satz sofort einschränken durch die Bemerkung,<lb/> daß nicht alle und jede Beschäftigung mit den Verrichtungen des täglichen<lb/> Lebens dem Volkscharakter der Römer entsprach und ihre Achtung genoß.<lb/> Aehnlich den dorischen Bewohnern des südlichen Peloponnes, mit welchen die<lb/> Jtaliker überhaupt wol nahe verwandt waren, hatten die Römer ihr Staats-<lb/> wesen auf einer Unterlage erbaut, welche stets eine nothwendige Bedingung<lb/> jeder großen Machtentwicklnng gewesen ist. Aus dem Grundbesitze erwuchs<lb/> ihnen, wie den Lacedämoniern ihre nationale Größe und Bedeutung: Vieh¬<lb/> zucht und besonders Ackerbau bildeten für Rom wie für Sparta die vorherr¬<lb/> schenden Lebensrichtungen, nur mit dem Unterschiede, daß der stolze Spartiat<lb/> den Heloten zur Bestellung seiner Aecker zwang, selbst aber zur Vertheidigung<lb/> seines Besitzthums ausschließlich dem Waffenhandwerk oblag, der ebenso stolze<lb/> Patricier Roms hingegen es nicht unter seiner Würde hielt, in dürftigem Ge¬<lb/> wand hinter den Stieren einherzugehn, bis die eilende Gattin dem fleißigen<lb/> Arbeiter die Toga reichte und der Lictor den Pflug nach Hause geleitete, den<lb/> der Dictator in der Furche gelassen, als ihn die Botschaft seines Volkes be¬<lb/> rief, die Pflugschar mit dem Schwerte zu vertauschen. Auch steht Quinctius Cin-<lb/> cinnalus nicht allein da: Cajus Fabricius, Curius Dentatus. Marcus Va-<lb/> lerius Corvus und Andre werde» neben ihm als thätige Landwirthe genannt,<lb/> weiche den Boden der Saturnia Terra mit eigner Hand bestellten, nicht un¬<lb/> ähnlich den griechischen Königen und Fürstensöhnen der Heroenzeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_289" next="#ID_290"> Die Beschäftigung mit diesen ländlichen Verrichtungen scheint das In¬<lb/> teresse der alten Römer in so hohem Grade absorbirt zu haben, daß sie von<lb/> ihrem Landgute wol meist nur zu den Senatssitzungen in 'die Stadt kamen<lb/> oder wenn der Staat sonst ihres Rathes, ihrer Stimme oder ihrer Hilfe be¬<lb/> dürfte. Die großen und die kleinen Grundbesitzer, mochten sie um selbst als<lb/> Ackerbauer und Hirten thätig sein oder nur die Bestellung der Felder und des<lb/> Viehes leiten und beaufsichtigen, waren ehrenwerthe und würdige Arbeiter,<lb/> nicht Banausen im Sinne der Griechen. Ihre Bedürfnisse waren ohne Zwei¬<lb/> fel gering und einfach: die Ackergeräthschaften werden sich die Landleute zum<lb/> größten Theil wol selbst verfertigt haben, für die Bekleidung sorgte die Haus¬<lb/> frau durch fleißiges Spinnen und Weben, und auch die Bereitung des Bro¬<lb/> des war ihre Ausgabe. Die Stätte, wo man sich zum genieinsamen Familien¬<lb/> mahle versammelte oder nach vollbrachter Arbeit sich zur Ruhe legte, war<lb/> sicherlich auch nicht von so schwieriger Construction, daß es dazu kundiger<lb/> Baumeister und eines zunftgerechten Maurerhandwerks bedurft hätte: das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
allerdings auf einer soliden staatlichen Grundlage, wie sie für Griechenland
nicht vorhanden war, und diese Grundlage hatte sich gebildet durch die Rich¬
tung der Nation auf eine angestrengte Arbeitsthntigkeit und durch die Ach¬
tung vor der Arbeit.
Allein wir müssen diesen Satz sofort einschränken durch die Bemerkung,
daß nicht alle und jede Beschäftigung mit den Verrichtungen des täglichen
Lebens dem Volkscharakter der Römer entsprach und ihre Achtung genoß.
Aehnlich den dorischen Bewohnern des südlichen Peloponnes, mit welchen die
Jtaliker überhaupt wol nahe verwandt waren, hatten die Römer ihr Staats-
wesen auf einer Unterlage erbaut, welche stets eine nothwendige Bedingung
jeder großen Machtentwicklnng gewesen ist. Aus dem Grundbesitze erwuchs
ihnen, wie den Lacedämoniern ihre nationale Größe und Bedeutung: Vieh¬
zucht und besonders Ackerbau bildeten für Rom wie für Sparta die vorherr¬
schenden Lebensrichtungen, nur mit dem Unterschiede, daß der stolze Spartiat
den Heloten zur Bestellung seiner Aecker zwang, selbst aber zur Vertheidigung
seines Besitzthums ausschließlich dem Waffenhandwerk oblag, der ebenso stolze
Patricier Roms hingegen es nicht unter seiner Würde hielt, in dürftigem Ge¬
wand hinter den Stieren einherzugehn, bis die eilende Gattin dem fleißigen
Arbeiter die Toga reichte und der Lictor den Pflug nach Hause geleitete, den
der Dictator in der Furche gelassen, als ihn die Botschaft seines Volkes be¬
rief, die Pflugschar mit dem Schwerte zu vertauschen. Auch steht Quinctius Cin-
cinnalus nicht allein da: Cajus Fabricius, Curius Dentatus. Marcus Va-
lerius Corvus und Andre werde» neben ihm als thätige Landwirthe genannt,
weiche den Boden der Saturnia Terra mit eigner Hand bestellten, nicht un¬
ähnlich den griechischen Königen und Fürstensöhnen der Heroenzeit.
Die Beschäftigung mit diesen ländlichen Verrichtungen scheint das In¬
teresse der alten Römer in so hohem Grade absorbirt zu haben, daß sie von
ihrem Landgute wol meist nur zu den Senatssitzungen in 'die Stadt kamen
oder wenn der Staat sonst ihres Rathes, ihrer Stimme oder ihrer Hilfe be¬
dürfte. Die großen und die kleinen Grundbesitzer, mochten sie um selbst als
Ackerbauer und Hirten thätig sein oder nur die Bestellung der Felder und des
Viehes leiten und beaufsichtigen, waren ehrenwerthe und würdige Arbeiter,
nicht Banausen im Sinne der Griechen. Ihre Bedürfnisse waren ohne Zwei¬
fel gering und einfach: die Ackergeräthschaften werden sich die Landleute zum
größten Theil wol selbst verfertigt haben, für die Bekleidung sorgte die Haus¬
frau durch fleißiges Spinnen und Weben, und auch die Bereitung des Bro¬
des war ihre Ausgabe. Die Stätte, wo man sich zum genieinsamen Familien¬
mahle versammelte oder nach vollbrachter Arbeit sich zur Ruhe legte, war
sicherlich auch nicht von so schwieriger Construction, daß es dazu kundiger
Baumeister und eines zunftgerechten Maurerhandwerks bedurft hätte: das
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