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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Zeugung befestigt, dnß wir nicht ruhen dürfen, bis dem Recht Genüge ge¬
schehn, bis die Verbindung und Selbständigkeit wieder hergestellt und durch
feste Formen gesichert ist. Hohe Versammlung, wir vertrauen auf Sie, daß Sie
ohne Scheu den Kampf wieder aufnehmen werden. Vertrauen Sie auf uns."

Die andere Adresse, Schleswig den 8. Februar datirt, lautete folgen¬
dermaßen -.

"An die hohe Ständeversammlung des Herzogthums Schleswig.
"Das Land spricht überall und wendet sich an Sie, hohe Stände, denen
allein noch das Recht zusteht, vereint die Klagen wie die Bitten desselben vor
dem Thron unsres Landesherrn zu erheben. Da darf der Schleswiger nicht
zurückstehn, wenn er auch Jahre lang geschwiegen. Erheben Sie mannhaft
die Stimme für das mehrfach verletzte Recht, protestiren Sie gegen den faktisch
bestehenden Reichsrath und seine Beschlüsse, seitdem derselbe für Holstein und
Lauenburg aufgelöst ist. Zeigen Sie Sr. Majestät dem König, unserm Lan¬
desherrn, daß nur auf Grundlage der uralten Verbindung beider Herzogthü-
mer, die keine Gewalt aufheben kann, ein staatlicher Verband möglich ist,
der für alle unter Allcrhöchstscinem Scepter stehenden Länder Befriedigung,
Ordnung und Einigkeit gewährt. Die Selbständigkeit und Gleichberechtigung,
mithin die Unabhängigkeit von allen directen und indirecten dänischen Ein-
flüssen, ist vertragsmäßig 1851 und 1352 dem Lande zugesichert. Die Grund¬
lage, auf weicher die neue Ordnung 1852 erbaut werden sollte, hat sich als
unhaltbar, unausführbar erwiesen.

Es gilt jetzt frei und offen zu reden; noch, kann geholfen werden, wenn
man gerecht und billig sein will, das ist mein Glaube. Möge das herr¬
schende Regiment nicht neue blutige Tage über unser armes Land herbeifüh¬
ren! Schützen Sie es, hohe Stände, durch Ihr Wort an den Stufen des
Thrones."

Die Dänen in der Stnndeversammlung waren über diese Kundgebungen
außer sich vor Wuth und Grimm. Sie stellten, 13 Mann hoch, den Antrag,
die Adressen als solche zu brandmarken, welche die tiefste Indignation der
Versammlung erregt, sie augenblicklich vom Tische im Standesa.it zu entfer¬
nen und der betreffenden Behörde zuzustellen. Ihr Wortführer, der Hofbe¬
sitzer Krüger von Beftost, schäumte bei der Motivirung des Antrags förmlich
vor Gift und schmutzigem Geifer. Er gedachte im Hinblick auf den
Widerstand, den die Erledigung der Frage gefunden, ob die Adressen vom
Asche der Versammlung entfernt werden sollten, eines wenig anmuthigen.
aber echt dänischen Sprichwortes, zu dem man die Schleswig-Holsteinischen
Briefe Bd. II., S. 153, vergleichen möge. Er sagte (falva von!"!): "Krätze
ist leichter zu bekommen, als wieder los zu werden; es ist leichter, Sachen
dieser Art auf den Tisch der Versammlung zu bringen, als sie wieder fortzu-


Zeugung befestigt, dnß wir nicht ruhen dürfen, bis dem Recht Genüge ge¬
schehn, bis die Verbindung und Selbständigkeit wieder hergestellt und durch
feste Formen gesichert ist. Hohe Versammlung, wir vertrauen auf Sie, daß Sie
ohne Scheu den Kampf wieder aufnehmen werden. Vertrauen Sie auf uns."

Die andere Adresse, Schleswig den 8. Februar datirt, lautete folgen¬
dermaßen -.

„An die hohe Ständeversammlung des Herzogthums Schleswig.
„Das Land spricht überall und wendet sich an Sie, hohe Stände, denen
allein noch das Recht zusteht, vereint die Klagen wie die Bitten desselben vor
dem Thron unsres Landesherrn zu erheben. Da darf der Schleswiger nicht
zurückstehn, wenn er auch Jahre lang geschwiegen. Erheben Sie mannhaft
die Stimme für das mehrfach verletzte Recht, protestiren Sie gegen den faktisch
bestehenden Reichsrath und seine Beschlüsse, seitdem derselbe für Holstein und
Lauenburg aufgelöst ist. Zeigen Sie Sr. Majestät dem König, unserm Lan¬
desherrn, daß nur auf Grundlage der uralten Verbindung beider Herzogthü-
mer, die keine Gewalt aufheben kann, ein staatlicher Verband möglich ist,
der für alle unter Allcrhöchstscinem Scepter stehenden Länder Befriedigung,
Ordnung und Einigkeit gewährt. Die Selbständigkeit und Gleichberechtigung,
mithin die Unabhängigkeit von allen directen und indirecten dänischen Ein-
flüssen, ist vertragsmäßig 1851 und 1352 dem Lande zugesichert. Die Grund¬
lage, auf weicher die neue Ordnung 1852 erbaut werden sollte, hat sich als
unhaltbar, unausführbar erwiesen.

Es gilt jetzt frei und offen zu reden; noch, kann geholfen werden, wenn
man gerecht und billig sein will, das ist mein Glaube. Möge das herr¬
schende Regiment nicht neue blutige Tage über unser armes Land herbeifüh¬
ren! Schützen Sie es, hohe Stände, durch Ihr Wort an den Stufen des
Thrones."

Die Dänen in der Stnndeversammlung waren über diese Kundgebungen
außer sich vor Wuth und Grimm. Sie stellten, 13 Mann hoch, den Antrag,
die Adressen als solche zu brandmarken, welche die tiefste Indignation der
Versammlung erregt, sie augenblicklich vom Tische im Standesa.it zu entfer¬
nen und der betreffenden Behörde zuzustellen. Ihr Wortführer, der Hofbe¬
sitzer Krüger von Beftost, schäumte bei der Motivirung des Antrags förmlich
vor Gift und schmutzigem Geifer. Er gedachte im Hinblick auf den
Widerstand, den die Erledigung der Frage gefunden, ob die Adressen vom
Asche der Versammlung entfernt werden sollten, eines wenig anmuthigen.
aber echt dänischen Sprichwortes, zu dem man die Schleswig-Holsteinischen
Briefe Bd. II., S. 153, vergleichen möge. Er sagte (falva von!»!): „Krätze
ist leichter zu bekommen, als wieder los zu werden; es ist leichter, Sachen
dieser Art auf den Tisch der Versammlung zu bringen, als sie wieder fortzu-


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[0499] Zeugung befestigt, dnß wir nicht ruhen dürfen, bis dem Recht Genüge ge¬ schehn, bis die Verbindung und Selbständigkeit wieder hergestellt und durch feste Formen gesichert ist. Hohe Versammlung, wir vertrauen auf Sie, daß Sie ohne Scheu den Kampf wieder aufnehmen werden. Vertrauen Sie auf uns." Die andere Adresse, Schleswig den 8. Februar datirt, lautete folgen¬ dermaßen -. „An die hohe Ständeversammlung des Herzogthums Schleswig. „Das Land spricht überall und wendet sich an Sie, hohe Stände, denen allein noch das Recht zusteht, vereint die Klagen wie die Bitten desselben vor dem Thron unsres Landesherrn zu erheben. Da darf der Schleswiger nicht zurückstehn, wenn er auch Jahre lang geschwiegen. Erheben Sie mannhaft die Stimme für das mehrfach verletzte Recht, protestiren Sie gegen den faktisch bestehenden Reichsrath und seine Beschlüsse, seitdem derselbe für Holstein und Lauenburg aufgelöst ist. Zeigen Sie Sr. Majestät dem König, unserm Lan¬ desherrn, daß nur auf Grundlage der uralten Verbindung beider Herzogthü- mer, die keine Gewalt aufheben kann, ein staatlicher Verband möglich ist, der für alle unter Allcrhöchstscinem Scepter stehenden Länder Befriedigung, Ordnung und Einigkeit gewährt. Die Selbständigkeit und Gleichberechtigung, mithin die Unabhängigkeit von allen directen und indirecten dänischen Ein- flüssen, ist vertragsmäßig 1851 und 1352 dem Lande zugesichert. Die Grund¬ lage, auf weicher die neue Ordnung 1852 erbaut werden sollte, hat sich als unhaltbar, unausführbar erwiesen. Es gilt jetzt frei und offen zu reden; noch, kann geholfen werden, wenn man gerecht und billig sein will, das ist mein Glaube. Möge das herr¬ schende Regiment nicht neue blutige Tage über unser armes Land herbeifüh¬ ren! Schützen Sie es, hohe Stände, durch Ihr Wort an den Stufen des Thrones." Die Dänen in der Stnndeversammlung waren über diese Kundgebungen außer sich vor Wuth und Grimm. Sie stellten, 13 Mann hoch, den Antrag, die Adressen als solche zu brandmarken, welche die tiefste Indignation der Versammlung erregt, sie augenblicklich vom Tische im Standesa.it zu entfer¬ nen und der betreffenden Behörde zuzustellen. Ihr Wortführer, der Hofbe¬ sitzer Krüger von Beftost, schäumte bei der Motivirung des Antrags förmlich vor Gift und schmutzigem Geifer. Er gedachte im Hinblick auf den Widerstand, den die Erledigung der Frage gefunden, ob die Adressen vom Asche der Versammlung entfernt werden sollten, eines wenig anmuthigen. aber echt dänischen Sprichwortes, zu dem man die Schleswig-Holsteinischen Briefe Bd. II., S. 153, vergleichen möge. Er sagte (falva von!»!): „Krätze ist leichter zu bekommen, als wieder los zu werden; es ist leichter, Sachen dieser Art auf den Tisch der Versammlung zu bringen, als sie wieder fortzu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/499>, abgerufen am 25.07.2024.