Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.für eine Jncarnation Gottes aus. Einer seiner Anhänger, der Turkvmanc Ed De- Die Drüsen glauben ferner an eine Seelenwanderung, doch erscheinen Wie der Islam sieben Gebote hat: den Glauben an Einen Gott und Grenzboten III, 18L0. 10
für eine Jncarnation Gottes aus. Einer seiner Anhänger, der Turkvmanc Ed De- Die Drüsen glauben ferner an eine Seelenwanderung, doch erscheinen Wie der Islam sieben Gebote hat: den Glauben an Einen Gott und Grenzboten III, 18L0. 10
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für eine Jncarnation Gottes aus. Einer seiner Anhänger, der Turkvmanc Ed De-
rasi, der den neuen Gott zu laut gepredigt, mußte vor dem Unwillen der
Kairener fliehen und begab sich nach dem Libanon, um dort das Volk des Ge¬
birges für Hakims Lehre zu werben. Es gelang ihm, eine Schaar von Gläu¬
bigen um sich zu versammeln, die sich nach ihm Ed Derusi nannten, und
deren Gemeinden sich bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Die Grund¬
züge ihrer Religion, deren Cultus ein Geheimdienst ist, sind folgende. Es ist nur
ein Gott. Derselbe ist unbegreiflich. Indeß hat er sich den Menschen wieder¬
holt offenbart, zuletzt in der Gestalt Hakims. Dieser wird einst wiederkommen und
dem wahren Glauben zum Sieg verhelfen. Zur wahren Erkenntniß Gottes
gehören fünf Mittler: der allgemeine Verstand, der zur Zeit Hakims sich in der
Person eines gewissen Hansa, des Verfassers ihrer Glaubensschriften, verkörperte,
die allgemeine Seele, das Wort, der Vorgänger und der Nachfolger. Mittler
niederen Ranges sind die Deus oder Missionäre. Einen eigentlichen Priesterstand
kennen die Drusen nicht. Doch gibt es eine gewisse geistliche Aristokratie
unter ihnen, indem sie sich in Eingeweihte (Alat) und Profane (Dschahel) thei¬
len. Nur den ersten ist es erlaubt, die religiösen Bücher der Sekte zu lesen
und sich des Donnerstags in den Kapellen derselben zum Gottesdienst einzu-
finden. Die Zahl der Eingeweihten, zu denen auch Frauen gehören, und die
sich vor den Uebngen durch einen weißen Turban auszeichnen, soll gegen
zehntausend, die der Nichteingeweihten, welche mit Verrichtung religiöser Ge¬
bräuche nichts zu thun und überhaupt nur die Pflicht unbedingten Gehor¬
sams gegen die Alat haben, etwa zwölf mal so viel betragen.
Die Drüsen glauben ferner an eine Seelenwanderung, doch erscheinen
die Verstorbenen nur in Menschenleibern wieder. So ging z. B. die Seele
jenes Hansa durch eine ziemliche Anzahl von Körpern geschichtlich bekannter Per¬
sonen. Zur Zeit Adams verkörperte er sich in einem gewissen Schatnil, zur Zeit
Noahs in Pythagoras, zu Abrahams Zeit in Melek Daub (König David),
zur Zeit Mosis in der Person des Priesters Jethro, zu Jesu Zeit in La-
zarus von Bethanien, zur Zeit Mohammeds in der Gestalt Salomos des
Persers. Jesus und Mohammed sind falsche Propheten gewesen. Der, wel¬
cher von den Todten auferstand und durch verschlossene Thüren zu den Jüngern
eintrat, war der eigentliche lebendige und unsterbliche Messias.
Wie der Islam sieben Gebote hat: den Glauben an Einen Gott und
die Sendung Mohammeds als Propheten, Gebet, Zehnten, Wallfahrt nach
Mekka, Krieg gegen die Ungläubige» und Unterwerfung unter die rechtmäßige
Gewalt, so hat auch die Religion der Drusen sieben Gebote: Wahrhaftigkeit,
gegenseitige Unterstützung, Verleugnung jeder andern Religion, Enthaltung vom
Umgang mit Dämonen und Andersgläubigen, Glaube an die ewige Einheit
Gottes oder Hakims, Zufriedenheit mit allen Werken Gottes und Ergebung
Grenzboten III, 18L0. 10
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