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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Garniern nicht zu mißachtende Concurrenten: die Basa Sanna empfahlen sich
ebenfalls durch schöne Form und reiches Bildwerk. Auch Korinth, wo der
Sikyonier Dibutades die Töpferscheibe erfunden haben soll, die gewerbfleißige
Insel Regina, Sikyon, Knidos und mehrere sicilische und unteritalische Städte
lieferten vortreffliche Erzeugnisse der Thonbildnerei. Selbst Lakonien blieb
hierin nicht zurück. Berühmt waren die Becher, die man dorther bezog, wie
denn überhaupt die Penöken, in deren Familien gewisse Handwerke erblich
gewesen zu sein scheinen, obschon auch hier schwerlich an Zünftigkeit zu denken
ist, durch betriebsame Gewerbsthätigkeit sich auszeichneten: Wagen. Waffen,
Schuhzeug, Mantel und andre lakonische Fabncate waren auch im Auslande
wegen ihrer Güte beliebt. Ebenso thaten sich in den höhern Künsten der
Toreutik und Erzgießerei manche unter ihnen so hervor, daß die Kunstgeschichte
ihre Namen erhalten hat; denn daß Chartas, Syadras, Dontas und andre
Holzschneider oder Erzbildner nicht Spartiaten gewesen sein können, wie sogar
alte Schriftsteller gemeint haben, versteht sich von selbst.

Muttersiadt der Metallarbeiten war Sikyon. Aber auch die Korinther lieferten
vortreffliche Gefäße aus dem nach ihrer Stadt benannten Erze, zu dem die Materia¬
lien in den benachbarten Bezirken von Argolis zu Tage gefördert wurden. Nicht
minder berühmt durch die Fertigung eherner Geräthschaften war Delos. Leuch¬
ter, Spangen und andre Metallwaare erhielt man aus Aegina, Kessel und
Schilde von den Argivern. Die Waffenschmiede Athens, zu denen auch De-
mosthenes wenigstens als Fabrikherr zu zählen ist, mögen kundige Meister ge¬
wesen sein: eines besondern Rufes unter ihnen genossen die Panzerschmiede.
Die Schwerter, die auf der Insel Euböa gefertigt wurden, waren gesuchte Ar¬
tikel, gleicherweise die Schilde und Helme vöotischer, die Wurfspieße ätolischer.
die Schleudern akarnanischer. die Bogen kretischer^ Werkmeister. Daß Gold-
und Silberschmiede, sowie Juweliere im Alterthum womöglich noch mehr in
Anspruch genommen wurden als in der modernen Welt, da eine viel größre
Quantität edeln Metalles theils für die Heiligthümer der Götter, theils zum
Privatgebrauch Einzelner verarbeitet werden mochte, ist sehr wahrscheinlich;
welche Bedeutung die Genossen dieses löblichen Handwerks in Ephesus erlangt
hatten, ist allbekannt.

Als Wagner und Stellmacher werden uns Böotier und Sicilier genannt:
man unterschied den sicilischen Maulthierwagen von dem einfachen thebanischen.
Für Ledcrzubereitung hat Attika classischen Ruf erlangt. Einen thessalischen
Hut trägt die Sophokleische Jsmene, und der Scholiast bemerkt zu dieser Stelle,
daß derartige Kopfbedeckungen in jenem Lande von vorzüglicher Güte gefertigt
worden seien.

Wir könnten noch vieles Treffliche anführen, wovon wir durch meist zu¬
fällige Notizen alter Schriftsteller Kunde erhalten haben. Wir könnten von


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Garniern nicht zu mißachtende Concurrenten: die Basa Sanna empfahlen sich
ebenfalls durch schöne Form und reiches Bildwerk. Auch Korinth, wo der
Sikyonier Dibutades die Töpferscheibe erfunden haben soll, die gewerbfleißige
Insel Regina, Sikyon, Knidos und mehrere sicilische und unteritalische Städte
lieferten vortreffliche Erzeugnisse der Thonbildnerei. Selbst Lakonien blieb
hierin nicht zurück. Berühmt waren die Becher, die man dorther bezog, wie
denn überhaupt die Penöken, in deren Familien gewisse Handwerke erblich
gewesen zu sein scheinen, obschon auch hier schwerlich an Zünftigkeit zu denken
ist, durch betriebsame Gewerbsthätigkeit sich auszeichneten: Wagen. Waffen,
Schuhzeug, Mantel und andre lakonische Fabncate waren auch im Auslande
wegen ihrer Güte beliebt. Ebenso thaten sich in den höhern Künsten der
Toreutik und Erzgießerei manche unter ihnen so hervor, daß die Kunstgeschichte
ihre Namen erhalten hat; denn daß Chartas, Syadras, Dontas und andre
Holzschneider oder Erzbildner nicht Spartiaten gewesen sein können, wie sogar
alte Schriftsteller gemeint haben, versteht sich von selbst.

Muttersiadt der Metallarbeiten war Sikyon. Aber auch die Korinther lieferten
vortreffliche Gefäße aus dem nach ihrer Stadt benannten Erze, zu dem die Materia¬
lien in den benachbarten Bezirken von Argolis zu Tage gefördert wurden. Nicht
minder berühmt durch die Fertigung eherner Geräthschaften war Delos. Leuch¬
ter, Spangen und andre Metallwaare erhielt man aus Aegina, Kessel und
Schilde von den Argivern. Die Waffenschmiede Athens, zu denen auch De-
mosthenes wenigstens als Fabrikherr zu zählen ist, mögen kundige Meister ge¬
wesen sein: eines besondern Rufes unter ihnen genossen die Panzerschmiede.
Die Schwerter, die auf der Insel Euböa gefertigt wurden, waren gesuchte Ar¬
tikel, gleicherweise die Schilde und Helme vöotischer, die Wurfspieße ätolischer.
die Schleudern akarnanischer. die Bogen kretischer^ Werkmeister. Daß Gold-
und Silberschmiede, sowie Juweliere im Alterthum womöglich noch mehr in
Anspruch genommen wurden als in der modernen Welt, da eine viel größre
Quantität edeln Metalles theils für die Heiligthümer der Götter, theils zum
Privatgebrauch Einzelner verarbeitet werden mochte, ist sehr wahrscheinlich;
welche Bedeutung die Genossen dieses löblichen Handwerks in Ephesus erlangt
hatten, ist allbekannt.

Als Wagner und Stellmacher werden uns Böotier und Sicilier genannt:
man unterschied den sicilischen Maulthierwagen von dem einfachen thebanischen.
Für Ledcrzubereitung hat Attika classischen Ruf erlangt. Einen thessalischen
Hut trägt die Sophokleische Jsmene, und der Scholiast bemerkt zu dieser Stelle,
daß derartige Kopfbedeckungen in jenem Lande von vorzüglicher Güte gefertigt
worden seien.

Wir könnten noch vieles Treffliche anführen, wovon wir durch meist zu¬
fällige Notizen alter Schriftsteller Kunde erhalten haben. Wir könnten von


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[0111] Garniern nicht zu mißachtende Concurrenten: die Basa Sanna empfahlen sich ebenfalls durch schöne Form und reiches Bildwerk. Auch Korinth, wo der Sikyonier Dibutades die Töpferscheibe erfunden haben soll, die gewerbfleißige Insel Regina, Sikyon, Knidos und mehrere sicilische und unteritalische Städte lieferten vortreffliche Erzeugnisse der Thonbildnerei. Selbst Lakonien blieb hierin nicht zurück. Berühmt waren die Becher, die man dorther bezog, wie denn überhaupt die Penöken, in deren Familien gewisse Handwerke erblich gewesen zu sein scheinen, obschon auch hier schwerlich an Zünftigkeit zu denken ist, durch betriebsame Gewerbsthätigkeit sich auszeichneten: Wagen. Waffen, Schuhzeug, Mantel und andre lakonische Fabncate waren auch im Auslande wegen ihrer Güte beliebt. Ebenso thaten sich in den höhern Künsten der Toreutik und Erzgießerei manche unter ihnen so hervor, daß die Kunstgeschichte ihre Namen erhalten hat; denn daß Chartas, Syadras, Dontas und andre Holzschneider oder Erzbildner nicht Spartiaten gewesen sein können, wie sogar alte Schriftsteller gemeint haben, versteht sich von selbst. Muttersiadt der Metallarbeiten war Sikyon. Aber auch die Korinther lieferten vortreffliche Gefäße aus dem nach ihrer Stadt benannten Erze, zu dem die Materia¬ lien in den benachbarten Bezirken von Argolis zu Tage gefördert wurden. Nicht minder berühmt durch die Fertigung eherner Geräthschaften war Delos. Leuch¬ ter, Spangen und andre Metallwaare erhielt man aus Aegina, Kessel und Schilde von den Argivern. Die Waffenschmiede Athens, zu denen auch De- mosthenes wenigstens als Fabrikherr zu zählen ist, mögen kundige Meister ge¬ wesen sein: eines besondern Rufes unter ihnen genossen die Panzerschmiede. Die Schwerter, die auf der Insel Euböa gefertigt wurden, waren gesuchte Ar¬ tikel, gleicherweise die Schilde und Helme vöotischer, die Wurfspieße ätolischer. die Schleudern akarnanischer. die Bogen kretischer^ Werkmeister. Daß Gold- und Silberschmiede, sowie Juweliere im Alterthum womöglich noch mehr in Anspruch genommen wurden als in der modernen Welt, da eine viel größre Quantität edeln Metalles theils für die Heiligthümer der Götter, theils zum Privatgebrauch Einzelner verarbeitet werden mochte, ist sehr wahrscheinlich; welche Bedeutung die Genossen dieses löblichen Handwerks in Ephesus erlangt hatten, ist allbekannt. Als Wagner und Stellmacher werden uns Böotier und Sicilier genannt: man unterschied den sicilischen Maulthierwagen von dem einfachen thebanischen. Für Ledcrzubereitung hat Attika classischen Ruf erlangt. Einen thessalischen Hut trägt die Sophokleische Jsmene, und der Scholiast bemerkt zu dieser Stelle, daß derartige Kopfbedeckungen in jenem Lande von vorzüglicher Güte gefertigt worden seien. Wir könnten noch vieles Treffliche anführen, wovon wir durch meist zu¬ fällige Notizen alter Schriftsteller Kunde erhalten haben. Wir könnten von 13*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/111>, abgerufen am 15.01.2025.