Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.Hervorbrechen nur der richtigen Loosung bedürfte, und daß eben durch den Hervorbrechen nur der richtigen Loosung bedürfte, und daß eben durch den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0059" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/109865"/> <p xml:id="ID_126" prev="#ID_125" next="#ID_127"> Hervorbrechen nur der richtigen Loosung bedürfte, und daß eben durch den<lb/> Verein diese Loosung gefunden und ausgesprochen worden war. Nicht durch<lb/> dogmatische Erörterungen der Lehrunterschiede, oder theoretische Auseinander¬<lb/> setzungen der hiernach zu regelnden Gemeinschaftsbeziehnngen, auch wenn man<lb/> mit den besten Vorsätzen oder Wünschen, ein friedliches Resultat zu gewinnen,<lb/> daran ging; nicht durch Reden und Demonstriren, sondern allein auf dem Ge¬<lb/> biete einer praktischen, jedem gesunden Sinn als nothwendig sich erweisenden,<lb/> gemeinsamen Thätigkeit war die klare Ueberzeugung von dem in sich einigen<lb/> Wesen der evangelischen Gesinnung zu gewinnen, und der Verein war es, der<lb/> dieses Gebiet zur unmittelbarsten und sichersten Verständigung eröffnete. Es<lb/> war nicht Gleichgültigkeit gegen die Bedeutung geschichtlich erwachsener und<lb/> innerlich berechtigter Verschiedenheiten, oder Mangel an wissenschaftlichem In¬<lb/> teresse an der weiteren Entwickelung dieser Verschiedenheiten, oder Verzweiflung<lb/> an der Möglichkeit einer befriedigenden Vermittlung der Gegensatze in Lehre<lb/> und Verfassung, welche sich hier gleichsam die Hand reichten zu einem schwäch¬<lb/> lichen oder äußerlichen Frieden; es war vielmehr die aus dem Gegentheil von<lb/> diesem Alten entsprungene, glückliche Ahnung, daß die Reinigung, Einigung<lb/> und Stärkung der evangelischen Gesinnung durch eine gemeinsame Bethätigung<lb/> der aus dem Glauben fließenden Liebe, durch ein brüderliches, kräftiges Zu¬<lb/> sammenwirken vorerst zur Erhaltung der ganzen evangelischen Kirche, auch<lb/> nachher den wissenschaftlichen Bestrebungen zum Gewinn gereichen werde. Aber<lb/> auch was in der statutenmäßigen Formulirung des Umfangs und Zweckes des<lb/> Vereins nicht ausgesprochen, wol aber auch von Anfang an factisch anerkannt<lb/> war. daß nämlich die verschiedenen theologischen und kirchlichen Richtungen,<lb/> welche bekanntlich eben so tiefe, wenn nicht noch tiefere Entzweiungen und<lb/> Mißverständnisse bewirkt hatten als die confessionellen Unterschiede, auf dem<lb/> Gebiete des Vereins freien Raum haben sollten, sofern sie nur den Zweck<lb/> desselben redlich wollten, erwies sich als eine gesunde, das Gedeihen des Ver¬<lb/> eins fördernde Lebensäußerung der evangelischen Gesinnung, sofern wiederum<lb/> hier auf dem Gebiete praktischer Bewährung des evangelischen Sinnes Männer,<lb/> die vorher vergeblich einander zu verstehen gesucht hatten, oder wol noch öfter<lb/> gar nicht versucht hatten, einander zu verstehen und gerecht zu werden lernten<lb/> und eben dadurch das Wachsthum des Vereins an Ausdehnung, Festigkeit und<lb/> Lebendigkeit wohl und sicher gegründet war. Wenn aber, was freilich auch<lb/> nicht fehlen konnte, allerdings auch wol Solche, namentlich in den ersten Zeiten<lb/> der Erregung dem Vereine zuströmten, welche in der That theils von allem<lb/> confessionellen Wesen geringschätzig dachten, theils nur ihre Freude an alle»,<lb/> hatten, wodurch ihnen die erwünschte Aufhebung alles Positiven herbei geführt<lb/> werden zu müssen schien, und welche außerdem durch ihren Beitritt die treff¬<lb/> lichste Gelegenheit zu erlangen hofften, Reden zu halten: nun so bewährte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0059]
Hervorbrechen nur der richtigen Loosung bedürfte, und daß eben durch den
Verein diese Loosung gefunden und ausgesprochen worden war. Nicht durch
dogmatische Erörterungen der Lehrunterschiede, oder theoretische Auseinander¬
setzungen der hiernach zu regelnden Gemeinschaftsbeziehnngen, auch wenn man
mit den besten Vorsätzen oder Wünschen, ein friedliches Resultat zu gewinnen,
daran ging; nicht durch Reden und Demonstriren, sondern allein auf dem Ge¬
biete einer praktischen, jedem gesunden Sinn als nothwendig sich erweisenden,
gemeinsamen Thätigkeit war die klare Ueberzeugung von dem in sich einigen
Wesen der evangelischen Gesinnung zu gewinnen, und der Verein war es, der
dieses Gebiet zur unmittelbarsten und sichersten Verständigung eröffnete. Es
war nicht Gleichgültigkeit gegen die Bedeutung geschichtlich erwachsener und
innerlich berechtigter Verschiedenheiten, oder Mangel an wissenschaftlichem In¬
teresse an der weiteren Entwickelung dieser Verschiedenheiten, oder Verzweiflung
an der Möglichkeit einer befriedigenden Vermittlung der Gegensatze in Lehre
und Verfassung, welche sich hier gleichsam die Hand reichten zu einem schwäch¬
lichen oder äußerlichen Frieden; es war vielmehr die aus dem Gegentheil von
diesem Alten entsprungene, glückliche Ahnung, daß die Reinigung, Einigung
und Stärkung der evangelischen Gesinnung durch eine gemeinsame Bethätigung
der aus dem Glauben fließenden Liebe, durch ein brüderliches, kräftiges Zu¬
sammenwirken vorerst zur Erhaltung der ganzen evangelischen Kirche, auch
nachher den wissenschaftlichen Bestrebungen zum Gewinn gereichen werde. Aber
auch was in der statutenmäßigen Formulirung des Umfangs und Zweckes des
Vereins nicht ausgesprochen, wol aber auch von Anfang an factisch anerkannt
war. daß nämlich die verschiedenen theologischen und kirchlichen Richtungen,
welche bekanntlich eben so tiefe, wenn nicht noch tiefere Entzweiungen und
Mißverständnisse bewirkt hatten als die confessionellen Unterschiede, auf dem
Gebiete des Vereins freien Raum haben sollten, sofern sie nur den Zweck
desselben redlich wollten, erwies sich als eine gesunde, das Gedeihen des Ver¬
eins fördernde Lebensäußerung der evangelischen Gesinnung, sofern wiederum
hier auf dem Gebiete praktischer Bewährung des evangelischen Sinnes Männer,
die vorher vergeblich einander zu verstehen gesucht hatten, oder wol noch öfter
gar nicht versucht hatten, einander zu verstehen und gerecht zu werden lernten
und eben dadurch das Wachsthum des Vereins an Ausdehnung, Festigkeit und
Lebendigkeit wohl und sicher gegründet war. Wenn aber, was freilich auch
nicht fehlen konnte, allerdings auch wol Solche, namentlich in den ersten Zeiten
der Erregung dem Vereine zuströmten, welche in der That theils von allem
confessionellen Wesen geringschätzig dachten, theils nur ihre Freude an alle»,
hatten, wodurch ihnen die erwünschte Aufhebung alles Positiven herbei geführt
werden zu müssen schien, und welche außerdem durch ihren Beitritt die treff¬
lichste Gelegenheit zu erlangen hofften, Reden zu halten: nun so bewährte
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